Artenvielfalt:Bund Naturschutz klagt gegen Wolfsverordnung

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Ein Wolf sitzt in seinem Gehege in einem Tierpark und gähnt. Derweil geht in Bayern der Streit um den Umgang mit den Tieren vor Gericht. (Foto: Boris Roessler/dpa)

In Bayern sollen Wölfe schneller abgeschossen werden können. Das will Verbandschef Mergner nicht hinnehmen. "Söder setzt sich über europäisches und deutsches Recht hinweg", sagt er.

Von Christian Sebald

Der Bund Naturschutz (BN) wird gegen die neue bayerische Wolfsverordnung klagen, die Abschüsse von auffälligen Wölfen erleichtern soll. Das hat der Vorstand der Organisation jetzt offiziell entschieden. "Mit der Verordnung stellt sich die Staatsregierung auf Anweisung von Ministerpräsident Markus Söder gegen europäische Verordnungen zum Schutz der Natur und gegen das Bundesnaturschutzgesetz, denen die CSU und der Freistaat Bayern wie alle Bundesländer zugestimmt haben" , sagte BN-Chef Richard Mergner. "Das können wir nicht unwidersprochen hinnehmen, deshalb werden wir vor dem bayerischen Verwaltungsgerichtshof Normenkontrollklage gegen die Wolfsverordnung einlegen." Mergners Worten zufolge arbeitet ein Anwaltsbüro bereits an der Klage.

Zugleich übte der BN-Chef scharfe Kritik an der Staatsregierung. "Mit ihrer neuen Verordnung haben sich Söder und seine Minister nicht nur über ihre eigenen Gesetze und ihren Wolfsmanagementplan hinweggesetzt", sagte Mergner. "Sondern sie haben damit auch mutwillig den Konsens mit uns Naturschutzverbänden zerstört." Außerdem machte der BN-Chef die Staatsregierung dafür verantwortlich, wenn es in der bevorstehenden Weidesaison vermehrt zu Übergriffen von Wölfen auf Schafe und andere Nutztiere kommen sollte. "Denn die Bauern denken jetzt, jetzt wo der Wolf leichter abgeschossen werden darf, sind Zäune und andere Herdenschutzmaßnahmen nicht mehr nötig", sagte Mergner. "Das aber ist ein großer Irrtum."

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In der Staatsregierung war mit einer Klage gerechnet worden. Schließlich weiß man dort, dass man sich mit der Wolfsverordnung auf rechtlich "sehr dünnem Eis" bewegt. So hat es Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (FW) schon vor Tagen formuliert. Gleichwohl forderte er die Naturschutzverbände auf, rechtliche Schritte zu unterlassen. Nun nannte Aiwanger den BN "weltfremd" und "ideologisch". Die Organisation schade mit ihrer Haltung der Natur und der Artenvielfalt in der Bergwelt. "Wir müssen uns dort entscheiden zwischen Wolf und Bergweide."

Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) sagte, die Staatsregierung habe "der zunehmenden Bedrohung der Weidetierhaltung durch den Wolf nicht einfach weiter zuschauen können". Deshalb habe man gehandelt. Es gehe um viel: "Tierleid auf den Weiden verhindern, bäuerliche Existenzen sichern, Biodiversität auf Almen und Alpen erhalten und unsere wunderschöne Kulturlandschaft bewahren. Und im schlimmsten Fall um die körperliche Unversehrtheit der Menschen."

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Mit der neuen Wolfsverordnung setzen sich der Ministerpräsident und seine Staatsregierung über geltendes Recht einfach hinweg. Deshalb ist eine Klage dagegen nicht nur richtig, sondern wichtig.

Die Landtagsopposition begrüßte die Klage. "Eine Staatsregierung, die sich aus reinem Wahlkampfkalkül über geltendes nationales und europäisches Recht hinwegsetzt, lässt keine andere Reaktion zu, als gegen das juristische Stöpselwerk zu klagen", sagte der Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. "In ein paar Monaten wird die Wolfsverordnung in die Geschichte eingehen mit dem Vermerk: 'Außer Wahlkampfgetöse nichts gewesen'." SPD-Chef Florian von Brunn gab sich ebenfalls zuversichtlich, dass der BN vor dem VGH Recht bekommen wird. Auch er sprach von einer "populistischen Wahlkampfaktion". Söder wolle damit von "seinem Versagen beim Bau von Wohnungen und Windrädern ablenken."

Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) hält die Wolfsverordnung ebenfalls für rechtswidrig, wie Verbandschef Norbert Schäffer sagte. Gleichwohl will man dort auf eine Klage verzichten. "Zum einen bringt eine weitere Klage juristisch kein zusätzliches Gewicht", sagte Schäffer. "Zum anderen müssen wir weiter um Lösungen ringen - vor allem für die Bauern." Denn den Landwirten, vor allem in den Bergregionen, sei mit der neuen Wolfsverordnung nicht geholfen, selbst wenn einmal ein Landratsamt auf ihrer Basis den Abschuss eines Wolfes genehmigen sollte.

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