Artenschutz in Bayern:Die Wolfsjagd kann beginnen

Artenschutz in Bayern: Wölfe, hier ein Tier im Freigelände des Nationalparkzentrums Falkenstein im Bayerischen Wald, machen vielen Menschen Angst. Sie selbst haben deswegen schlimmstenfalls den Abschuss zu befürchten.

Wölfe, hier ein Tier im Freigelände des Nationalparkzentrums Falkenstein im Bayerischen Wald, machen vielen Menschen Angst. Sie selbst haben deswegen schlimmstenfalls den Abschuss zu befürchten.

(Foto: Johannes Simon)

Das Tier in der Region Traunstein darf von diesem Dienstag an geschossen werden. Doch Naturschützer wollen umgehend gegen die gerichtliche Verfügung klagen. Der Wolf selbst ist seit Wochen verschwunden.

Von Matthias Köpf, Traunstein

Von diesem Dienstag um Punkt null Uhr an dürfen alle Jäger und Förster entlang dem Alpenrand im südöstlichen Oberbayern den dort umherstreifenden Wolfsrüden mit dem amtlichen Namen GW2425m erlegen - zumindest bis auf Weiteres. Denn gegen die bereits am Freitag angekündigte und am Montagabend erst kurz vor 21 Uhr veröffentlichte Verfügung der Regierung von Oberbayern haben wiederum der Bund Naturschutz (BN) und die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe eine Klage beim Verwaltungsgericht München angekündigt. Der BN will nach eigenen Angaben eine Eilentscheidung beantragen in der Hoffnung, dass das Gericht die Verfügung, mit der die Regierung den ersten Abschuss eines wildlebenden Wolfs in Bayern seit 140 Jahren erlaubt, möglichst schnell wieder einkassiert.

Was nun klingt wie eine Art Wettrennen zwischen Jägern und Klägern, könnte sich aber als gar nicht allzu eilig herausstellen. Dann nämlich, wenn der Wolf längst weitergezogen ist, nachdem er Ende vergangenen Jahres in der Region mehrere Schafe, Ziegen und Wildtiere gerissen hat, von einem Bauern im Ziegenstall angetroffen wurde und sich von einem Augenzeugen beim nächtlichen Durchstreifen des Ortes Bergen filmen ließ.

Weil sich das Tier wiederholt in unmittelbarer Nähe bewohnter Häuser aufgehalten habe und offenbar die Nähe zu Siedlungsstrukturen suche, hat sich eine vom Landesamt für Umwelt einberufene Expertenkommission für den Abschuss ausgesprochen, wie ihn der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch (CSU) schon im November beantragt und wie ihn zuletzt auch Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) und Umweltminister Thorsten Glauber (FW) gefordert hatten.

Herdenschutzmaßnahmen für die Nutztiere seien angesichts der Gewöhnung des Wolfes an menschliche Siedlungen nicht ausreichend, um auch eine Gefahr auch für die Menschen auszuschließen, hieß es am Montagabend von der Regierung. Zumutbare Alternativen zu einem Abschuss bestünden nicht, denn ein Vergrämen des Tiers sei angesichts seines großen Aktionsradius nahezu unmöglich. Es einzufangen und in ein Gehege zu sperren sei nicht tierschutzgerecht.

Die Verfügung gilt für jene Teile der drei Landkreise Traunstein, Rosenheim und Berchtesgadener Land, die südlich der A8 und östlich der A93 liegen, ausgenommen ist nur der Nationalpark Berchtesgaden. Sie war den ganzen Montag über von vielen mit Ungeduld erwartet worden - auch von Uwe Friedel, dem Wolfsexperten des Bundes Naturschutz. Er sei trotzdem "relativ entspannt", sagte Friedel schon tagsüber, denn von dem Traunsteiner Wolf gebe es seit dem 19. Dezember keine gesicherte Spur mehr.

"Entweder er ist schon tot, er hat sich gut versteckt oder er ist schon ganz woanders." Immerhin darin ist er sich einig mit dem Vorsitzenden der Traunsteiner Kreisgruppe im Bayerischen Jagdverband, Josef Freutsmiedl. "Ob er überhaupt noch da ist, wissen wir auch nicht", sagte Freutsmiedl ebenfalls schon vor Veröffentlichung der Verfügung. Denn die Waldgebiete in der Region sind ausgedehnt. Die Grenze zum benachbarten, ebenfalls bergigen Österreich ist lang und zumindest für Wölfe nicht von Bedeutung.

Freutsmiedl hat sich in einer Stellungnahme im Namen der etwa 800 Jagdverbands-Mitglieder in Traunstein klar für den Abschuss ausgesprochen. Sonst habe man mit Wölfen zwar "keine wesentlichen Schwierigkeiten", aber dieses eine Tier sei ein "Problemwolf", der entnommen werden müsse.

Von "Jagd" mag Freutsmiedl ausdrücklich nicht reden, denn Wölfe stehen unter strengem Schutz und unterliegen in Bayern nicht dem Jagdrecht. "Ich schieß' den sicherlich nicht", betont Freitsmiedl aus diesem Grund und auch deswegen, weil er nicht im übertragenen Sinn selbst von Tierfreunden gejagt werden will wie diejenigen, die 2006 den "Problembären" Bruno erlegt haben sollen - das bisher letzte geschützte Raubtier, das in Bayern mit Erlaubnis geschossen wurde.

Einige an Menschen gewöhnte Wölfe, die der Nationalpark Bayerischer Wald 2017 erlegen ließ, nachdem Unbekannte sie aus einem Gehege freigelassen hatten, galten rechtlich nicht als Wildtiere, sondern als Dinge im Eigentum des Nationalparks.

Ob nun jemand diesen Wolf schießen wolle, "das muss jeder Jäger für sich selber entscheiden", findet Freutsmiedl. Entscheiden muss nun aber wohl auch das Verwaltungsgericht.

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