BayernLB:Bayern fordert Landesbank-Milliarden

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Der Kurswechsel ist deutlich, Missverständnisse sind ausgeschlossen: Finanzminister Markus Söder fordert eine zügige Rückzahlung der Milliarden, die der Staat für die Rettung des maroden Geldinstituts bereitgestellt hat. Auch die Sparkassen geht er frontal an.

Mike Szymanski

Für die Bayerische Landesbank und die Sparkassen rückt der Zahltag näher. Drei Jahre nach ihrer Rettung durch Milliardenkredite und Garantien des Freistaats gehen die Verhandlungen mit der Brüsseler EU-Kommission über die Modalitäten der Rückzahlung jetzt in die Schlussphase. Bayerns neuer Finanzminister Markus Söder (CSU) machte am Mittwoch unmissverständlich klar, dass er nicht bereit ist, noch viel länger zu warten. Er will das seit Monaten ins Stocken geratene Beihilfeverfahren mit der EU-Kommission endlich abschließen, vor Weihnachten sogar noch die Grundzüge festklopfen. Drei Milliarden Euro erwarte der Freistaat von der Landesbank zurück, sagte Söder nach der Sitzung des Kabinetts - schon 2013 soll Geld zurückkommen. Dann ist die Landtagswahl.

Bayerns neuer Finanzminister Markus Söder (CSU) geht die Sparkassen und die Landesbank hart an: Er will das Geld, das der Staat dem Kritikinstitut geliehen hat, möglichst rasch zurück. (Foto: dpa)

Es ist schon ein bemerkenswerter Auftritt von Söder am Mittwoch im Konferenzraum der Staatskanzlei. Es sind nicht sonderlich viele Journalisten gekommen, weil auf der Tagesordnung eigentlich nur ein Zustandsbericht zu Bayerns Wäldern steht. Hier geht es aber heute um einen ganz anderen Zustandsbericht. Kaum ein anderes Ereignis hat das Selbstbewusstsein der Bayern so tief getroffen wie das Debakel um die Landesbank, die sich in den Stoiber-Jahren marode Kreditinstitute und faule Papiere hat andrehen lassen. Am Ende musste sie der Freistaat mit zehn Milliarden Euro Kapital vor dem Untergang retten. Die Landesbank-Pleite war eine Demütigung für den Freistaat, dessen CSU-Regierungen sich früher immer so viel auf ihre wirtschafts- und finanzpolitischen Kompetenzen einbildeten.

Jetzt steht Söder um die Mittagszeit in der Staatskanzlei und hält die Hand auf. Er will Geld zurück und Ansehen. Sein Chef, Ministerpräsident Horst Seehofer, war, als er 2008 das politische Erbe seiner Vorgänger antrat, fast daran verzweifelt. Es gab Sitzungen der CSU-Fraktion, da war von einer drohenden Kernschmelze die Rede. Die Krise drohte auch die CSU zu zerreißen - ihre führenden Köpfe waren Aufseher der Bank: Kurt Faltlhauser, Günther Beckstein, Erwin Huber, Georg Schmid. Die Ankläger saßen in den eigenen Reihen. Es ist also ein bezeichnender Moment, als sich Staatskanzleichef Thomas Kreuzer zu Beginn der Pressekonferenz in der Staatskanzlei hinstellt und ihm rausrutscht, der Punkt Landesbank sei nun abgehakt.

Abgehakt? So kann man das wohl nicht sehen. Drei Milliarden können nur ein Anfang sein. Es steht noch ganz viel Arbeit an.

Unverkennbar ist aber der Kurswechsel, den die Staatsregierung unter Söder vollzogen hat. Söder geht die Sparkassen frontal an, sein Vorgänger Georg Fahrenschon (CSU) hatte sie geschont. Es ist ein Zufall, aber was für einer: Ausgerechnet an diesem Mittwoch wählen in Berlin die Sparkassenfunktionäre Georg Fahrenschon zu ihrem neuen Präsidenten. Sie hatten sich keinen besseren Lobbyisten vorstellen können. In Bayern hat nun Söder das Sagen, und er schont die Sparkassen nicht: "Wir sehen die Sparkassen in gleicher Verantwortung wie den Freistaat." Beide waren damals Eigentümer - jeweils zur Hälfte. Nun erwarteten der Freistaat und die EU-Kommission einen "substantiellen Beitrag". Er erinnerte noch mal daran, dass Bayern "damals in der Krisensituation weitgehend alle Schwierigkeiten übernommen" habe und die Bank allein rettete. Seither halten die Sparkassen nur noch knapp sechs Prozent. Ohne Beitrag der Sparkassen sei das Beihilfeverfahren mit der EU "in der Zügigkeit schwer abzuschließen".

Söder droht den Kreditinstituten - sie wollten am Ende doch sicher nicht Gefahr laufen, in ein abgetrenntes, eigenes Verfahren mit der EU zu geraten. Solche Töne haben sich Sparkassenfunktionäre in Bayern schon lange nicht mehr von einer Staatsregierung anhören müssen.

Theo Zellner, Chef des bayerischen Sparkassenverbandes, bestätigte der Süddeutschen Zeitung: "Wir sind sowohl mit dem Finanzministerium und der Bank seit kurzem über den Lastenbeitrag der Sparkassen im Gespräch." Auch er hofft nun auf Fortschritte im Beihilfeverfahren. "Wir sind zielorientiert. Auch die Sparkassen wollen, dass das Verfahren zu Ende gebracht wird." Zu Größenordnungen wollte er sich jedoch nicht äußern.

Die Sparkassen kommen nicht länger an einem stärkeren eigenen Beitrag vorbei. Jetzt geht es um den Preis. Diskutiert werden zwei Wege, wie sich die Sparkassen an der Rettung beteiligen können. Es zeichnet sich ab, dass die Sparkassen der BayernLB die Landesbausparkasse (LBS) abkaufen. Das wollen sie schon lange. Weil die Sparkassen heute schon einen Großteil der Finanzprodukte der LBS vertreiben, fühlen sie sich als der natürliche Partner. Ein Kaufpreis, der zwischen 1,1 und 1,5 Milliarden Euro liegt, wird momentan in Regierungskreisen diskutiert. Aber den Sparkassen ist das offenbar zu teuer. Zellner hat Seehofer einen Brief geschrieben. Aus seiner Sicht überfordert der Freistaat die Sparkassen. Wie die SZ erfuhr, haben sie ihrerseits ein Gutachten in Auftrag gegeben, um den Wert der LBS zu ermitteln. "Bei der Landesbausparkasse muss ein fairer Preis auf Basis der Bewertungsgutachten ausgehandelt werden", erklärte Zellner.

Je nachdem wie viel Geld über den Kauf der LBS erlöst wird, steht noch ein zweiter Weg offen: Die Sparkassen könnten stille Einlagen bei der Landesbank von etwa 800 Millionen Euro in Eigenkapital umwandeln. Auch hierzu äußert sich Zellner nur zurückhaltend: Dies sei nur "bedingt geeignet", weil jede Sparkasse für sich über ihre stillen Einlagen zu entscheiden habe und daher manche Institute mehr, andere weniger bei der Landesbank engagiert seien. Beim Sparkassenverband ist man der Meinung, mit dem Verlust großer Anteile der Landesbank habe man schon genug geblutet.

Auch auf die Landesbank selbst kommen große Veränderungen zu. Sie wird nach dieser Krise eine andere Bank sein. Söder beschreibt das so: "Weniger international, mehr regional, weniger Konzerne, mehr Mittelstand, weniger Politik, mehr Unabhängigkeit." Von der Wohnungsbaugesellschaft GBW wird sie sich wohl ebenso trennen wie von der LBS. Die ungarische Tochterbank MKB, die nur Probleme macht, wäre sie wohl schon los, wenn es denn Käufer gäbe. Auch das Amerika-Geschäft soll die Landesbank zurückfahren, womöglich sogar weitgehend aufgeben. Es wird eine kleine Landesbank übrigbleiben. Eine, die nie wieder so einen großen Schaden anrichten können soll.

© SZ vom 1.12. 2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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