BayernLB: CSU-Politiker unter Druck:Fahrlässig gehandelt, Sorgfaltspflicht verletzt

Ausgerechnet ein CSU-Mann kritisiert im Abschlussbericht des BayernLB-Ausschusses seine Parteikollegen. Eng wird es vor allem für Ex-Finanzminister Faltlhauser.

K. Auer u. M. Szymanski

Es ist ein CSU-Mann, der das über seine Parteifreunde sagt. "Deren Verhalten war nicht frei von Fehlern", sagt Thomas Kreuzer. Klingt gar nicht schlimm. Aber dahinter verbirgt sich Bemerkenswertes. Der CSU-Landtagsabgeordnete war mal Richter, nun hat er als Vorsitzender eines Untersuchungsausschusses ein Jahr lang ermittelt, ob die CSU-Politiker im Verwaltungsrat der bayerischen Landesbank ihren Job ordentlich gemacht haben.

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Die vormaligen CSU-Größen Kurt Faltlhauser, Günther Beckstein und Erwin Huber (von links) sollen beim Kauf der österreichischen Hypo Group Alpe Adria durch die BayernLB nicht umsichtig gehandelt haben. Die drei saßen damals im Verwaltungsrat der landeseigenen Bank, Faltlhauser war zeitweise sogar Chef des Gremiums.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Das haben sie nicht.

Kreuzer kommt zu dem Schluss, dass die CSU-Größen wie der frühere Parteichef Erwin Huber, der ehemalige Ministerpräsident Günther Beckstein und der CSU-Fraktionsvorsitzende Georg Schmid ihre Sorgfaltspflicht verletzt und beim Kauf der österreichischen Hypo Group Alpe Adria fahrlässig gehandelt haben. Vielleicht sogar grob fahrlässig agierte der ehemalige Finanzminister Kurt Faltlhauser. Der wechselte sich mit dem damaligen Sparkassenpräsidenten Siegfried Naser als Chef des Verwaltungsrats ab.

Sie haben auf den Bankvorstand vertraut, anstatt nachzubohren, haben sie sich mit dürftigen Informationen abgefunden. Das hätten sie nicht tun dürfen, sagt Kreuzer. In seinem Abschlussbericht, den er am Donnerstag vorlegte, ist von einer "Holschuld" die Rede. Besonders für die Chefkontrolleure. "Vor diesem Hintergrund kann der Untersuchungsausschuss das Vorliegen grober Fahrlässigkeit weder sicher annehmen noch ausschließen", steht da. Die Landesbank, die inzwischen zu nahezu 100 Prozent dem Freistaat gehört, kostete das Fehlgeschäft mit der HGAA 3,7 Milliarden Euro.

Es ist der erste Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag seit vielen Jahrzehnten, in dem die CSU keine Mehrheit hat. Deshalb ist der Donnerstag auch der Tag von Karsten Klein, dem FDP-Vertreter im Ausschuss. Eine halbe Stunde nach dem Vorsitzenden stellt er den Bericht vor. Wochenlang haben sie um eine gemeinsame Fassung gerungen, ein Koalitionskrach soll nur knapp vermieden worden sein.

Jeder Satz klingt wie eine Anklage

Klein, 33, Parlamentsneuling, hatte im Wahlkampf mit einem Foto von sich geworben, das zeigt, wie er in eine Zitrone beißt. Dass die CSU einmal einen Bericht unterschreiben muss, in dem sich ihre Parteifreunde vorwerfen lassen, sie hätten fahrlässig, wenn nicht gar grob fahrlässig gehandelt, geht auf seine Beharrlichkeit zurück. Das sagen sie auch in der CSU.

Jetzt kostet er den Moment aus. "Ich halte fest", sagt er und zählt auf, dass alle Verwaltungsräte sorgfaltswidrig handelten und auch fahrlässig. Alle seien ihren Aufsichtspflichten nicht nachgekommen. Fast jeden Satz beginnt er mit "Ich halte fest ...", und fast jeder klingt wie eine Anklage.

Es sei kein bequemer Weg für seine Partei gewesen, sagt Ministerpräsident Horst Seehofer an diesem Tag. Es ist Plenartag im Landtag, der Bericht bestimmt das Tagesgespräch. Seehofer sagt, er habe ihn noch nicht gelesen. Aber er lobt die transparente Aufklärung. Es wird bereits erzählt, Seehofer wolle Kreuzer als Belohnung für die Ausschussarbeit ins Kabinett holen. Der CSU-Chef hat zu Beginn seiner Amtszeit immer von der "alten Regierung" gesprochen, immer klar gemacht, dass es nicht die Schuld der Seinen war, dass der Freistaat die Landesbank mit zehn Milliarden Euro stützen musste. Aber so einfach ist es nicht. Längst nicht alle in der CSU wollten die Distanzierung von den Altvorderen, weil es eben auch die alte CSU war, die Wahlergebnisse holte, von denen sie heute nur träumen können.

Lange hatte man in der CSU geglaubt, die ehemaligen Verwaltungsräte der BayernLB könnten unbelastet aus der Affäre gehen. Als das überflüssigste Gremium aller Zeiten wurde der Landesbank-Untersuchungsausschuss abgetan, die Opposition, die seine Einsetzung forderte, für ihren Aufklärungseifer beschimpft. Die Verantwortung sollte auf den Bankvorstand geschoben werden, gegen den ermittelt die Staatsanwaltschaft. Dass die Manager die Hauptschuld tragen am HGAA-Desaster, darüber besteht Einigkeit. "Der Vorstand hat sich bei diesem Geschäft schuldhaft verhalten", sagt Ausschusschef Kreuzer. Er habe die Risiken nicht ausreichend geprüft. "Die Bank hätte zu diesem Preis und unter diesen Konditionen nicht gekauft werden dürfen." Aber das hatte das Aufsichtsgremium eben nicht gemerkt.

Nun muss der Bankvorstand entscheiden, ob er eine Klage gegen Faltlhauser und Naser anstrengt. Stellt ein Gericht eine grobe Fahrlässigkeit fest, müssen sie möglicherweise Schadenersatz leisten. FDP-Mann Klein will keine Empfehlung abgeben, Fakt sei, dass dem Vorstand der Weg offenstünde. "Bei dieser Sachlage würde ich nicht klagen", sagt dagegen Kreuzer. Das ist alles, was er noch für die Parteifreunde tun kann.

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