Umwelt und Natur:Gericht kippt bayerische Wolfsverordnung

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Auch in Bayern dürfen selbst übergriffige Wölfe nicht einfach so geschossen werden. Dem hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof nun einen Riegel vorschoben. (Symbolfoto) (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof erklärt das Regelwerk für schnelle Abschüsse übergriffiger Wölfe für rechtswidrig – aus einem formalen Grund. Dennoch zeigt sich der klagende Bund Naturschutz damit zufrieden.

Von Christian Sebald

Am Ende hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof doch kurzen Prozess gemacht: Er hat noch am Tag der Gerichtsverhandlung in München die Wolfsverordnung der Staatsregierung für voraussichtlich rechtswidrig erklärt und damit das Regelwerk für schnelle Abschüsse übergriffiger Wölfe gekippt. Zwar hatten Beobachter fest mit einer solchen Entscheidung gerechnet. Aber sie gingen davon aus, dass diese erst mit ein oder zwei Tagen Abstand zu der Verhandlung ergehen wird, so wie es am VGH guter Brauch ist. Der Grund für den schnellen Beschluss ist aber, dass die Staatsregierung bei der umstrittenen Wolfsverordnung die einfachsten formalen Standards missachtet hat. Sie hat – entgegen ihrer Pflicht – die anerkannten Naturschutzverbände nicht angehört, bevor sie das Regelwerk erlassen hat. Deshalb ist die Verordnung hinfällig, so der VGH. Auf den strengen Schutz des Wolfes ging der VGH in seinem Urteil nicht ein.

Dabei hatte sich der Bund Naturschutz (BN), der gegen die Verordnung vor den VGH gezogen war, sich in seiner Klage vor allem auf die Lockerungen des Wolfsschutzes bezogen. „Denn für uns war von Anfang an klar, dass Teile der Wolfsverordnung nicht haltbar sind“, sagte BN-Chef Rchard Mergner in einer ersten Reaktion auf das Urteil. „Dass die Verordnung jetzt über einen Formfehler zu Fall gekommen ist, spielt im Grunde aber keine große Rolle.“ Die Hauptsache sei, dass Bayern jetzt zu einem „faktenbasierten und rechtskonformen Wolfsmanagement“ zurückkehren könne. Das sei auch eine gute Nachricht für die Almbauern und die anderen Weidetierhalter im Freistaat.

Die Staatsregierung hatte die Wolfsverordnung Ende April 2023 erlassen – kurz vor Beginn der Almsaison in diesem Jahr. Danach sollten Wölfe abgeschossen werden können, wenn sie zum Beispiel „über mehrere Tage hinweg in einem Umkreis von weniger als 200 Metern von geschlossenen Ortschaften oder von Menschen genutzten Gebäuden oder Ställen gesehen werden“. Besonderen Fokus richteten Ministerpräsident Markus Söder und sein Kabinett auf die Almen in den bayerischen Bergen, weil dort die Rinder, Schafe und anderen Nutztiere auf den Bergweiden ihrer Überzeugung nach nicht gegen Wolfsangriffe geschützt werden können. Dort sollte ein Wolf abgeschossen werden können, sobald er auch nur ein Nutztier reißt. Naturschützer hatten sofort kritisiert, dass alle diese Regelungen nicht mit dem strengen Schutz vereinbar sind, unter dem die Raubtiere international, auf EU-Ebene und nach deutschem Naturschutzrecht stehen.

Auf diese Kritik, die der BN ebenfalls detailreich in seiner Klage vorbrachte, ging der VGH nicht ein. Dabei hatte erst dieser Tage der Europäische Gerichtshof den strengen Schutz des Wolfes umfangreich bestätigt und damit – zumindest indirekt – auch die bayerische Wolfsverordnung für unhaltbar erklärt. Dem VGH reichte – wie im Verwaltungsrecht üblich – völlig aus, dass beim Erlass der Verordnung eine formale Vorgabe nicht erfüllt wurde, um das Regelwerk zu kippen. Die Staatsregierung hatte seinerzeit den Verzicht auf die Anhörung der Naturschutzverbände damit begründet, dass mit der Verordnung große Eile geboten sei, weil die Almsaison unmittelbar bevorstehe. Mit dem Urteil dürfte der Streit um die Wolfsverordnung aber nicht beendet sein. Ministerpräsident Söder hat wiederholt angekündigt, dass die Staatsregierung ein neues Regelwerk für schnelle Abschüsse vorlegen wird, sollte das bisherige gerichtlich verworfen werden.

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