BayernLB:Zeuge Stoiber redet seine Rolle klein

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Edmund Stoiber bei der Staatsanwaltschaft: Bei der Vernehmung bestreitet der frühere Regierungschef jegliche Einflussnahme beim Kauf der umstrittenen Hypo Alpe Adria.

Klaus Ott

Für den Zeugen Edmund Stoiber ist nicht viel Zeit vorgesehen. Nur für zwei Stunden soll der ehemalige Ministerpräsident und CSU-Chef im Untersuchungsausschuss des Landtags befragt werden, der die Gründe für das Milliarden-Desaster von Bayerns Landesbank bei der österreichischen Hypo Alpe Adria aufzuklären versucht. Für den 30. September ist Stoibers Auftritt vorgemerkt, von 9 bis 11 Uhr, doch das dürfte kaum genügen.

"Ich bin besorgt": Edmund Stoiber schlägt Alarm. (Foto: AP)

Drei Stunden hat alleine schon die Münchner Staatsanwaltschaft gebraucht, als sie den Ehrenvorsitzenden der CSU in dieser Causa ebenfalls als Zeugen vernahm. Was Stoiber der Ermittlungsbehörde antwortete, wird er bestimmt im Landtag genau so wiederholen.

Er sei als Ministerpräsident mit dem Erwerb der in Kärnten ansässigen Hypo Alpe Adria durch die Landesbank kaum befasst gewesen; darum habe sich vor allem der Vorstand der BayernLB gekümmert; und der sei vom Verwaltungsrat kontrolliert worden. Dem Verwaltungsrat gehörten die Stützen des Kabinetts Stoiber an: Kurt Faltlhauser, Erwin Huber, Günther Beckstein. Sie hätten als Bank-Aufseher sein Vertrauen gehabt, teilte der ehemalige Ministerpräsident der Staatsanwaltschaft mit. Er sei schließlich nicht der Kontrolleur der Kontrolleure gewesen.

Es ist schon erstaunlich, wie sehr Stoiber seine eigene Rolle in diesem Milliarden-Desaster kleinredet. Dabei hatte er als Ministerpräsident immer über alles im Freistaat Bescheid wissen wollen. Im Schnitt zwei Stunden lang hat er täglich Zeitung gelesen, bei jeder Gelegenheit: im Büro, unterwegs, im Stehen und sogar im Gehen. Wenn ihm etwas auffiel, hat er gleich die verantwortlichen Mitarbeiter zum Rapport gebeten. So sah seine Kontrolle der Verwaltung im Freistaat aus, und so hat er es der Staatsanwaltschaft bei seiner öffentlich bislang nicht bekannten Vernehmung im Frühjahr erzählt.

Stoibers Alarmsystem hätte also eigentlich funktionieren müssen, als die Wirtschaftszeitung Financial Times Deutschland (FTD) am 19. Juni 2007 berichtete, die Österreichische Nationalbank bezichtige in einem Prüfbericht über die Hypo Alpe Adria das Kärntner Institut schwerer Rechtsbrüche. "Aufsicht rügt BayernLB-Tochter", lautete die Überschrift des Artikels. Die Landesbank hatte einen Monat vorher den Kaufvertrag über knapp 1,7 Milliarden Euro für das Kärntner Institut abgeschlossen.

Die Übernahme der Hypo Alpe Adria war aber noch nicht abgeschlossen, der Kaufpreis noch nicht bezahlt. Vielleicht hätte sich das spätere Desaster, das den Freistaat und seine Bürger insgesamt 3,7 Milliarden Euro kostete, zum damaligen Zeitpunkt noch abwenden lassen.

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Die Zeitung schrieb weiter, laut Österreichischer Nationalbank (ÖNB) sei das Eigenkapital der Hypo Alpe Adria gering. Das Kärntner Institut brauche jeden Monat 30 bis 40 Millionen Euro zusätzliches Kapital. Die Kreditprüfung sei mangelhaft, insgesamt habe man neun "wesentliche Gesetzesverletzungen" festgestellt. Stoibers Regierungszentrale, die Staatskanzlei, nahm den FTD-Bericht sogar in die hauseigene Pressemappe auf. Und sechs Tage später erhielt der Ministerpräsident von seinen Mitarbeitern noch einen Vermerk über Vorwürfe der ÖNB gegen die Hypo Alpe Adria. Er habe diesen Vermerk sicherlich gelesen, sagte Stoiber der Staatsanwaltschaft.

Aber in dem Vermerk stehe doch auch, die Kritik der ÖNB beträfe abgeschlossene Sachverhalte, die beim Erwerb der Hypo Alpe Adria durch die BayernLB bekannt gewesen seien. Der Vermerk habe außerdem besagt, die zuständigen Leute kümmerten sich bereits darum. Bei dieser Sachlage sei doch die Frage, was er, Stoiber, da noch groß hätte tun sollen, erklärte der frühere Ministerpräsident.

Die aus Stoibers Sicht zuständigen Leute waren vor allem die Verwaltungsräte der BayernLB, darunter seine wichtigsten Minister Kurt Faltlhauser (Finanzen), Erwin Huber (Wirtschaft) und Günther Beckstein (Innenministerium). Er habe deshalb darauf vertrauen können, dass die Sache professionell behandelt werde, erklärte Stoiber. Beim Kauf der Hypo Alpe Adria habe es für ihn keinen Grund zum Handeln gegeben. Die Annahme, es sei womöglich politischer Druck auf den Vorstand der BayernLB ausgeübt worden, das Kärntner Institut zu kaufen, sei absurd. Er, Stoiber, habe sich nie in die konkrete Geschäftspolitik der Landesbank eingemischt. Die BayernLB sei eine eigenständige Einheit gewesen.

Geholfen hat Stoiber damals aber schon, als die Kroatische Nationalbank ein Veto gegen die Übernahme der Hypo Alpe Adria durch die BayernLB einlegen wollte. Die Kärntner Bank war mit vielen Tochtergesellschaften auf dem Balkan aktiv, die dortigen Aufsichtsbehörden mussten deshalb den Verkauf der Hypo Alpe Adria erst noch genehmigen.

Die Landesbank bat Stoiber um Hilfe. Bei einer Reise nach Kroatien im August 2007 empörte sich der Ministerpräsident bei Gesprächen mit der dortigen Regierung und in der Öffentlichkeit über die Blockadehaltung. Er sei sauer auf Kroatien gewesen, nachdem er sich zuvor für die Aufnahme des Landes in die Europäische Union eingesetzt habe, sagte Stoiber bei den Ermittlern. Womöglich habe er emotional reagiert. Als bayerischer Ministerpräsident stelle man sich automatisch vor eine bayerische Institution. Und er habe grundsätzlich für jedes bayerische Unternehmen getan, was er tun konnte.

Stoibers Darstellung der Dinge lässt viele Fragen offen. Der Vormittag des 30. September wird für die Vernehmung des Ex-Regierungschefs im Landtag wohl kaum ausreichen, und Zeit genug haben die Abgeordneten allemal. Der Zeitplan des Untersuchungsausschusses für diesen Tag enthält deshalb neben dem Eintrag, Stoiber sei von 9 bis 11 Uhr an der Reihe, zusätzlich den Hinweis: "Open end" - Sitzungsende offen.

© SZ vom 14.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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