Süddeutsche Zeitung

Bayerns Finanzminister Söder:"Die schwierigste Aufgabe, die ich je hatte"

Vom Lebensminister zum Herr über die bayerischen Finanzen: Markus Söder über seinen Aufstieg im Kabinett, den Scherbenhaufen der Stoiber-Ära und die Frage, ob er nun Bayerns einziger Kronprinz ist.

Peter Fahrenholz und Frank Müller

Noch sind nicht alle Bilder aufgehängt, dafür steht die kleine FJS-Büste schon hinter dem Schreibtisch: Markus Söder richtet sich gerade ein in seinem neuen Amt als Finanzminister. Vor zwei Wochen übernahm er den Posten von Georg Fahrenschon, der nun Sparkassenpräsident werden will. In der SZ spricht Söder über seinen Aufstieg.

SZ: Sie haben Ihre Rivalin Christine Haderthauer mit der Berufung zum Finanzminister nun hinter sich gelassen, ist Ihnen ein Stein vom Herzen gefallen?

Markus Söder: Das ist für mich persönlich die bisher größte Herausforderung meines Lebens. Der Finanzminister ist in jeder Regierung derjenige, der eine zentrale Managementfunktion hat. Er muss die Finanzen, die Beteiligungen und damit wichtige Infrastrukturprojekte des Freistaats organisieren. Eine ernste Herausforderung in ernsten Zeiten.

SZ: Wie haben Sie es denn angestellt, Frau Haderthauer, die ja schon als Ministerin fast feststand, in letzter Sekunde noch beiseitezuschieben?

Söder: Das waren alles doch nur Spekulationen. Am Ende gibt es eine Entscheidung, und die trifft der Ministerpräsident. Ich habe mich nach diesem Amt nicht gedrängelt, ich habe mich aber auch nicht weggeduckt. Alles andere entzieht sich meiner Kenntnis.

SZ: Aber Sie hatten Ihr Handy schon auf laut gestellt, damit Sie den entscheidenden Anruf nicht überhören?

Söder: Während dieser Zeit war ich fast dauernd mit meinen Kindern unterwegs.

SZ: Wieso hat die Berufung so lange gedauert? Darauf, den stärksten Mann im Kabinett zum Finanzminister zu machen, kann man in fünf Minuten kommen.

Söder: Die Kabinettsbildung ist die alleinige Aufgabe, das alleinige Recht des Ministerpräsidenten. Er hat das auch sehr klar und in einem angemessenen Zeitraum gelöst. Es ging ja um mehrere Kabinettsmitglieder, nicht nur um eines.

SZ: Sie sind nicht als Finanzexperte in dieses Amt gekommen. Bekommt man da jetzt manchmal Muffensausen?

Söder: Ich nehme das sehr ernst. Es ist nicht irgendeine politische Aufgabe, sondern vielleicht die schwierigste in meinem Leben. Finanzminister, das hat schon eine andere Dimension. Sicherheit und Stabilität bei den Finanzen sind die zentralen Herausforderungen des Staates. Bisher war Sicherheit vor allem eine Frage der Polizei, jetzt bedeutet Sicherheit die Stabilität einer Währung. Auch auf internationaler Ebene spielt die Finanzpolitik eine immer wichtigere Rolle. Das ist also eine ernste Sache, das bedeutet: intensives Einarbeiten.

SZ: Wie lange geben Sie sich dafür, die üblichen hundert Tage?

Söder: Die Probleme gilt es jetzt zu lösen: kommunaler Finanzausgleich, Nachtragshaushalt, Euro-Krise. Das Programm ist ambitioniert. Das heißt harte Arbeit und wenig freie Zeit.

SZ: Senden Sie gelegentlich kleine Stoßgebete nach oben mit dem Inhalt: Lass mich jetzt nichts Falsches sagen, sonst stürzt gleich der Dax ab?

Söder: Ich bin gläubig, daher bete ich ohnehin. Was das Amt des Finanzministers betrifft, habe ich mir das vorher schon genau überlegt. Wenn man dann zusagt, muss man sich der Aufgabe stellen.

SZ: Sie galten immer als Stoiberianer - jetzt müssen Sie die Scherben der Stoiber-Ära zusammenkehren - Stichwort Landesbank.

Söder: Wenn jemand dieses Land stark vorangebracht hat, dann war es Edmund Stoiber. Dass Bayern bei allen Ländervergleichen ganz vorne landet, geht auf seine langjährige Politik zurück. Und die Landesbank haben Horst Seehofer und Georg Fahrenschon in schwieriger Zeit stabilisiert. Darauf werden wir aufbauen.

SZ: Doch gerade gibt es wieder negative Nachrichten bei der BayernLB: neue Verluste und eine Herabstufung. Wie bekommen Sie das in den Griff?

Söder: Die Landesbank wird den Bericht genau prüfen. Offenkundig hat die Ratingagentur viele öffentliche Banken in Deutschland niedriger bewertet. Das hängt mit veränderten rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland zusammen. Insgesamt verläuft die Entwicklung der BayernLB seit 2008 positiv. Sie ist solide kapitalisiert. Das belegt auch der Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht. Die Bewertung zeigt, dass es wichtig ist, das europarechtliche Beihilfeverfahren seriös abzuschließen.

SZ: Woran liegt es, dass das so lange dauert? Brüssel drängelt schon.

Söder: Beihilfeverfahren sind grundsätzlich kompliziert. Die Finanzmarktkrise macht das auch nicht leichter. Aber wir wollen das zügig und geordnet abschließen. Es gibt noch offene Punkte, die wir intern diskutieren.

SZ: Fahrenschon weg, Guttenberg sowieso, Haderthauer eingebremst, Aigner im fernen Berlin - fühlen Sie sich jetzt als einziger bayerischer Kronprinz?

Söder: Auch wenn ich jetzt für Bayerns Schlösser zuständig bin, halte ich nichts von Kronprinzen. Für Postenastrologie habe ich weder Zeit noch Interesse. Ich muss jetzt diese schwierige Aufgabe schultern.

SZ: Trotzdem sind Sie jetzt allein auf weiter Flur bei der Seehofer-Nachfolge.

Söder:Es gibt keine Nachfolgedebatte! Außerdem haben wir viele starke Persönlichkeiten in der Partei, auch wenn Sie es nicht glauben wollen. Schauen Sie sich dagegen das Schattenkabinett der Opposition an: Herr Aiwanger als Umweltminister, Frau Bause als Innenministerin, oder Ludwig Wörner als Energieminister . . . - ich bin mir sicher, dass dies für die Bayern eine leichte Entscheidung wird.

SZ: Trotzdem könnte es passieren, dass Sie nach der Wahl 2013 zwar die Nummer eins in der CSU sind, aber leider als Oppositionsführer im Landtag sitzen.

Söder:Sie sollten bei einer Personalberatung anfangen, weil Sie mich die ganze Zeit nur nach Personalien fragen. Das Einzige, was ich für die Zeit nach 2013 mit Sicherheit ausschließen kann, ist Redakteur der Süddeutschen Zeitung zu werden.

SZ: Aber aus Ihrem Wunschziel Ministerpräsident haben Sie doch selbst nie ein Hehl gemacht.

Söder: Das sagen immer die Journalisten. In meinem bisherigen Leben gab es kaum etwas vorab Geplantes. Die Ministerämter sind eher auf mich zugekommen. Horst Seehofer hat schon recht, wenn er sagt: Das einzige Konstante in der Politik ist das Unvorhersehbare. Aber ich muss für mich sagen, dass alles, wie es gekommen ist, schon seine Richtigkeit hat.

SZ: Als Umweltminister nannten Sie sich gern den Lebensminister. Wie heißen Sie jetzt?

Söder: Söder. Ich bin Finanzminister und habe keine Zeit, mir über Marketing Gedanken zu machen.

SZ: Dann ist die Lage ja noch ernster, als wir dachten.

Söder: Es geht hier nicht um Marketing. Bei Finanzen ist alles nachrechenbar. Das gilt für alle Bereiche, zum Beispiel auch für die Finanzierung der Energiewende. Die müssen wir so ausgestalten, dass es sich steuerlich lohnt, in Windräder und Gaskraftwerke zu investieren. Ich hatte Mathematik-Leistungskurs, deswegen weiß ich: Entweder die Rechnung stimmt, oder sie stimmt nicht

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Quelle:
SZ vom 18.11.2011/bica
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