BayernLB und Hypo Alpe Adria:Ende des Größenwahns

Die leichtfertige Expansion der Landesbank in der Ära Stoiber wird immer mehr zur Belastung für die Regierung Seehofer.

Michael Frank, Martin Hesse und Klaus Ott

Bayerns Regierung spielt seit ein paar Tagen alle möglichen Szenarien durch, um auf alles eingestellt zu sein: auf eine Pleite der in Kärnten beheimateten Finanzgruppe Hypo Alpe Adria, auf deren Rettung wie auch auf deren Verstaatlichung durch die Republik Österreich. Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Georg Fahrenschon wollten vor Beginn der entscheidenden Verhandlungsrunden vorbereitet sein. Am Donnerstag traf sich in München in der Konzernzentrale der Bayerischen Landesbank (BayernLB) der Aufsichtsrat der Hypo Alpe Adria. Am Freitag beraten die Gesellschafter der Finanzgruppe in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt im Süden Österreichs, in der Zentrale der Hypo Alpe Adria.

BayernLB und Hypo Alpe Adria: Ein Pleitegeschäft: Mit der Übernahme der Finanzgruppe Hypo Alpe Adria hat sich die BayernLB offenbar verhoben.

Ein Pleitegeschäft: Mit der Übernahme der Finanzgruppe Hypo Alpe Adria hat sich die BayernLB offenbar verhoben.

(Foto: Foto: dpa)

Die vor allem auf dem Balkan agierende Finanzgruppe war 2007 von der BayernLB teuer gekauft worden und hat seither wiederholt Geld gebraucht, insgesamt zwei Milliarden Euro. Nun sind wegen fauler Kredite auf dem Balkan weitere 1,5 Milliarden Euro fällig, sonst ist die Hypo Alpe Adria pleite. Dann wäre auch das Bundesland Kärnten ruiniert, das mit fast 20 Milliarden für die Finanzgruppe haftet. Den Freistaat Bayern und dessen Landesbank würde ein Zerfall der Hypo Alpe Adria noch einmal mehrere Milliarden Euro kosten. Das sind düstere Aussichten. Der Freistaat hat 2008 bereits zehn Milliarden Euro neue Schulden gemacht, um seine BayernLB zu retten, und mit ihr die Hypo Alpe Adria.

In München, Klagenfurt und auch in Wien wird heftig geschachert. Bayerns Regierung soll sogar bereit sein, die Hypo Alpe Adria an Österreich zu verschenken; Hauptsache, aus München müsse kein Geld mehr fließen. Man habe ein "substanzielles Angebot" vorgelegt, erklärte Fahrenschon. Der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) entgegnete, es gehe nicht, "dass man uns das Thema einfach rüberschiebt". Die Österreicher nähmen das Kreditinstitut aus Kärnten also nicht einmal umsonst zurück. Finanzminister Josef Pröll von der konservativen ÖVP hält den politischen Freunden in München einen Verfassungsgrundsatz vor, den sonst gerne die Linken benutzen: "Eigentum verpflichtet." Die drei Gesellschafter der Hypo Alpe Adria - die BayernLB, Kärnten und der Versicherer Grazer Wechselseitige (Grawe) - seien gefordert. Pröll diktiert knallharte Bedingungen für eine Hilfe aus Wien: viel Geld von den Gesellschaftern, die Zahlungsfähigkeit der Hypo Alpe Adria müsse für längere Zeit gewährleistet werden, deren Risiken seien abzusichern, und ein dauerhaft tragfähiges Konzept müsse her. Das könnte auf lange Sicht richtig teuer werden.

In Verhandlungskreisen ist von einem Rückzug der Hypo Alpe Adria vom Balkan die Rede, wo die Tochterbank der BayernLB großzügig Hotels, Leasinggeschäfte, zum Beispiel mit Autos, und andere Projekte finanziert hat, die sich nun als Fehlinvestition erweisen. In Bulgarien sollen teure Luxusfahrzeuge verschwunden sein. Die Übernahme der Kärntner Bank durch die BayernLB entwickelt sich für die Regierung in München zu einem immer größeren Desaster, wirtschaftlich wie politisch. Ministerpräsident Seehofer und seine Parteifreunde aus der CSU kommen nicht mehr umhin, die leichtfertige Expansion der Landesbank nach Österreich und auf den Balkan schonungslos aufklären zu lassen.

Finanzminister Georg Fahrenschon hat die Düsseldorfer Anwaltskanzlei Hengeler Müller beauftragt, die Haftung des Vorstands und des Verwaltungsrats der BayernLB zu prüfen. Hengeler Müller, das ist jene Kanzlei, die im Schmiergeldskandal bei Siemens im Auftrag des Konzerns dafür gesorgt hat, dass der langjährige Vorstandschef Heinrich von Pierer fünf Millionen Euro Schadenersatz zahlt. Acht weitere Ex-Manager berappen bis zu vier Millionen Euro. Pierer war einst "Mr. Siemens"; eine herausragende Figur in der deutschen Wirtschaft.

Steht solch ein Schock nun auch der CSU bevor, weil sich das Erbe des langjährigen Ministerpräsidenten und Parteichefs Edmund Stoiber als Belastung erweist? Stoiber wollte immer ganz vorne sein. In diesem Klima ist der Größenwahn bei der Landesbank gediehen, der für Stoibers Weggefährten böse enden könnte. Dass ein amtierender Minister energische Anwälte auf etliche Vorgänger und altgediente Parteifreunde ansetzt, das hat es in den gut fünf Jahrzehnten, in denen die CSU in Bayern schon an der Macht ist, noch nicht gegeben. Käme die Kanzlei Hengeler Müller zu dem Ergebnis, Vorstand und Verwaltungsrat seien für Milliardenrisiken verantwortlich, müssten Ex-Minister wie Kurt Faltlhauser (siehe Grafik) wohl zahlen. Die Aufregung in Bayern ist jetzt schon groß, auch wegen des mit 50000 Euro dotierten Beratervertrags der österreichischen Finanzgruppe für Ex-Landesbank-Chef Werner Schmidt. Von "Selbstbedienung" ist die Rede. Gegen Schmidt ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Seehofer will wohl den Ausflug auf den Balkan beenden. Hauptsache, man ist die marode Finanzgruppe los. Kärntens Regierung verschenkt derweil die Reste von dem Geld, das die BayernLB für die Hypo Alpe Adria gezahlt hat, in der Bevölkerung. Bald ist Weihnachten.

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