Süddeutsche Zeitung

Zugspitze:Dienstherr über Deutschlands höchstes Skigebiet

Matthias Stauch ist der Chef der Bayerischen Zugspitzbahnen. Er muss sich mit vielen Unwägbarkeiten befassen - und dazu zählt nicht nur das Wetter.

Von Matthias Köpf

Wenigstens damit, dass sie jedes Jahr die Ersten sind, kann Matthias Stauch recht sicher rechnen. Denn das Skigebiet auf der Zugspitze ist - genau wie der Berg - das höchste in Deutschland. Darüber hinaus muss sich Stauch als Chef der Bayerischen Zugspitzbahnen aber mit vielen Unwägbarkeiten auseinandersetzen. Das Wetter etwa sei "leider nicht planbar", sagt er. So zeigten die Webcams am Gipfel zum Saisonstart am vergangenen Freitag zeitweise ein einheitliches Wolkengrau, das kaum von bunten Skijacken durchdrungen wurde.

Allein diese Wolken hätten die Freude über den pünktlichen Saisonauftakt auch kaum trüben können. Denn während es früher oft schon im Oktober losging, habe man zuletzt oft gezittert und verschoben und manchmal erst irgendwann im Dezember die Lifte laufen lassen können, sagt Stauch. Doch dieses Jahr hat es Ende Oktober geschneit, und kalt genug war es auch. Dazu kommt der Schnee aus dem Vorjahr, den die Pistenraupen seit 2016 immer im Frühjahr an schattigen Stellen des Zugspitzplatts zusammenschieben.

Mit diesem sogenannten Snowfarming haben sie heuer 350 000 Kubikmeter Schnee über den Sommer gebracht, ungefähr zwei Drittel der aufgehäuften Menge. So wie diese künstlichen Gletscher schmelzen sommers auch die natürlichen dahin. Aus dem Nördlichen Schneeferner ragten die Felsrücken zuletzt wieder ein bisschen weiter heraus als ein Jahr zuvor. Kaum irgendwo lässt sich der Klimawandel so gut mit eigenen Augen erkennen wie auf Deutschlands höchstem Berg.

Drunten in Garmisch-Partenkirchen gilt Stauch, der als Zeitsoldat bei der Bundeswehr Betriebswirtschaft studiert hat, als Zahlenmensch. Seit 2011 war er Kaufmännischer Vorstand der gemeindeeigenen Zugspitzbahnen, seit einigen Wochen steht er ohne Technischen Vorstand allein an der Spitze. Für Stauchs Planungen bringt der fortschreitende Klimawandel neue Unsicherheiten - auch wenn das Skigebiet, das jedes Jahr als erstes in Deutschland den Betrieb aufnimmt, wahrscheinlich eines Tages auch als letztes endgültig den Betrieb einstellen wird. Zuletzt haben die Geologen den Permafrost im Gipfel aber noch als stabil genug erachtet, um eine neue Bergstation für eine neue Seilbahn darauf zu bauen.

Zu Weihnachten 2017 wurde die 50 Millionen Euro teure Bahn eröffnet, die technisch etliche Rekorde hält. Zu solchen Gelegenheiten trägt der 58-jährige Garmischer Stauch dann seinen hirschhorngeknöpften Dienstjanker, in dem er noch öfter zu sehen ist als in der Skijacke mit dem Zugspitz-Logo. Der Bau der Seilbahn lief terminlich und finanziell fast wie am Schnürchen, doch schon im ersten Sommer rauschte bei einer Übung wegen eines Materialfehlers ein unbesetzter Bergekorb von oben in eine ebenfalls leere Gondel.

Der Start in den Winter geriet auf der Zugspitze unverhofft stürmisch

Die neue Bahn stand drei Monate still, und doch schloss das Jahr 2018 mit einem Rekordergebnis, Stauch konnte nach vielen mageren Jahren endlich wieder einen nennenswerten Gewinn an die Garmischer Gemeindewerke überweisen. Der Erfolg ist auch einem nahezu grenzenlosen Marketing zu verdanken. Am Sonntag bricht Stauch zu einer fünftägigen Reise nach China auf, um sich dort mit wichtigen Reiseveranstaltern zu treffen.

Der Branche insgesamt gehe es gut, sagt Stauch, der seit Oktober auch dem Verband Deutscher Seilbahnen vorsitzt und so für die Betreiber von 210 Seilbahnen und 1350 Schlepplifte spricht. Dass es trotz des Klimawandels aufwärts geht, führt Stauch auf das wachsende Sommergeschäft zurück, das inzwischen oft fast die Hälfte des Umsatzes ausmache.

Der Start in den Winter geriet auf der Zugspitze dann unverhofft stürmisch. Statt vier von zwölf Liften gingen nur drei in Betrieb. Die Zahnradbahn stand still, weil Bäume auf die Strecke gestürzt waren, an der Talstation der Alpspitzbahn deckte der Sturm einen Teil des Dachs ab. Aber die Saison hat begonnen, fast wie geplant.

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SZ vom 16.11.2019/vewo
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