Süddeutsche Zeitung

Bayreuth:Oberfrankens Polizei besorgt wegen Bürgerwehren

  • Die Polizei sieht es mit Sorge, dass sich in Franken Bürgerwehren gründen.
  • Oft seien diese Sammelbecken für Neonazis.
  • Für Bürger, die sich engagieren wollten, gäbe es mit der Sicherheitswacht bereits eine Möglichkeit.

Von Katja Auer, Bayreuth

129 Mitglieder hat die "Bayreuther Bürgerwehr zum Schutze unserer Frauen und Kinder", wenn sich diese bislang auch nur im Internet versammeln. Die geschlossene Gruppe im Netzwerk Facebook hat sich nach den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht gebildet und sie ist nicht die einzige. In ganz Deutschland formieren sich Bürgerwehren, teilweise virtuell, teilweise ganz real zum Patrouillieren auf den Straßen.

Die Polizei sieht das mit Sorge, sind viele Bürgerwehren doch Sammelbecken von Menschen mit rechtsradikaler Gesinnung. Der oberfränkische Polizeipräsident Reinhard Kunkel hat nun deutlich formuliert, "dass derartige Gruppierungen im Regierungsbezirk nicht gewünscht und entbehrlich sind".

Was der Gründer der Facebookgruppe sagt

Anlass dafür ist auch die Bayreuther Bürgerwehr, deren Aktivitäten vom Staatsschutz beobachtet werden, wie ein Polizeisprecher sagt. Es gebe Erkenntnisse, dass dort "rechtsmotivierte Mitglieder" mitmischten. Verboten ist es zwar nicht, eine Bürgerwehr zu gründen oder einer solchen beizutreten, die Polizei warnt aber vor unbedachten Entscheidungen - gerade im Internet. "Da drückt man schnell mal drauf", sagt der Sprecher.

Bei der "Bürgerwehr Lichtenfels" haben bislang nur 31 Personen die Facebook-Seite mit einem "Gefällt mir" markiert. Eine Deutschlandflagge mit Frakturschrift dient als Titelbild, die Ziele des Gründers bleiben nebulös. "Nja wir versuchen Leute Hilfe anzubieten wegen den Zuständen die zur Zeit sind. Gegen Gruppierungen die Menschen beklauen oder gar sexuell belästigen", schreibt er wörtlich auf die Nachfrage einer Interessentin. Als die wissen will, wie diese Hilfe konkret aussehen könnte und ob man dafür mit Mistgabeln auf die Straße gehen wolle, fällt die Antwort wieder knapp aus: "Nja wie eine Bürgerwehr."

Polizei warnt vor derartigen Gruppen

Polizeipräsident Kunkel warnt davor, dass sich Parallelstrukturen entwickeln könnten, wenn Bürger ohne staatlichen Auftrag meinten, Recht und Ordnung in die eigene Hand nehmen zu können. "Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum ist ausschließlich Aufgabe der Polizei und der Sicherheitsbehörden", betont er und warnt davor, sich derartigen Gruppierungen anzuschließen.

"Bürgerwehren sind nicht selten mit polizeilich bekannten rechtsmotivierten Mitgliedern durchmischt, deren Ansinnen es ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung infrage zu stellen", sagt Kunkel. "Wir werden deshalb alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um dieser Tendenz mit aller Entschiedenheit, auch bereits im Vorfeld, entgegenzuwirken."

Für Bürger, die sich engagieren wollten, sei die Sicherheitswacht eine Alternative, die es in vielen bayerischen Städten gibt. Deren Mitglieder gehen zu zweit auf Streife, unterstützen die Polizei - und unterliegen deren Weisung.

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SZ vom 22.01.2016/mmo
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