BayernLB:Die Schwänzer von der Landesbank

Als der Verwaltungsrat über den Kauf der HGAA beriet, fehlten wichtige CSU-Politiker. Wo waren Erwin Huber, Günther Beckstein und Georg Schmid?

Klaus Ott

Im Skandal um das Milliardendesaster der Landesbank geraten drei wichtige CSU-Politiker in große Erklärungsnot. Der Fraktionschef im Landtag, Georg Schmid, sowie die früheren Minister Erwin Huber und Günther Beckstein haben im Jahr 2007 bei nahezu allen Verwaltungsratssitzungen der BayernLB gefehlt, bei denen es um den Kauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) aus Österreich ging. Der Verwaltungsrat hat die Aufgabe, die Landesbank zu beaufsichtigen, was bei der Übernahme der Hypo Alpe Adria offensichtlich nicht gewährleistet war.

Die Expansion nach Österreich und von dort auf den Balkan schlug fehl, BayernLB und Freistaat verloren 3,7 Milliarden Euro. Der vom Verwaltungsrat offenbar unzureichend kontrollierte Landesbank-Vorstand hatte einen verhängnisvollen Kaufvertrag abgeschlossen.

Dabei hatte sich das Aufsichtsgremium der Staatsbank BayernLB bei sechs Sitzungen vom März bis September 2007 mit dem Erwerb der vor drei Jahren bereits ziemlich maroden Hypo Alpe Adria befasst. Aus dem Kabinett des damaligen Regierungschefs Edmund Stoiber gehörten die Minister Kurt Faltlhauser (Finanzen), Erwin Huber (Wirtschaft) und Günther Beckstein (Inneres) sowie Innen-Staatssekretär Schmid dem Verwaltungsrat an.

Den Sitzungsprotokollen zufolge waren Huber und Beckstein aber bei keinem einzigen dieser sechs Treffen anwesend. Der später zum Fraktionschef aufgerückte Schmid ist lediglich bei einer Zusammenkunft im Juli 2007 als Teilnehmer verzeichnet. In der Regel wurden die drei CSU-Politiker von Mitarbeitern ihrer Ressorts vertreten.

Die Sitzungsprotokolle besagen, dass Bankchef Werner Schmidt, der die BayernLB ziemlich autoritär führte und der den Erwerb der Hypo Alpe Adria betrieb, dem Verwaltungsrat weder die Prüfberichte der zu Rate gezogenen Experten (Rothschild, Ernst& Young) noch den Kaufvertrag vorlegen musste. Die Prüfberichte enthielten zahlreiche alarmierende Hinweise zum Kauf der Kärntner Bank. Trotzdem übernahm der Vorstand der BayernLB mit Kaufvertrag sämtliche Risiken für Altlasten der Hypo Alpe Adria und verzichtete auf jegliche Garantien.

Dem Verwaltungsrat blieb das aber verborgen, da niemand nachhakte. Als Bankchef Schmidt am Tag nach der Vertragsunterzeichnung am 22. Mai 2007 bei einem Treffen des Verwaltungsrats von der Übernahme berichtete, gab es laut Niederschrift keine einzige Frage dazu, sondern nur großes Lob. Das sei eine "einzigartige strategische Chance", hieß es im Verwaltungsrat.

Bereits zwei Monate zuvor, als das Aufsichtsgremium erstmals über einen möglichen Erwerb der Kärntner Bank informiert worden war, hatte Finanzminister Faltlhauser die Richtung der Regierung vorgegeben. Für den Ruf und das Image der BayernLB sei es aus Sicht des Freistaats "erheblich negativ", wenn die Landesbank nach gescheiterten Expansionsversuchen in Österreich "erneut und wiederholt nicht zum Zuge käme", sagte Faltlhauser.

Der Finanzminister nahm als einziges Regierungsmitglied an allen Sitzungen teil, bei denen es bis September 2007 um den Kauf der Hypo Alpe Adria ging. Teilweise gab es dabei keinerlei Anmerkung der Verwaltungsräte zu diesem Thema. Das Aufsichtsgremium nehme den aktuellen Sachstand "ohne Wortmeldung" zur Kenntnis, steht in den Protokollen mehrerer Zusammenkünfte. Einen Monat später wurde das Geschäft vollzogen.

Das hat den früheren Minister und ehemaligen CSU-Chef Huber nach dem Reinfall mit der Hypo Alpe Adria allerdings nicht davon abgehalten, die Schuld für das Desaster beim alten Vorstand der Landesbank zu suchen. "Ich fühle mich getäuscht", sagte der CSU-Politiker Anfang 2010 in einem SZ-Interview. Für ihn sei beim Kauf der Hypo Alpe Adria "nicht erkennbar" gewesen, dass sich private Investoren an diesem Geschäft offenbar eine goldene Nase verdienten.

Huber: "Ich hatte da ein gutes Gewissen"

Als die SZ jetzt nachhakte und ihn damit konfrontierte, dass er bei den Verwaltungsratssitzungen vor drei Jahren ständig fehlte, lieferte Huber eine andere Erklärung: "Ich war vom Kauf der HGAA überzeugt und war gutgläubig, dass der Bank-Vorstand alle Möglichkeiten wahrnimmt, ein gutes Verhandlungsergebnis zu erreichen." Im Verwaltungsrat sei er meist von seinem Staatssekretär Hans Spitzner "gleichwertig" vertreten worden.

Dadurch sei der Informationsfluss an das Wirtschaftsministerium und an ihn, Huber, gewährleistet gewesen. "Ich hatte da ein gutes Gewissen." Seine ständige Abwesenheit sei nicht damit zu erklären, dass er wegen des parteiinternen Wahlkampfs um den CSU-Vorsitz im Jahr 2007 keine Zeit für die Landesbank gehabt hätte, sagte Huber.

CSU-Fraktionschef Schmid erklärt, im Landesbank-Gesetz sei der Ersatz für abwesende Regierungsmitglieder bei Verwaltungsratssitzungen eindeutig geregelt. Der jeweilige Vertreter sitze dort "mit vollem Vertretungsrecht, so dass die Interessen des Freistaats in jedem Fall gewahrt werden". Eine kühne Behauptung nach dem Verlust von 3,7 Milliarden Euro, den der Freistaat durch das Abenteuer seiner Landesbank mit der Hypo Alpe Adria gemacht hat.

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