Replik auf geschmacklose „Abschiebe-Flugtickets“:Linke Gruppierung lädt AfD-Politiker in KZ-Gedenkstätte ein

Lesezeit: 1 Min.

Aktivisten des Bündnisses „Widersetzen“ haben Gutscheine „über den Besuch einer KZ-Gedenkstätte“ an einem AfD-Büro in Bayreuth hinterlassen. (Foto: „Widersetzen Bayreuth“)

In Karlsruhe haben Vertreter der Partei „Abschiebe-Flugtickets“ verteilt, darauf gab’s nun in Bayreuth eine kreative Antwort. Wohin man rechte Politiker noch einladen könnte.

Kolumne von Max Weinhold, Bayreuth

In den vergangenen Wochen haben die nicht für ihren höflichen Ton bekannten Politikerinnen und Politiker der selbst ernannten, in Wahrheit aber schlechtesten Alternative für Deutschland (AfD) eben diesen Ton noch einmal spürbar verschärft. Die Partei entpuppt sich in ihrer überwiegenden Mehrheit als das, was sie in Teilen schon seit geraumer Zeit gesichert ist: als rechtsextrem.

In dieses Bild passten die bis zu 30 000 „Abschiebetickets“, die kürzlich in Karlsruher Briefkästen lagen, ausgestellt von der örtlichen AfD auf „Illegale Einwanderer“ mit dem Reiseziel „Sicheres Herkunftsland“ und versehen mit dem zynischen Hinweis: „Zuhause ist auch schön.“ Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts der Volksverhetzung. Kaum vorstellbar, dass die Macher mit ihren „Abschiebetickets“ nicht auf vergleichbare Freikarten aus der Zeit des Nationalsozialismus anspielen. Damals, 1933, wollte die NSDAP „Juden und Genossen“ im Zug „über Nord- oder Südpol und Wüste Gobi oder Sahara nach Palästina“ schicken.

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Am Wochenende haben nun Mitglieder des bundesweiten Anti-AfD-Aktionsbündnisses „Widersetzen“ ihrerseits sechs Gratis-Tickets an einem AfD-Parteibüro in Bayreuth hinterlassen. Es handelt sich dabei, gestaltet ganz im Stile der „Abschiebetickets“, um Gutscheine „über den Besuch einer KZ-Gedenkstätte“. Diese gälten für einen „Bildungsbesuch in einer Holocaust-Gedenkstätte der Wahl“, seien nur gültig mit einem Parteibuch der AfD und wirkten vorbeugend gegen „Geschichtsrevisionismus, Rassismus, Faschismus, Sexismus, Fremdenfeindlichkeit“, steht darauf zu lesen.

Einen kostenfreien Bildungsbesuch in einer Holocaust-Gedenkstätte bieten die Aktivisten den AfD-Vertretern an. (Foto: „Widersetzen Bayreuth“)

Wie sie am Montag mitteilte, ermittelt auch in diesem Fall die Polizei, diesmal wegen Sachbeschädigung, weil überdies das Türschloss zum Büro verklebt wurde. Der Schaden beläuft sich auf etwa 100 Euro, was die der Polizei noch unbekannten Täter gerne in Kauf genommen haben. Auch das mit dem Bezahlen des Gedenkstätten-Besuchs meinen sie ernst, versichert ein Sprecher am Telefon. „Wir würden uns natürlich freuen, aber bis jetzt gab es noch keine Rückmeldung.“

Falls dies so bleibt, könnten sie es mit anderen Einladungen versuchen: Wie wäre es mit einem Fachseminar Windenergie für Parteichefin Alice Weidel? Oder mit einer Geschichtsstunde für den Erlanger AfD-Stadtrat Siegfried Ermer? Der behauptete am vergangenen Freitag in einer Haushaltsdebatte in Anlehnung an Weidels kürzlich geäußerte These, Adolf Hitler sei nicht rechts, sondern Kommunist gewesen, die NSDAP sei links, weil sozialistisch. Als Beleg verwies Ermer auf ein so lautendes, angebliches Zitat von Joseph Goebbels. Und der muss es ja wissen ...

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