BayernLB-Desaster:Ein Sonderkonto, das die Altlasten entsorgt

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In der Ära Stoiber hat die Regierung eine Geschäftspolitik geduldet, die den Freistaat nun viel Geld kostet.

Katja Auer und Klaus Ott

Horst Seehofer hätte diese Tage wahrlich anders verbringen können. Wenn alles gekommen wäre wie geplant, dann hätte er am Dienstag beim Parteitag der CDU in Stuttgart kräftig auf den Putz gehauen und Steuersenkungen gefordert. Dann hätte er am Mittwoch in München eine Regierungserklärung abgegeben, die mehr Lehrer, mehr Polizisten und allerlei Wohlfühlprogramme verspricht.

Neue Regierung, alte Regierung: Die Rolle von Edmund Stoiber im Desaster der BayernLB ist noch offen. (Foto: Foto: AP)

Stattdessen muss er heute seine erste Regierungserklärung dem Milliarden-Desaster der Bayerischen Landesbank widmen. Statt Investitionen muss er zehn Milliarden Euro Schulden verkünden, die der Freistaat macht, um das Eigenkapital der lädierten BayernLB aufzustocken. Den Beifall der Opposition kann er dafür nicht erwarten.

Eine schwere Hypothek zum Amtsantritt. Doch Seehofer hat sich längst eine "politische Überlebensstrategie" zurechtgelegt, wie es ein Landesbank-Insider formuliert, der die CSU-Spitze bestens kennt. So wie er schon seit seinem Amtsantritt immer wieder von der "alten" und seiner "neuen Regierung" spricht, wird er die Landesbank-Probleme ganz klar der alten zuordnen. "Die Ursachen dafür liegen in der Vergangenheit, sowohl im Geschäftsmodell als auch in Fehleinschätzungen", sagt Seehofer.

Der neue Finanzminister Georg Fahrenschon sagt "Fehlentscheidungen". Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) spricht schon längst von "Altlasten der alten Regierung". Die Trennung von alt und neu wird auch in der Ausweisung der zusätzlichen Belastungen deutlich: So werden die zehn Milliarden Euro unter einem Sonderposten im Staatshaushalt verbucht.

Seit 1993 hat die BayernLB mehr und mehr Geld in sogenannte ABS-Papiere gesteckt. Das sind Finanzpakete, die eine Vielzahl von einzelnen Krediten enthalten, vor allem aus dem inzwischen zusammengebrochenen US-Immobilienmarkt. Am Ende belief sich dieses Engagement auf 24 Milliarden Euro. Der Bankvorstand wollte das zwischenzeitlich sogar auf 58 Milliarden Euro aufstocken. Das sah ein Beschluss vom Oktober 2005 vor.

Das Aufsichtsgremium hat nicht nachgefragt

Zum Vergleich: Der Jahreshaushalt des Freistaats beläuft sich auf knapp 40 Milliarden Euro. Vorstandschef war damals Werner Schmidt. Den Verwaltungsrat, der die Bank kontrolliert, informierte der Vorstand im August 2006 nur allgemein über die geplante Ausweitung des Engagements, "ohne Hinweis auf die Größenordnung".

So steht es im Schlussbericht des Untersuchungsausschusses im Landtag, der sich im Frühjahr mit der Landesbank-Affäre befasst hatte. Das bedeutet, dass der Bankvorstand sein Aufsichtsgremium nur zum Teil über die Finanzanlagen informiert hatte, die den Freistaat nun so viel Geld kosten.

Umgekehrt heißt es aber auch: Das Aufsichtsgremium, das die "Richtlinien der Geschäftspolitik" beschließt, hat nicht nachgefragt. Die Minister Günther Beckstein, Kurt Faltlhauser und Erwin Huber gehörten damals dem Verwaltungsrat an, dazu der heutige CSU-Fraktionschef Georg Schmid und Sparkassenpräsident Siegfried Naser.

Sie alle haben eine Geschäftspolitik geduldet, mit der sich die Landesbank immer weiter von ihrem Auftrag entfernte, die heimische Wirtschaft mit Kapital zu versorgen. Dass Seehofers neue Regierung das ebenso sieht, zeigen die Pläne, den Verwaltungsrat neu zu besetzen - auch mit externen Experten.

Spannend bleibt, ob Seehofer die Rolle von Edmund Stoiber anspricht. Der Ex-Ministerpräsident beruft sich heute darauf, die Geschäftspolitik der Landesbank sei "nie Thema" des Kabinetts gewesen. Trotzdem wurden in seiner Regierungszeit von 1993 bis 2007 all die folgenschweren Entscheidungen getroffen. Es wäre zumindest außergewöhnlich, wenn die Landesbank gerade Stoiber, der sich seinerzeit um alles selbst kümmern wollte, so gar nicht interessiert hätte.

© SZ vom 03.12.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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