Bayerns SPD-Chef Pronold:"Wir müssen deutlich an Profil gewinnen"

Die SPD in Bayern verharrt im Umfragetief: Ihr Chef Florian Pronold über Frust, die Kritik der Jusos und das Potential der Partei.

Katja Auer

Die SPD hat sich für 2011 viel vorgenommen. ,"Fortschritt für Bayern2, so soll das Motto für die Arbeit der Sozialdemokraten lauten, teilte Parteichef Florian Pronold am Sonntag mit. Aber das Jahr begann für die SPD unerfreulich. Nur 17 Prozent Wählerzustimmung ermittelte Infratest dimap für die Bayern-SPD.

60. Landesparteitag der SPD Bayern - Pronold

Bayerns SPD-Chef Florian Pronold: "Die Frage ist, wie wir unsere Inhalte zu den Menschen bringen."

(Foto: dpa)

SZ: Herr Pronold, die SPD verharrt im Umfragetief. Wie sehr frustriert Sie das?

Florian Pronold: Eine Umfrage ist keine Wahl. Dass angesichts der Zahlen keine Freude ausbricht, ist klar. Ich bin überzeugt, dass wir im Sommer, als es keine Umfrage gab, über 20 Prozent lagen. Wenn wir den Wert der aktuellen ZDF-Umfrage, die uns bundesweit bei 29 Prozent sieht, auf Bayern umrechnen, dann ergäbe das 21 Prozent. Aber ich will die Lage nicht schönreden. Es gibt eine Menge zu tun.

SZ: 17 Prozent, das ist noch weniger als bei der historischen Niederlage bei der Landtagswahl 2008.

Pronold: Nach dem Ergebnis 2008 hatten wir viel aufzuarbeiten. Das vergangene Jahr galt zunächst einem Prozess nach innen. Dem haben wir uns gestellt. Darin sah auch ich meine Hauptaufgabe, nämlich in die Ortsvereine zu gehen. Nach der Konsolidierung müssen wir jetzt aber deutlich an Profil gewinnen.

SZ: Die Jusos haben kürzlich mehr Führung von Ihnen verlangt.

Pronold: Dass die Jusos mehr Führung einfordern, hat mich überrascht und ich halte die Kritik auch nicht für gerechtfertigt. Ich freue mich, wenn sich die Jusos mit guten Vorschlägen in den zuständigen Gremien einbringen.

SZ: Mit welchen Themen wird die SPD 2011 auffallen?

Pronold: Wachstum, Vollbeschäftigung und gute Arbeit werden eine große Rolle spielen. Wir haben einen wirtschaftlichen Aufschwung, dank der SPD in der großen Koalition. Aber die Masse der Menschen ist daran nicht beteiligt. Neue Arbeitsplätze sind oft schlechte Arbeitsplätze angesichts von Leiharbeit und Minijobs. Das muss unser Thema sein: Aufschwung für alle.

SZ: Gerade hat die CSU gleiche Löhne für Leiharbeiter gefordert.

Pronold: Die CSU hat genau das 30 Jahre lang bekämpft. Die machen Korrekturen, ihre Linie haben sie aber nicht geändert. Die SPD ist da die treibende Kraft. Ein zweiter Bereich ist die älter werdende Gesellschaft und ein zukunftsfähiger Sozialstaat. Das reicht von der Infrastruktur im ländlichen Raum über das Hausärzteproblem bis zur Pflege. Wir wollen den Leuten zeigen, dass die SPD eine Vorstellung davon hat, wie Gesundheit für alle bezahlbar bleibt. Ein weiteres Thema ist die Bildung. Wir starten demnächst eine Kampagne zur Gemeinschaftsschule.

SZ: Das klingt ja alles ganz schön...

Pronold: Unser Problem ist nicht, dass uns die guten Beschlüsse fehlen. Wir haben auch die besseren Gesetzesinitiativen im Landtag. Die Frage ist, wie wir unsere Inhalte zu den Menschen bringen. Dazu müssen wir mit den Leuten reden, draußen unterwegs sein. Und dafür muss sich der Ortsvorsitzende genauso verantwortlich fühlen wie der Abgeordnete und der Landesvorsitzende. Darauf kommt es an und nicht auf das alte Spiel, sich gegenseitig zu erzählen, was der andere besser machen könnte. Erste Schritte haben wir erfolgreich gemacht, aber es ist ein Langstreckenlauf, kein Sprint. Da braucht man Ausdauer. Und wir haben noch eine verdammt weite Strecke vor uns.

SZ: Wie viel Zeit geben Sie sich dafür? Irgendwann muss sich das in Zahlen manifestieren.

Pronold: September 2013, die Landtagswahl.

"Wir werden deutlich über 20 Prozent liegen"

SZ: Und was passiert, wenn die SPD da nicht mindestens, sagen wir, 20 Prozent erreicht?

Pronold: Die Frage stellt sich nicht. Wir werden deutlich über 20 Prozent liegen.

SZ: Ihren Optimismus in allen Ehren.

Pronold: Die Welt und die Gesellschaft wurden immer nur von Optimisten verändert, nie von Pessimisten. Stellen Sie sich mal vor, Martin Luther King hätte nicht gesagt: I have a dream, sondern: Ich hatte einen Albtraum.

SZ: Traumhaft ist die Lage gerade für die Grünen. Die könnten die SPD bald als Oppositionsführer ablösen.

Pronold: Ich halte nichts davon, in der Opposition einen Kampf gegeneinander zu führen. Es geht darum, Schwarz-Gelb abzulösen, trotz aller Unterschiede, die es gibt, und die erkennbar sein müssen. Schauen Sie nach Hamburg und ins Saarland, wenn Grüne mit Schwarzen regieren, kommt keine vernünftige Politik raus. Deswegen muss der stärkere Partner die SPD sein. Und außer bei der Umweltpolitik trauen uns die Menschen mehr zu als den Grünen.

SZ: Jetzt mal realistisch. Wie groß ist das Potential der SPD in Bayern?

Pronold: Groß. Immerhin haben 43 Prozent aller Bayern schon mindestens einmal im Leben die SPD gewählt. Wir wollen sie zur Wiederholung anstiften.

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