Angela Merkel ist schon in einer Art psychedelisch bedrucktem Kimono gekommen, im Jahr 2002 war das. Sie trug lachsfarbene Zweiteiler, robotergleiches Grau, knallpinke Oberteile und zwischendurch mal eine Federboa. Angela Merkel gehört gewissermaßen zum Inventar, wenn es um die Eröffnung der Bayreuther Festspiele geht. Mal kam sie im Krisenkleid, mal im Abendkleid. Nur dieses Jahr, da kommt sie gar nicht.
Merkel hat abgesagt für den 25. Juli, und zwar ohne Begründung, die gibt es nicht einmal auf Nachfrage in ihrem Berliner Büro. Das ist einerseits enttäuschend für alle Freunde der Stilkritik, die sich Jahr für Jahr an Merkels Kleider erfreuen. Andererseits ist es rätselhaft. Grüner Hügel ohne Merkel, das gab es nicht oft, seit es die politische Figur Angela Merkel gibt. Immerhin muss sich Ehemann Joachim Sauer jetzt keine Gedanken machen, wie er möglichst unfall- und vor allem fehlerfrei den Regenschirm halten würde, falls es wieder regnen sollte auf dem roten Teppich, so wie im vergangenen Jahr. Und wer zweifelt in diesem sonderbaren Wetterjahr daran, dass es regnen wird am 25. Juli.
Große Aufregung gab es 2023, weniger wegen des Wolkenbruchs, den die Prominenten und Politiker stoisch hinnahmen. Eher wegen vereinzelter Aufnahmen von Merkel oder auch Markus Söder, wie die Männer die Schirme mehr über ihre eigenen Köpfe hielten als über die ihrer Frauen. Besonders Hubert Aiwanger geriet unter Verdacht, das Gegenteil eines Gentlemans zu sein, bis er sein eigenes Video der Geschehnisse veröffentlichte. Da war zu sehen, was für die restliche Prominenz ebenfalls galt: Die Männer hielten ihre Schirme so, dass auch die Frauen trocken blieben. Fotos, auf denen ein Regenschirm mal verrutscht war, zeigten allerkürzeste Momentaufnahmen.
Am Wetter kann es also nicht liegen, dass die Bundeskanzlerin a.D. schwänzt. Festspiele-Stammgast Merkel habe signalisiert, dass sie im kommenden Jahr gerne wieder die Festspiele besuchen wird, sagte ein Sprecher der Stadt Bayreuth. Müssen sich die anderen Damen, die sich die Eröffnung der Wagner-Festspiele nicht entgehen lassen wollen, eben darauf einstellen, dass bei ihnen dieses Jahr genauer auf die Auswahl der Garderobe geschaut wird. Oder Thomas Gottschalk.