Süddeutsche Zeitung

Bayreuth:Problem Großspende

Tafeln wollen mit Kühlcontainern mehr Lagerkapazität schaffen

Von Alena Specht

Lebensmitteltafeln bieten inzwischen ein ähnlich großes Sortiment wie ein Supermarkt. Außer frischer Ware wie Obst, Käse, Brot und Joghurt wird immer häufiger auch Tiefkühlkost an die Bedürftigen verteilt. Diese Produkte müssen aber während Transport und Lagerung dauerhaft gekühlt werden - für viele Tafeln eine logistische Herausforderung: vor allem, wenn eine große Menge auf einmal geliefert wird. "Aufgrund mangelnder Transport- oder Lagermöglichkeiten müssen wir manchmal Großspenden ablehnen", sagt Peter Zilles, der Vorsitzende der bayerischen Tafeln.

Bietet ein Unternehmen Tiefkühlkost an, komme in der Regel ein ganzer Lastwagen mit 33 Paletten. "Kleine Tafeln können das nicht annehmen", sagt Zilles. Nur zwei Lagerstätten in Pfaffenhofen (Oberbayern) und Gochsheim bei Schweinfurt (Unterfranken) bieten derzeit genügend Platz zur Kühlung solcher Mengen. Dort können die bayerischen Tafeln bislang ihre Ware zum Verteilen abholen. "Für die südlichen Tafeln ist das viel zu weit weg", sagt Zilles. Zudem hätten viele kein Kühlfahrzeug, um die gefrorene Ware über eine längere Strecke zu transportieren.

Der Landesverband der bayerischen Tafeln hat nun ein Konzept erarbeitet, um die Kühlkette besser aufrechterhalten zu können. Mit je einem Tiefkühlcontainer im Norden, Osten, Süden und Westen Bayerns sollen die Kühl- und Lagermöglichkeiten ausgebaut werden. Ein Lastwagen, der auch mehrere Paletten kühlen kann, soll die Ware aus den zwei Zentrallagern zu den neuen Containern bringen, erklärt Zilles. Dort könnten die derzeit fünf großen bayerischen Verteilzentren die Ware abholen und an die kleineren Tafeln im Umkreis weitergeben. Zudem seien die Container multifunktional und damit außer für die Tiefkühlung auch als herkömmliches Kühlhaus oder Trockenwarenlager verwendbar. Ein gebrauchter Container mit entsprechender Isolierung koste zwischen 18 000 und 19 000 Euro, ein neuer rund 28 000 Euro. "Je besser isoliert, desto geringer der Energieverbrauch", sagt Zilles. Für einen Kühl-Lastwagen sei mit rund 100 000 Euro zu rechnen. Bei der Finanzierung setzt der Tafel-Chef auf den Freistaat: "Wir haben dieses Konzept der Politik vorgestellt und hoffen jetzt auf eine Genehmigung der Fördergelder."

Im vergangenen Jahr sind dem Verband zufolge 3200 Paletten Lebensmittel an die bayerischen Tafeln gespendet worden, davon 500 Paletten Tiefkühlware. Von den Großspenden machen diese knapp 20 Prozent aus, sagt Zilles. "Tendenz steigend." Vor allem Pizza, Backwaren, Gemüse oder Pommes würden immer stärker nachgefragt. Weil tiefgekühlte Lebensmittel sehr lange haltbar sind, "kriegen wir davon nicht so viel", sagt Zilles. Nur wenn etwa in Lebensmittelmärkten die Tiefkühlung ausgefallen und die Ware über Nacht aufgetaut ist, werde sie an Tafeln gespendet.

In der Tafel Augsburg steht bereits eine große Tiefkühlzelle für sechs Paletten bereit. "Wir haben genug Platz und können alles unterbringen", sagt Peter Gutjahr, zweiter Vorstand der Augsburger Tafel und Leiter der Logistik. Rund fünf Prozent des kompletten Sortiments machten tiefgekühlte Pizza, Gemüse, Eis und Kuchen aus, sagt er. Kleinere Tafeln aus dem Umland holen ihren Bedarf an Tiefkühlkost an der Hauptstelle in Augsburg ab. Tiefkühlfahrzeuge haben die meisten zwar nicht, aber für die kürzeren Wege würden Styroporboxen vollkommen ausreichen, erklärt Gutjahr. "Wir haben vor Jahren schon erkannt, dass Tiefkühlware immer mehr im Kommen ist und haben das Lager gleich entsprechend ausgestattet." Deshalb musste er noch keine Großspende ablehnen. "Bisher sind wir immer mit unserer Kühlzelle ausgekommen, aber das Angebot steigt", sagt Gutjahr. "Manchmal wird es ein bisschen eng." Deshalb ist auch in der Region Augsburg ein Tiefkühlcontainer geplant.

Weit mehr als 200 000 Bedürftige werden pro Jahr von den 169 Tafeln in Bayern unterstützt. Vor allem immer mehr Ältere holen sich die Lebensmittelspenden. "Altersarmut ist kein neues Thema, aber wenn sich nichts Gravierendes ändert, wird es immer weiter zunehmen", sagt Zilles. Insgesamt sei die Zahl der Menschen, die bei den Tafeln Hilfe suchen, eher "stagnierend bis leicht sinkend." Regional gebe es allerdings sehr große Unterschiede. "Wir haben Tafeln, da nehmen die Kundenzahlen ab, bei anderen nehmen sie zu." Zur Zeit der Flüchtlingswelle hätten manche Regionen sehr starken Zuwachs bekommen. Viele der Flüchtlinge seien aber nicht mehr da oder hätten Arbeit gefunden. Insgesamt stehe Bayern etwas besser da als der Rest Deutschlands. "Bayern geht es relativ gut und das wirkt sich auch auf die Tafeln aus", sagt Zilles.

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Quelle:
SZ vom 14.11.2019
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