Wenn man nicht mehr weiterweiß – nein, dann bildet man heute keinen Arbeitskreis. Vielmehr holt man das Smartphone raus, macht Youtube auf und tippt ein paar Begriffe ein. Die Videoplattform darf als Heimat des anschaulichen Vormachens gelten: Unter den gefühlt dreiunddrölfzig Millionen Tutorials findet sich immer eines, das die Antwort auf die Frage bietet. Auf diese Weise können selbst Menschen mit zwei linken Händen lernen, eine Waschmaschine zu reparieren oder eine Radlbremse.
Oder man lernt, wie man Auto fährt. Eigentlich folgerichtig; trotzdem ist anzunehmen, dass sie neulich bei der Polizei Schwaben die Blitzerfotos verblüfft durchgeschaut haben. Denn hinter dem Steuer eines in Möttingen (Landkreis Donau-Ries) erwischten Fahrzeugs saß statt des männlichen Halters eine junge Frau. Eine zu junge. Ermittlungen zeigten, dass nicht der Mann gefahren war, sondern seine 15-jährige Tochter. „Gegenüber Beamten gab das Mädchen an, das Autofahren bei Youtube gelernt zu haben“, teilte die Polizei mit. Die Jugendliche erwartet nun eine Anzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis – während sich der Vater verantworten muss, die Ausführung des Gelernten zugelassen zu haben.
Aber auch diese Lektion muss man freilich erst mal mit Youtube lernen: dass nicht jede Anleitung gleich hilfreich ist. Zum Beispiel – aber das sind so was wie Extremfälle – glauben manche Absolventen der Youtube-Akademie, dass die Erde eine Scheibe ist, das Coronavirus eine Erfindung war und Echsenwesen die Menschheit unterwandert haben. So gesehen ist das Erlernen des Autofahrens via Internet nur bedingt empfehlenswert und kann trotzdem, verglichen mit anderen Optionen, eine der besseren Entscheidungen sein.
In jedem Fall ist der Einzug des Videostudiums in den Alltag nicht mehr zu stoppen. Es ist schlicht zu praktisch. Auf dem Redaktionsflur geht sogar die Anekdote eines jungen Assistenzarztes um, der sich – des Nachts in der Notaufnahme auf sich gestellt – einen Eingriff erst auf Youtube anschaute, bevor er ihn am Patienten wagte. Das Gerücht besagt auch, dass dieser den Eingriff überlebt habe. Gut möglich also, dass es im OP-Saal bald nicht mehr heißt: „Schwester, Skalpell, bitte!“ Sondern: „Schwester, Handy!“