BayernLB: Untersuchungsausschuss:Ex-Sparkassenpräsident droht Beugehaft

Überraschung im BayernLB-Ausschuss: Der frühere Sparkassenpräsident Naser schweigt - und muss mit Konsequenzen rechnen. Viel gesprächiger ist hingegen der ehemalige Finanzminister Faltlhauser.

K. Ott

Als Sparkassenpräsident hatte Siegfried Naser im Verwaltungsrat der BayernLB eine Menge zu sagen. Seinerzeit, im Jahr 2007, hatte sich der Banker im Aufsichtsgremium der Landesbank für den Kauf der Hypo Alpe Adria (HGAA) starkgemacht - und dieses Engagement, das sich später als Milliardendesaster entpuppen sollte, gar als "genialen Schachzug" betrachtet. Wegen seiner Rolle in dieser Causa musste Naser Ende des vergangenen Jahres von seinem Amt zurücktreten.

Untersuchungsausschuss Bayern LB/HGAA

Ehemaliger Sparkassenpräsident Naser vor dem Untersuchungsausschuss: "Warm ums Hinterteil geworden"?

(Foto: dapd)

Jetzt muss sich der frühere Sparkassenpräsident im Landtag vor dem Untersuchungsausschuss verantworten. Doch anstatt Licht ins Dunkel zu bringen, schwieg Naser und verweigerte die Aussage. Wegen der Strafanzeigen von SPD und Freien Wählern bestehe die Gefahr eines Ermittlungsverfahrens gegen ihn, sagte der Manager zur Begründung.

Einstimmig verhängte der Ausschuss darauf ein Ordnungsgeld von 1000 Euro gegen den Ex-Banker. Außerdem bekam er wenig freundliche Reaktionen der Runde zu hören. Sichtlich sauer war der Ausschussvorsitzende Thomas Kreuzer: "Das habe ich noch nie erlebt", sagte der CSU-Politiker. Diese "Totalverweigerung" jeder Aussage sei unbegründet und "ein starkes Stück".

Naser sei einer der Hauptverantwortlichen beim Kauf der HGAA gewesen. Kreuzer machte den Manager darauf aufmerksam, dass ihm im Falle einer rechtlich nicht begründeten Weigerung ein Ordnungsgeld oder bis zu sechs Monate Beugehaft drohen könnten. "Er hat für seine Tätigkeit beim Sparkassenverband und der BayernLB viel Geld erhalten. Nun ist er aufgefordert, öffentlich Stellung zu beziehen und bei der Aufklärung zu helfen", sagte Kreuzer.

Wenn er bei der nächsten Vorladung immer noch schweige, werde der Ausschuss bei Gericht bis zu sechs Monate Beugehaft beantragen, sagte der Ausschuss-Vorsitzende. Nasers Anwältin kündigte eine Beschwerde an.

Harald Güller (SPD), der Vizechef des Untersuchungsausschusses mutmaßte, Naser sei wohl "in dieser Sache warm ums Hinterteil geworden". Auch der SPD-Politiker kritisierte das Verhalten des Ex-Bankers: "Der Imageschaden für die Sparkassen ist riesengroß." Der Grünen-Abgeordnete Sepp Dürr bewertete Nasers Schweigen als "unverschämt und feige. Er drückt sich vor seiner Verantwortung".

Zoff um Hotelrechnung

Nasers Aussageverweigerung kam überraschend, da der Ex-Sparkassenpräsident ursprünglich eine mehrstündige Aussage mit allen Einzelheiten angekündigt hatte.

Bereits vor seinem Auftritt im Ausschuss hatte es Ärger gegeben: Der einst hochbezahlte Naser wollte dem Landtag eine Hotelübernachtung in Höhe von 179 Euro in Rechnung stellen, um nicht frühmorgens aus seinem unterfränkischen Heimatort anreisen zu müssen. Außerdem klagte der frühere Sparkassenpräsident über "hasserfüllte" Berichte in den Medien und Drohungen gegen ihn. Ein Ausschussmitglied habe gar gesagt, er gehöre ins Gefängnis.

Ärger über einzelne Mitglieder des Untersuchungsausschusses sei jedoch kein Grund zur Aussageverweigerung, sagte Güller. Naser bekräftigte, seine Entscheidung beruhe auf Sachzwängen.

Am Nachmittag bekam Naser dann doch noch kalte Füße und machte einen Rückzieher. Per Boten teilte er dem Untersuchungsausschuss mit, er sei nun doch bereit, auszusagen. Und er schlug gleich einen Termin für Anfang Oktober vor.

Der im Jahr 1951 geborene Manager war seit Oktober 2000 im Wechsel mit dem jeweils amtierenden bayerischen Finanzminister Vorsitzender des Verwaltungsrats der BayernLB. Das höchste Aufsichtsorgan der Landesbank hatte 2007 unter ungeklärten Umständen den Kauf der österreichischen Skandalbank Hypo Alpe Adria abgesegnet. Naser sollte vor dem Untersuchungsausschuss in München eigentlich erklären, wie es dazu kommen konnte. Freistaat und BayernLB zahlten in der Causa HGAA 3,7 Milliarden Euro drauf und gaben die marode Finanzgruppe Ende 2009 für einen Euro an die Republik Österreich ab.

Als zweiter Zeuge war der langjährige Finanzminister Kurt Faltlhauser geladen. Auch er könnte schweigen, sagt der CSU-Politiker - und zwar aus den gleichen Gründen wie Naser. Dennoch würde er jetzt aussagen: "Das entspricht meinem Verständnis von politischer Verantwortung."

"Es herrschte damals fast unbegrenzter Optimismus"

Faltlhauser verteidigte den Kauf der HGAA im Mai 2007 entschieden. "Er hat sich nachträglich als Fehlgriff herausgestellt", aber damals sei der Schritt der Landesbank auf den Wachstumsmarkt Südosteuropa von allen Experten als strategisch richtig angesehen worden, sagte der CSU-Politiker dem Ausschuss in einem stundenlangen Vortrag.

Die Ausdehnung der Landesbank ins Ausland sei kein Ausdruck von Größenwahn der damaligen Staatsregierung unter Edmund Stoiber gewesen, sondern habe rein ökonomische Gründe gehabt. Da die Landesbank als besonders kreditwürdig galt, sei sie als Partner großer Finanzierungen im Ausland gefragt gewesen. "Das war die Einladung zu weltweiter Präsenz." Allerdings sei die Rendite dieser Geschäfte recht gering gewesen. "Darum musste das Rad immer größer gedreht werden."

Faltlhauser wies Vorwürfe zurück, die Verwaltungsräte seien "Gremienschläfer" gewesen und hätten alle Vorlagen des Vorstands einfach nur abgenickt. Das Finanzministerium habe ein eigenes Referat für die Landesbank gehabt, und er habe seine Kontrollaufgabe "mit Interesse, Sachkenntnis und Herzblut wahrgenommen".

Südosteuropa habe zum strategischen Kerngeschäft der BayernLB gehört, weil sie ihren Kunden auf diesen Wachstumsmarkt folgen wollte und nicht wegen einer angeblichen Geltungssucht des damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), sagte Faltlhauser.

Schwere Vorwürfe gegen den früheren Bankvorstand

Vorstandschef Werner Schmidt habe Naser und ihn im Februar 2007 erstmals über den geplanten Kauf der Kärntener HGAA informiert. "Uns waren die Risiken und Gefahren bekannt. Wir haben die Risiken für beherrschbar gehalten und die Chancen erheblich größer eingeschätzt", sagte Faltlhauser mit Blick auf Korruptionsfälle, Verluste und IT-Probleme. "Wir hatten nie die Illusion gehabt, über blühende Wiesen in den Balkan zu wandern." Alle seien sich einig gewesen, dass der Kauf strategisch richtig und der Preis eher günstig gewesen sei. "Es herrschte damals fast unbegrenzter Optimismus" - die Lehman-Pleite sei erst eineinhalb Jahre später gekommen, sagte Faltlhauser - und erhob schwere Vorwürfe gegen den ehemaligen Vorstand der Landesbank.

Nach Faltlhausers Aussage legte die Bankspitze den Kontrolleuren des Verwaltungsrats im Sommer 2007 die möglicherweise entscheidende Risikoprüfung nicht vor. "Das wäre ein Rotlichtzeichen gewesen", sagte der ehemalige Finanzminister.

Faltlhauser erhob insgesamt drei gravierende Vorwürfe gegen den früheren Bankvorstand: Nach Darstellung des langjährigen Finanzministers fehlte nicht nur der Prüfbericht. Außerdem verzichtete nach Faltlhausers Darstellung der Vorstand auf einen Preisabschlag von über 200 Millionen Euro, der sich aus den bis Frühjahr 2007 bekannten HGAA-Risiken ergeben hätte. Und laut Faltlhauser stimmte der Verwaltungsrat drittens auch niemals dem Verzicht auf Gewährleistungsansprüche gegen die Kärntner Landesholding zu, dem früheren Haupteigentümer der HGAA.

Das hatte die BayernLB aber 2007 in einem Brief an die Kärntner Geschäftspartner behauptet - unterzeichnet vom damaligen Justiziar: Faltlhauser und andere CSU-Politiker hätten bei einem Gespräch mit dem früheren Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider am 16. Mai 2007 darüber Einverständnis erzielt. Faltlhauser bezeichnete das als falsch. "Dieses Treffen war allein ein protokollarisches, es gab keinerlei Preisverhandlung und keinerlei Vertragsverhandlung."

Faltlhauser warf der Opposition eine Vorverurteilung vor und zitierte das SPD-Ausschussmitglied Inge Aures mit dem Satz: "Die gehören alle ins Gefängnis." Ein solches Verhalten samt Strafanzeige gegenüber geladenen Zeugen sei einmalig der deutschen Parlamentsgeschichte.

Nasers Brief im Wortlaut

Nasers Brief im Wortlaut

Dr. Siegfried Naser

Geschäftsführender Präsident a. D.

c/o Sparkassenverband Bayern

80331 München

Herrn Oberregierungsrat

Tobias Geiger

Bayerischer Landtag

Betreff: Zeugeneinvernahme

Sehr geehrter Herr Geiger, ich danke für die Information. Für meine Stellungnahme zu Beginn benötige ich ca. zwei Stunden (ca. 40 Textseiten). Ich empfehle daher, Hernn Professor Dr. Faltlhauser frühestens auf 14 Uhr zu laden.

Zu den Reisekosten: Ich wohne von der nächsten Bahnhaltestelle in Würzburg ca. 30 Kilometer entfernt und kann mit öffentlichen Verkehrsmitteln am 28. September 2010 nicht direkt von meiner Wohnung nach München reisen, um dort bis 9:30 Uhr einzutreffen. Fahre ich mit dem Privatfahrzeug um 6:00 Uhr los, so besteht auf der Fahrtstecke (Nürnberg-München) immer eine mehrfache Staugefahr. Es kann daher möglich sein, dass ich zu spät komme. Ich reise daher am 27. September 2010 an und nehme ein günstiges Hotel (zwei Sterne), was aber auch im Zeitraum des Oktoberfestes 179 Euro kostet. Ich gehe davon aus, dass mir diese Kosten erstattet werden. Sollte das nicht der Fall sein, so lassen Sie mich das wissen, weil ich dann erst am 28. September 2010 um 6:30 Uhr losfahren und - je nach Verkehrslage - gegebenenfalls auch unpünktlich ankommen werde.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Siegfried Naser (nach Diktat abwesend)

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