Fahrenschon und die BayernLB:Früherer Vorstand soll verklagt werden

Finanzminister Fahrenschon steht unter Druck: Die Opposition im Landtag erwartet von ihm, dass er auch gegen prominente CSU-Mitglieder vorgeht. Doch Fahrenschon und Seehofer haben ihren Schuldspruch schon gefällt.

Katja Auer

Die Schuldigen sind gefunden: Der Vorstand war's, das tun Ministerpräsident Horst Seehofer und Finanzminister Georg Fahrenschon am Dienstag im Landtag einhellig kund. Er sei zwar nicht zuständig, sagte Seehofer, aber für ihn steht fest, dass sich der ehemalige Vorstand der Bayerischen Landesbank für den Fehlkauf der Hypo Group Alpe Adria verantworten muss. "Dort, wo die rechtliche Bewertung klar ist wie bei der HGAA und ihrem Kauf, denke ich, wird es keine großen kontroversen Debatten geben."

Georg Fahrenschon

Finanzminister Georg Fahrenschon steht gewaltig unter Druck. Die Opposition im Landtag erwartet von ihm, dass er auch gegen frühere Verwaltungsräte der Landesbank, allesamt prominente CSU-Mitglieder, juristisch vorgeht, ehe etwaige Schadensersatzansprüche verjähren.

(Foto: ap)

Und Fahrenschon kündigte bei der Ministerbefragung im Plenum an, "dass der Verwaltungsrat sowohl zivil- wie auch dienstvertragliche Maßnahmen einleiten wird". Er will den früheren Vorstand um Werner Schmidt wegen der Milliardenverluste durch den Kauf der österreichischen Skandalbank auf Schadenersatz verklagen, außerdem könnte es Kündigungen von Verträgen und die Einstellung laufender Leistungen geben. Über konkrete Maßnahmen will der Verwaltungsrat, dem Fahrenschon vorsteht, am Montag entscheiden.

"Unternehmen Sie mal was!"

Über den früheren Verwaltungsrat allerdings, und damit eine ganze Reihe von Parteifreunden, äußert sich Fahrenschon äußerst zurückhaltend. Am Sonntag war er mit Seehofer und Innenminister Joachim Herrmann, der ebenfalls dem Verwaltungsrat angehört, zusammengesessen, um das weitere Vorgehen zu beraten. Die Behauptung sei jedoch falsch, man habe ausgelotet, ob Klagen gegen CSU-Mitglieder vermeidbar seien, sagte Fahrenschon auf den Vorwurf der Opposition.

Vielmehr müsse der Ministerpräsident über derart wichtige Vorgänge informiert werden. Günther Beckstein wäre von etwaigen Klagen betroffen, Erwin Huber, Kurt Faltlhauser und der CSU-Fraktionschef Georg Schmid ebenfalls. Auch Regensburgs Oberbürgermeister Hans Schaidinger, der am Dienstag wieder erklärte, dass er seine Arbeit als Verwaltungsrat immer ordentlich gemacht habe, könnte betroffen sein.

"Jetzt hauen Sie auf den Tisch und unternehmen Sie mal was", schimpfte die SPD-Abgeordnete Inge Aures, die Vizechefin der Landesbank-Kontrollkommission. Denn für die Opposition steht spätestens seit Freitag fest, dass die Verwaltungsräte mitschuldig sind am Milliardendebakel der Landesbank. Das geht aus einem Gutachten der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg hervor - untersucht wurde aber nicht der Kauf der HGAA, sondern die Geschäfte der Bank mit strukturierten Wertpapieren.

Zur Klarstellung: Inzwischen befassen sich drei Untersuchungen mit den Vorgängen, die die Landesbank in die Krise und den Freistaat in die Verschuldung führten. So untersuchte die Kanzlei Hengeler Müller den Kauf der HGAA. Dieses Gutachten wurde am Montagabend dem Verwaltungsrat der BayernLB vorgelegt und kommt zum Schluss, dass der ehemalige Vorstand für den Fehlkauf haftbar gemacht werden kann.

"Schaden am bayerischen Staatsvermögen"

Zwei andere Expertisen beschäftigen sich mit den weiter zurückliegenden Spekulationen auf dem US-Hypothekenmarkt, dessen Zusammenbruch die Landesbank so tief in die Krise stürzte, dass der Freistaat sie mit zehn Milliarden Euro stabilisieren musste. Wiederum die Experten von Hengeler Müller sehen darin weder eine Schuld des Vorstands noch der Verwaltungsräte. Die Finanzkrise sei nicht vorhersehbar gewesen. Sie untersuchten die Vorgänge im Auftrag der Landesbank.

Ein zweites Gutachten gab der Landtag bei Flick Gocke Schaumburg in Auftrag, und die kamen zu einem gegensätzlichen Ergebnis, das sie am vergangenen Freitag vorstellten: Der Vorstand habe seine Kompetenzen überschritten, den Verwaltungsrat schlecht informiert und seine unternehmerische Sorgfaltspflicht "in grober Weise schuldhaft verletzt". Aber auch für ein grob fahrlässiges Verhalten der Verwaltungsräte gebe es deutliche Anhaltspunkte, urteilt die Kanzlei.

Das müsse man ja alles erst einmal lesen, sagte Fahrenschon vor dem Plenum und bat um Verständnis. 1300 Seiten umfasst das Gutachten von Flick Gocke Schaumburg, noch einmal 900 Seiten die neueste Expertise von Hengeler Müller. Er wolle alle Erkenntnisse einbeziehen, sagte Fahrenschon, "zunächst müssen Sie uns aber die Zeit geben, die Gutachten auch ausführlich zu lesen".

Den Bock zum Gärtner gemacht

Doch die Zeit drängt. Die Opposition fürchtet, dass die Prüfung zu lange dauert, denn die Schadensersatzansprüche verjähren Ende 2010. Der Freistaat als Eigentümer der Landesbank müsse dafür Sorge tragen, "dass der Vorstand die früheren Verwaltungsräte verklagt und damit zur Kompensation des Schadens beiträgt", sagte der FW-Abgeordnete Bernhard Pohl. Es ist Sache des Vorstands, das frühere Aufsichtsgremium zu verklagen, das sei die aktienrechtliche Rechtslage, sagte Fahrenschon.

Der Grünen- Finanzexperte Eike Hallitzky warf Fahrenschon vor, er habe von Hengeler Müller Gefälligkeitsgutachten erstellen lassen, um den Verwaltungsrat reinwaschen zu lassen. Die Kanzlei sei schon früher für die Landesbank tätig gewesen, damit habe Fahrenschon "den Bock zum Gärtner gemacht". Wenn die CSU versuche, ihre Parteifreunde vor Klagen zu bewahren, "dann werden Ihnen die Grünen Begünstigung vorwerfen". Wenn er nicht alles tue, um möglichst viel Geld für die Landesbank zurückzuholen, verantworte Fahrenschon "Schaden am bayerischen Staatsvermögen".

Auch Inge Aures kritisierte die Beauftragung von Hengeler Müller und zitierte Erwin Huber aus Zeiten der Verwaltungsreform: "Man darf die Frösche nicht fragen, wenn man den Teich trockenlegen will."

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