Bayreuth:Ein Blick hinter die Fassade des Markgräflichen Opernhauses

Markgräfliches Opernhaus Bayreuth

Traumkulisse: Das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth wurde 2012 von der Unesco als Weltkulturerbe ausgezeichnet. Anschließend wurde das barocke Gebäude fünf Jahre lang saniert und restauriert.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Ein neuer Sammelband widmet sich dem historischen Theater auf fundierte Art. Es gilt als Monument europäischer Musikkultur des Barock.

Von Olaf Przybilla, Bayreuth

Vielleicht leitet das Reisetagebuch von Johann Michael Füssel tatsächlich am elegantesten zum Wesenskern dieses Hauses. Als der evangelische Pfarrer und Hofmeister 1787 Bayreuth besucht, scheint er angemessen angefasst zu sein von der Würde des Markgräflichen Opernhauses. Dieses Theater, urteilt Füssel, vereinige so ziemlich alles, "was man von Pracht und Bequemlichkeit an einem solchen Gebäude verlangen" könne. Blind für die andere, die weniger glorreiche und unterm Strich eher unpraktische Seite dieser Überwältigungsarchitektur ist Füssel freilich nicht. Eine Heizung? "Viel zu weitläufig" sei dieses Haus dafür, für den Betrieb ist das nicht optimal. Alles in allem aber, wär es jammerschade, wenn jenes Haus, das - sehe man ab von der Konkurrenz in Wien - "in Teutschland seines gleichen an Schönheit" nicht haben solle, "nicht im gehörigen Stande erhalten bliebe".

Nun, das "Grand Theatre", wie es Zeitgenossen zu nennen pflegten, mit seinem ganz aus Holz und Leinwand errichteten Logenhaus blieb allen Praktikabilitätsüberlegungen zum Trotz nicht nur erhalten, "im gehörigen Stande". Es wurde 2012 auch mit dem Welterbetitel ausgezeichnet und hernach fünf Jahre lang saniert und restauriert. Und somit als "Monument europäischer Musik- und Festkultur des Barock" gesichert, wie Angela Danner, Marcus Mühlnikel und Thomas Rainer urteilen, die drei Herausgeber des Sammelbandes "Vorhang auf" (Bayreuth 2020). Der Band, ein Gemeinschaftsprojekt der Uni Bayreuth, der Bayerischen Schlösserverwaltung und des Historischen Vereins Oberfranken, versammelt wissenschaftliche Beiträge von Historikern, Denkmalpflegern, Restauratoren und Bauingenieuren und mag allen empfohlen sein, die fundiert hinter die historische Fassade dieses Prunkbaus in Franken blicken mögen.

Der Theatermann und Hugenotte Jean Louis d'Ausin wagte diesen Blick bereits kurz nach der Eröffnung des Theaters und teilte seinem Schwager in Berlin mit, wie sie im November 1748 in Bayreuth zu feiern verstanden. Am Abend, notierte er, habe es im großen Haus zunächst "Comoedie" gegeben, anschließend hätten die hochmögenden Gäste an einem Tisch mit 80 Gedecken soupiert, während der Saal "mit 1000 Kerzen erleuchtet" worden sei.

Mit den feuerpolizeilichen Vorstellungen von heute wäre das wohl nicht optimal in Einklang zu bringen, zumal das Haus ja aus gut brennbarem Material erbaut wurde. Aber wie auch immer: Das Ergebnis dieses großen Wurfs im überschaubaren Bayreuth ließ sich sehen. Susanne Lachenicht, Historikerin für Frühe Neuzeit an der Uni Bayreuth, resümiert, dass dieses Haus in der Provinz in Sachen Größe, Bauherren, Berühmtheit und regelmäßig konzertierenden Gastmusikanten durchaus mit "politisch-territorial mächtigeren Fürsten im Reich und ganz Europa" und deren Opernhäusern mithalten konnte - eine Genugtuung für die kunstsinnige Markgräfin Wilhelmine und ihren Gatten Friedrich. Auf lange Sicht habe es das Haus zwar nicht geschafft, höchstes künstlerisches Niveau nach Bayreuth zu locken, der Finanzen wegen. Trotzdem habe es sich den Ruf eines Musenhofs von europäischem Rang erarbeitet, zumal der Bau "in Größe und Schönheit" die Häuser weit mächtigerer Fürsten, auch von Kurfürsten, übertroffen habe.

Wobei die künstlerische Hochzeit nicht von Dauer war, was nicht unmaßgeblich damit zu tun hatte, dass es mit der territorialen Eigenständigkeit Bayreuths 1810 zu Ende ging. Vier Jahre später teilt die bayerische Regierung mit, dass es zum Trocknen des für die Armee gemahlenen Mehles an "schicklichem Platz" fehle, weshalb das Opernhaus "auf 14 Tage gebraucht" werde. Komplett in den Dornröschenschlaf verfiel das Haus nicht, wie Landeshistoriker Martin Ott aufzeigt. Im 19. Jahrhundert war es Amüsierort für Lustspiel, Zauberkunst und Affentheater - "je nach Gusto und Lebensalter".

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