Behördenverlagerung:So teuer werden die Beamten-Umzüge

Behördenverlagerung: 2225 von 200 000 Beamten des Freistaats sollen innerhalb der kommenden zehn Jahre in Bayern umziehen.

2225 von 200 000 Beamten des Freistaats sollen innerhalb der kommenden zehn Jahre in Bayern umziehen.

(Foto: Imago)
  • 2225 Beamten und öffentlich Beschäftigte sollen im Zuge der geplanten Behördenverlagerungen in den kommenden zehn Jahren ihren beruflichen Standort wechseln.
  • Für die Umzüge muss Finanzminister Markus Söder finanziell nachlegen.
  • Der Vorsitzende des Bayerischen Beamtenbundes begrüßt Söders Pläne, die Grünen fordern eine "Notbremse".

Von Wolfgang Wittl

Wer in Bayern Wahlen gewinnen will, der muss nicht A sagen, sondern B. Das jedenfalls wird ein Mann nicht müde zu betonen, der sich gute Chancen ausrechnet, bei der kommenden Landtagswahl für die CSU als Ministerpräsidentenkandidat ins Rennen zu gehen. Auf "die drei B" komme es an, sagt Markus Söder immer wieder: "Bauern, Bürgermeister, Beamte." Die Klientel will gepflegt, jede Veränderung daher besonders sensibel angegangen werden. Die Behördenverlagerung ist dafür ein gutes Beispiel.

Mehr als 200 000 Beamte beschäftigt der Freistaat. Im Vergleich dazu nehmen sich die 2225 Beamten und öffentlich Beschäftigten, die in den kommenden zehn Jahren ihren beruflichen Standort wechseln sollen, gering aus. Und doch ist das Thema heikel. Die Wellen schlugen hoch, als Finanz- und Heimatminister Söder vor zehn Monaten die Verlagerung von 50 Behörden und staatlichen Einrichtungen verkündete. Betroffene Mitarbeiter schimpften, strukturschwache Regionen sollten offenbar auf ihre Kosten gefördert werden. Zudem sollen 930 Studenten für ihre Ausbildung aus Ballungsräumen in die Peripherie umziehen, gab Söder bekannt.

Das Ministerium kommt den Beamten stärker entgegen

Am Dienstag wollte der Minister den aktuellen Sachstand zur Behördenverlagerung im Kabinett vorstellen, doch das Thema wurde kurzfristig von der Tagesordnung gestrichen. Vorrang hatten das Gutachten über eine mögliche bayerische Verfassungsklage gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung sowie die Vorfälle in Köln.

Die Behördenverlagerung soll nun in zwei Wochen angemessen präsentiert werden, doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass das Finanzministerium den Beamten nach Gesprächen mit Verbänden und Personalvertretern stärker entgegenkommen wird als vorgesehen. Das geht aus internen Papieren hervor, die Söder im Kabinett vorstellen will und die der SZ vorliegen.

Millionen sind bereits im Nachtragshaushalt

Bereits im Nachtragshaushalt hat Söder 200 zusätzliche befristete Stellen angekündigt, um sogenannte Doppelstrukturen einzuführen. Mit ihnen soll die Übergangszeit während der Verlagerung sozialverträglicher abgefedert werdet. Ein guter Anfang sei das, sagt Rolf Habermann, der Vorsitzende des Bayerischen Beamtenbundes, "aber 200 Stellen werden sicher nicht reichen". 3,5 Millionen Euro werden für die 200 Stellen anfallen - zusätzlich zu den 22 Millionen Euro, die sich der Freistaat allein dieses Jahr "erste Umsetzungsschritte" kosten lässt. Dazu kommen 200 000 Euro für eine Mobilitätsprämie - einmalig abrufbar in Höhe von jeweils 3000 Euro brutto.

Ein zunächst geplanter Beförderungsvorrang für Versetzungswillige soll zwar wegfallen, dafür sollen Staatsdiener mit außertariflichen Leistungen in neue, möglichst barrierefreie Büros gelockt werden. Zudem sollen Beamte nicht zwölf, sondern nur neun Monate abgeordnet werden. Die Ballungsraumprämie für München soll einstweilen erhalten bleiben, auch wenn der Mitarbeiter bereits gewechselt ist.

Die Beamten lassen sich ihre Umzüge etwas kosten

Auch bei unentgeltlichen Leistungen zeigt sich der Staat kulant, sei es beim Ausgleich von Reisezeiten oder bei der Suche nach Schul- und Kindergartenplätzen sowie Wohnungen. Wer sich gedanklich mit einem Wechsel in die Privatwirtschaft trägt, darf bei der Vermittlung ebenfalls auf staatliche Unterstützung hoffen.

Im Gegensatz zu früheren Verlagerungen sei die Staatsregierung auf einem guten Weg, findet Beamtenbund-Chef Habermann. Allerdings werde der Prozess noch viel Fingerspitzengefühl erfordern. "Alles steht und fällt mit denen, die nicht gehen können und wollen", sagt Habermann. Er hält eine weitere Einbindung der Personalvertretungen für unerlässlich. Laut Söders Vorlage sind im Ministerium bereits mehr als 60 Stellungnahmen eingegangen. Von "herausragender Bedeutung" für die Beteiligten sei die sozialverträgliche Gestaltung des Verlagerungsprozesses, "insbesondere der Ausschluss von Zwangsversetzungen an die neuen Zielstandorte".

Kein Beamter soll aufs Land gezwungen werden

Auch in der CSU-Fraktion reift inzwischen die Erkenntnis, dass es wohl einen höheren Aufwand erfordert, um die Beamten wie gewünscht freiwillig in ländliche Gebiete zu lotsen. "Das alles kostet jetzt doch etwas mehr", sagt ein Abgeordneter. Auch wenn die Effekte vermutlich überschaubar blieben, handele es sich allerdings um viel mehr als nur um Symbolpolitik.

Claudia Stamm, die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, fordert dagegen, die Staatsregierung müsse "endlich die Notbremse bei der Stellenverlagerung ziehen". Söders Konzept sei an den Mitarbeitern vorbei entworfen worden. Der Finanzminister verstreue Arbeitsplätze kleinteilig über den Freistaat, der Nutzen für die Regionen werde weder mess- noch sichtbar sein. "Heimat ist da, wo die Menschen sind, und nicht da, wo Herr Söder sie gerne hinhätte", kritisiert Stamm.

Söder wies die Kritik bereits zurück: Kein Beamter werde gezwungen, aufs Land zu gehen. Die Grünen zeigten nur ihr Desinteresse an der Stärkung des ländlichen Raums. Die Staatskanzlei ist davon überzeugt, die Verlagerung helfe, gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen in Bayern zu schaffen. Einzig bei der Bündelung der Zentralen Reiseservicestelle im oberpfälzischen Vohenstrauß, die sich um sämtliche Dienstreisen kümmern soll, gab es leichte Einwände von oben. Wegen der "besonderen Anforderungen" sei weiterhin eine eigene Reiseservicestelle in der Staatskanzlei nötig.

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