Landesbank, nächster Akt: Am heutigen Donnerstag trifft sich der Verwaltungsrat des staatlichen Kreditinstituts erneut, um ein weiteres Mal über Schadensersatzforderungen gegen Manager und Politiker zu beraten. Dieses Mal geht es um horrende Einbußen und Risiken beim Handel mit sogenannten ABS-Papieren aus dem US-Immobilienmarkt, die sich letzten Endes als Schrottanleihen erwiesen. Die BayernLB musste mehrere Milliarden Euro Verlust verkraften, wie später auch bei der österreichischen Hypo Alpe Adria.
Ex-Ministerpräsident Günther Beckstein CSU
(Foto: AP)In der Causa Hypo Group Alpe Adria soll der alte Vorstand um Ex-Bankchef Werner Schmidt Schadensersatz zahlen. So hat es der Verwaltungsrat, der die Staatsbank beaufsichtigt, bereits beschlossen. Nun könnten zusätzliche Forderungen hinzukommen. Und zwar nicht nur gegen das ehemalige Management. Sondern auch, das ist der Unterschied, gegen prominente CSU-Politiker wie Erwin Huber, Günther Beckstein, Kurt Faltlhauser und Georg Schmid, die früher die BayernLB kontrolliert haben. Dem von Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) geleiteten Verwaltungsrat liegt dazu ein 1300 Seiten starkes Gutachten der Anwaltskanzlei Flick Gocke Schaumburg (FGS) vor.
Die vom Landtag in Auftrag gegebene Expertise enthält schwere Anschuldigungen, die im Detail öffentlich bisher nicht bekannt waren. Das Gutachten besagt nach Informationen der Süddeutschen Zeitung, der ehemalige Verwaltungsrat mit CSU-Politikern wie Huber und Schmid habe trotz fehlender Sachkenntnis über Jahre hinweg in 62 Fällen "ohne Wortmeldungen" und "ohne Gegenstimme" den Ankauf von ABS-Papieren und ähnlichen Finanzanlagen in Höhe von insgesamt vielen Milliarden Euro genehmigt.
2007 hätten sich die damaligen Kontrolleure dann nach Beginn der Krise im US-Immobilienmarkt und deren Übergreifen auf die Finanzbranche zu spät über die Folgen für die Landesbank informiert. Die Mitglieder des alten Verwaltungsrats "haben daher ihre Überwachungspflicht verletzt", schreiben die Gutachter.
Der Landtag will die wichtigsten Passagen der Expertise im Original-Wortlaut im Internet veröffentlichen, das ist allerdings noch nicht geschehen. Es dauert offenbar länger als geplant, um eine Fassung zu erstellen, die keine Geschäftsgeheimnisse der Landesbank enthält. Derweil beschäftigen sich die heutigen Verantwortlichen der Landesbank bereits mit den Vorwürfen, aber hinter verschlossenen Türen. Manche Anschuldigungen gegen Huber, Faltlhauser & Co. wirken wie Realsatire. FGS schreibt, die Stellung als Verwaltungsrat "verpflichtet nicht zur Lektüre einer bestimmten Zeitung". Zu den Mindestanforderungen an solche Kontrolleure dürfte es aber gehören, "irgendeine Quelle für Wirtschaftsnachrichten zu nutzen". 2007 habe es in vielen Medien Hinweise auf die einsetzende Krise gegeben. Der damalige Verwaltungsrat hätte daher nachforschen müssen, ob und inwieweit die Landesbank betroffen sei. Das sei jedoch nicht geschehen.
Von den früheren Vorständen und Verwaltungsräten war nur Ex-Finanzminister Kurt Faltlhauser bereit, FGS Auskunft zu geben. Unter Berufung auf das Gespräch mit Faltlhauser notierte FGS, der damalige Finanzminister habe "die Technik und Funktionsweise der ABS-Papiere im Detail erst im Sommer 2007 nach Eintritt der Krise gelernt".
Das FGS-Gutachten steht in Widerspruch zu einer von Fahrenschon in Auftrag gegebenen Expertise der Kanzlei Hengeler Mueller, die besagt, es gebe bei den ABS-Papieren keine Grundlagen für Schadensersatzforderungen gegen den alten Vorstand und Verwaltungsrat. Das seien aber, so Hengeler Mueller, nur "vorläufige Ergebnisse". Schließlich ermittele die Staatsanwaltschaft in München noch gegen Ex-Manager der BayernLB.