Nürnberg:Wohnungslosenhilfe: Experten fordern verbindliche Standards

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Für die Notversorgung von obdachlosen Menschen sind die Kommunen zuständig. Eine Verpflichtung, der aber nicht alle Kommunen in Bayern nachkommen. (Foto: Robert Haas/Robert Haas)

Auf Einladung der Diakonie Bayern haben Fachkräfte aus der Wohnungslosenhilfe darüber diskutiert, wie die Situation für Betroffene verbessert werden kann. Zu Jahresbeginn lebten fast 40 000 Personen in Notfalleinrichtungen.

Beim Fachtag „Mehr als ein Dach über dem Kopf“ der Diakonie Bayern haben am Dienstag Fachkräfte aus der Wohnungslosenhilfe in Nürnberg darüber diskutiert, wie die Situation für Betroffene verbessert werden kann. Zum Stichtag 1. Januar 2024 waren laut Statistischem Bundesamt 39 130 Personen ohne eigene Wohnung in Notfalleinrichtungen in Bayern untergebracht, darunter mehr als 10 000 Kinder und Jugendliche.

Claudia Engelmann vom Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) wies in ihrem Impuls darauf hin, dass für die Notversorgung von obdachlosen Menschen die Kommunen zuständig sind. Teilweise hielten diese aber gar keine Wohnungen vor. Oft seien die Unterkünfte außerdem nicht für Menschen mit Behinderungen geeignet oder die Bewohnerinnen und Bewohner von Diebstahl und Übergriffen betroffen.

Der Staat sowie die Kommunen seien jedoch an internationale und europäische Menschenrechtsverträge gebunden, wie den UN-Sozialpakt und die UN-Behindertenrechtskonvention, betonte Engelmann. Dazu gehörten das Recht auf angemessenen Wohnraum, das Recht auf Gesundheit sowie das Recht auf Schutz vor Gewalt. „Es gibt immer wieder Gerichte, die hier einen klaren Rechtsbruch bei der Notversorgung feststellen“, sagte die Referentin. Dies helfe den Betroffenen aber kaum, da es sich um ein strukturelles Problem handle und die Gerichte nur Einzelfallentscheidungen treffen könnten. Außerdem sei der Rechtsweg für Menschen ohne Wohnung oft unerreichbar.

Das DIMR und andere Akteure der Wohnungslosenhilfe forderten daher verpflichtende Mindeststandards für die Unterkünfte. Um diese umzusetzen, brauche es eine Zusammenarbeit zwischen Ländern und Kommunen und den Freien Trägern der Wohlfahrtspflege. Von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen müssen laut Engelmann unbedingt in diese Arbeit eingebunden werden.

Rolf Jordan, wissenschaftlicher Referent beim Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge, stellte bundesweite Daten zur Unterbringung wohnungsloser Menschen vor. Diese zeigten, dass die Verweildauer in den Unterkünften in den letzten Jahren zugenommen habe. Demnach verbringen Menschen teils mehrere Jahre in den Einrichtungen, die nur zur Notfallversorgung gedacht sind. Das Problem sei, dass es viel zu wenig Wohnraum gebe und die Betroffenen oft nicht über ihre Rechte und Hilfemöglichkeiten Bescheid wüssten. Als Maßnahmen schlug er eine verstärkte Prävention sowie eine bessere Unterstützung und Information Betroffener vor, beispielsweise durch aufsuchende Hilfen in den Notunterkünften.

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