Ein kleines, blaues Häkchen stellt beim Kurznachrichtendienst Twitter sicher, dass es sich bei dem gut aussehenden Typen um den echten Ryan Gosling handelt. Und nicht um einen, der vorgibt, Ryan Gosling zu sein, um Frauen kennenzulernen. Bei Kulturinstitutionen gibt es solch ein Echtheitszertifikat leider nur vereinzelt. Das mussten die Bayreuther Festspiele jetzt feststellen.
In ihrem Namen nämlich wurde wochenlang getwittert, ohne dass bei den Festspielen jemand davon wusste oder den Fake auch nur bemerkte. Auf dem Twitter-Profil von @BayreuthFest findet man ein hübsches Festspielhaus-Foto und den Hinweis "Twitter-Account der Bayreuther Festspiele", er hat knapp 800 Follower. Darunter ergießt sich ein munterer Austausch der angeblichen Festspiele mit ihren Fans. Es werden Toitoitois verschickt, Begeisterung oder Unmut über Inszenierungen geteilt und auf Medienberichte verwiesen. Was man auf Twitter halt so macht.
Wie der falsche Account betrieben wurde
"Es war fast unheimlich, wie leicht das ging", sagt Juana Zimmermann, die den falschen Account eingerichtet hat. Die 24-Jährige betreibt mit anderen Autoren den Blog "Musik - mit allem und viel scharf", der den Anspruch erhebt, lustig und modern über Kultur zu berichten. Als Zimmermann feststellte, dass die Festspiele tatsächlich noch keinen Twitter-Account besitzen, entschied sie mit Kollegen, das zu übernehmen. Von Richard Wagner habe sie keine Ahnung, in Bayreuth war sie noch nie, alles, was sie twitterte, weiß sie von Google. Als ein Wagner-Fan fragte, ob für die aktuelle Vorstellung eine Pause geplant sei, rief Zimmermann einfach bei der Pressestelle an, fragte nach und twitterte die Antwort.
"Wir glauben, dass Interaktion zwischen Kulturinstitutionen und ihren Fans sehr wichtig ist", sagt Zimmermann. Sie verstehe nicht, wie ein renommiertes Haus wie Bayreuth das nicht längst begriffen habe. Als ein misstrauischer Twitternutzer per Facebook dann doch bei den Festspielen nachfragte, wer deren Account betreue, flog die Sache auf.
Wie von Seiten der Festspiele reagiert wurde
In ihrer Antwort schrieben sie ihm, dass der "Missbrauch bei Twitter angezeigt" und der "Anwalt eingeschaltet" sei. Der Pressesprecher der Festspiele war am Mittwoch nicht zu erreichen. Angst haben die Autoren von @BayreuthFest nicht, sie begreifen ihre Aktion als geglückte Satire.
Diese Maskerade zeigt nun zwei Dinge: einerseits den teilweise unkritischen, reflexhaften Umgang mit Nachrichtendiensten wie Twitter. Nicht zuletzt sind dem Fake-Account auch große Medienhäuser wie die Süddeutschen Zeitung oder der BR aufgesessen, die arglos Tweets von @BayreuthFest teilten. Zum anderen ist dieses Skandälchen auch ein Hinweis an die Bayreuther Festspiele, sich doch einmal mit den "neuen Medien" zu befassen und das Publikum zu bedienen, das ganz offensichtlich auf Twitter Austausch und Ansprache sucht.
Schließlich gehört es auch zu den Aufgaben einer weltberühmten Kulturinstitution, sich mit der Lebensrealität künftiger Besuchergenerationen zu beschäftigen. Die Bloggerin Juana Zimmermann hat den Bayreuther Festspielen jedenfalls angeboten, den Account zu übernehmen und weiterzuführen. Bisher hat sie keine Antwort bekommen.