BayernLB:"Vorstufe zum Steuerparadies"

Söder fordert strengere Meldepflichten

Der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU) fordert strengere Meldepflichten für Briefkastenfirmen.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Nach der Enthüllung von Briefkastengeschäften einer früheren Landesbank-Tochter in Südamerika setzt die SPD Finanzminister Markus Söder (CSU) unter Druck.
  • Fraktionschef Markus Rinderspacher hielt Söder vor, die BayernLB habe möglicherweise Milliarden am Finanzamt vorbei verschoben.
  • Welche Informationen in den Panama Papers gegen die BayernLB aufgetaucht sind, lesen Sie am Ende des Textes.

Von Wolfgang Wittl

Der Mittwoch ist noch jung, doch Markus Söder hat es eilig, seine Botschaften in die Öffentlichkeit zu bringen. Man kann das als professionelles Krisenmanagement bezeichnen, um mögliche Diskussionen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Vielleicht hat es aber auch damit zu tun, dass die SPD für zehn Uhr, nur eineinhalb Stunden später, ebenfalls zu einer Pressekonferenz eingeladen hat.

Über aktuelle Themen will SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher sprechen, und was könnte aktueller sein als die Panama Papers, deren Ausläufer inzwischen auch den Freistaat erreicht haben. Wie sich herausstellt, wird Rinderspacher den Finanzminister ziemlich scharf attackieren. Doch erst ist Söder an der Reihe.

Mit einer Liste von Vorschlägen, wie der Bund die Transparenz bei Briefkastenfirmen in Steueroasen verbessern kann, geht der bayerische Finanzminister in die Offensive. Mehr Ermessensspielraum für die Behörden, weniger Toleranz gegenüber Steuertricksern, empfindlichere Strafen - so lauten die Forderungen. "Wir müssen die Abschreckungswirkung erhöhen", sagt Söder.

Fragen zur BayernLB, der bayerischen Landesbank, wie auch zu seiner eigenen Rolle werden zunächst zurückgestellt. Erst will Söder selbst reden, er stellt klar: Die BayernLB biete keine Briefkastenfirmen an. Die LB Lux, die solche Geschäfte vermittelte und eine Tochter der BayernLB war, sei "bewusst abgewickelt" und bereits liquidiert worden.

Die Opposition fordert, die BayernLB abzustoßen

Und nein: Er als damaliger Verwaltungsratsvorsitzender habe keine Kenntnis von all diesen Dingen gehabt, versichert Söder. Dass sich vor allem die FDP dafür eingesetzt haben soll, dass die BayernLB sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren müsse, hat Söder anders in Erinnerung. "Mutig" sei die Aussage des damaligen Koalitionspartners. "Das war schon eine gemeinschaftliche Aufgabe."

Die FDP fühlt sich durch die Enthüllungen um die Panama Papers nachträglich bestätigt. Es sei richtig gewesen, sich von der Tochter in Luxemburg zu trennen, betont der stellvertretende Landesvorsitzende Karsten Klein und geht noch einen Schritt weiter: Der Freistaat müsse endlich auch seine Anteile an der BayernLB abstoßen, mit der FDP in der Regierung wäre das in diesem Jahr der Fall gewesen. "Die CSU betreibt mit der BayernLB Wirtschaftspolitik auf Kosten der Steuerzahler und der Freistaat verstrickt sich in Interessenkollisionen", kritisiert Klein.

Die Opposition im Landtag wird noch deutlicher. "Man muss sich das einmal vorstellen: Ein staatliches Kreditinstitut, beaufsichtigt vom Finanzminister als Chef der Steuerbehörden, vermittelt Briefkastenfirmen und leistet damit Beihilfe zum Steuerbetrug und zur Geldwäsche", sagt Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann.

Den "Glaubwürdigkeits-GAU", den Hartmann formuliert, sieht auch Rinderspacher. Man habe den Eindruck, die BayernLB sei die Vorstufe zum Steuerparadies, sagt der SPD-Fraktionschef und wandelt damit den Slogan von CSU-Chef Horst Seehofer um, Bayern sei die Vorstufe zum Paradies.

Das Finanzministerium weist die Vorwürfe als "unangemessen" zurück

Mit einem Dringlichkeitsantrag wird die SPD die Staatsregierung an diesem Donnerstag im Landtag zur Aufklärung auffordern: Wurde Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet? Wurden Milliarden Euro ins Ausland geschafft? Hat die BayernLB Geldwäschern geholfen? Absurd sei das alles, findet Rinderspacher:

Der Freistaat fördere über seine Staatsbank die Steuerflucht oder verhindere sie zumindest nicht. Als ob man Steuerflüchtlingen ein Fluchtauto zur Verfügung stelle und Bayerns Steuerfahnder tuckerten nur hinterher. "Formel-1-Bolide gegen einen verrosteten Käfer." Söders Ahnungslosigkeit erschrecke ihn, sagt Rinderspacher.

Das Finanzministerium weist die Vorwürfe als "unangemessen" zurück, Rinderspacher spreche "ohne Fachwissen". Söder sagt: "Ich bin der Minister, der verkauft, verkleinert und liquidiert hat." In seiner Amtszeit seien doch nahezu alle Auslandsbeteiligungen der BayernLB abgestoßen worden.

Auch ihm sei an Aufklärung gelegen, beteuert Söder: "Wir wollen, dass der Sachverhalt von externen Prüfern untersucht wird." Er erwarte von der Bank, dass jeder Verdachtsmoment im Zusammenhang mit Offshore-Geschäften sorgfältig aufgeklärt werde. "Wir tolerieren keine Steuerhinterziehung und auch keine Geldwäsche. All dies sind Straftaten."

Auch die Freien Wähler werden im Plenum einen Dringlichkeitsantrag einbringen. Ein Gremium müsse mit der lückenlosen Aufklärung möglicher Verwicklungen der BayernLB in den Panama-Komplex beauftragt werden. Ansonsten herrscht bei den FW Staunen über die "Vorwärtsverteidigung" des Finanzministers. Im Moment gehe es doch nur um die Klärung eines Sachverhalts.

Dunkle Geschäfte in Luxemburg

Bis vor gut zwei Jahren hat die Bayerische Landesbank auch Geschäfte in Luxemburg gemacht, mit einer Tochter namens Banque LB Lux. Einen Teil dieses Geschäfts mit reichen Kunden hat die BayernLB 2013 an ein Geldinstitut aus dem Großherzogtum verkauft, der Rest wurde inzwischen "liquidiert", wie die Landesbank das nennt. Doch in Luxemburg lagern noch Altlasten, die der in den vergangenen Jahren von Affären geprägten BayernLB jetzt zu schaffen machen. Die Banque LB Lux und eine ihrer Vorgänger-Banken waren von der Kanzlei Mossack Fonseca als Klienten geführt worden, mit den Nummern 5367 und 28315. So steht es in den Panama Papers, die der SZ vorliegen.

Den Unterlagen zufolge haben die Luxemburger Töchter der BayernLB für ihre Kunden insgesamt 129 Briefkastenfirmen vermittelt oder verwaltet; mithilfe von Mossack Fonseca, einem der weltweit größten Anbieter für solche Firmen. Nicht alle Offshore-Gesellschaften werden für kriminelle Zwecke genutzt. Aber oft geht es darum, Vermögen vor dem Fiskus zu verstecken und so den Staat um Steuern zu betrügen, oder Geld zu waschen, das aus Verbrechen stammt. Die Commerzbank, die Hypo-Vereinsbank und die HSH Nordbank haben bereits zugegeben, über Töchter in Luxemburg Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben.

Die BayernLB sagt hingegen, ihre Banque LB Lux habe sich 2010 von einem Wirtschaftsprüfer per Gutachten einen "hohen Standard" bescheinigen lassen, was "steuerliche Transparenz" anbelangt. Eine unabhängige Untersuchung war das allerdings nicht. Jetzt will die BayernLB prüfen, was es mit den Offshore-Geschäften der LB Lux auf sich hatte. Sollte es sich um Beihilfe zur Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen gehandelt haben, so wäre das vermutlich nicht verjährt und könnte ein Bußgeld in Millionenhöhe zur Folge haben. SZ

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