Leben und Gesellschaft:Wohnungslosenhilfe verzeichnet mehr Suchende und einen raueren Ton

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Soziale Einrichtungen registrieren immer mehr Menschen, die ohne festes Dach über dem Kopf leben (Symbolfoto). (Foto: Peter Kneffel/dpa)

„Wir sehen nackte Not“: Über das ganze Jahr hinweg wenden sich verzweifelte Menschen an die Hilfestellen in Bayern. Und zwar immer mehr.

Die Wohnungslosenhilfe in Bayern sieht sich mit steigender Nachfrage konfrontiert. „Wir sehen nackte Not“, sagt Michael Thiergärtner von der Würzburger Christophorus-Gesellschaft laut einer Mitteilung. Die Kurzzeitübernachtung (KZÜ) sei an der Kapazitätsgrenze. Er erlebe tagtäglich Menschen, die von der Hand in den Mund lebten. Jedes kleine Extra an Ausgaben stürze sie in Verzweiflung. Die Menschen hätten kein soziales Netz. Die meisten seien suchtkrank.

Zudem werde der Umgangston rauer. Die Dauerkrise mache nicht nur verzweifelt, sondern auch gereizt, so Thiergärtner. In Beratungsgesprächen fielen häufiger böse Bemerkungen. Psychische Krankheiten verschärften sich. Das führe dazu, dass Männer, die zum Übernachten kämen, weitaus unberechenbarer seien als noch vor zehn Jahren. Besonders Migranten suchen demnach verstärkt Hilfe. „Zunehmend klopfen Menschen an, die ihr Geburtsland vor knapp zehn Jahren verlassen haben“, sagt Thiergärtner. Sie versuchten nach dem Asylverfahren, sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren und eine Wohnung zu bekommen – und scheiterten.

„Auch wir nehmen einen verstärkten Hilfebedarf wahr“, bestätigt der Bayerische Landesverband der Caritas. Sowohl in Hinblick auf die finanzielle Notlage als auch mit Blick auf die psychische Belastung der betreuten Menschen. Ein grundsätzlich rauerer beziehungsweise aggressiverer Umgangston sei aber bisher nicht festzustellen.

Laut der Koordinationsstelle der Wohnungslosenhilfe Südbayern hat sich die Zahl der wohnungslosen Menschen in Bayern seit 2014 beinahe verdreifacht. „Die Zahlen sind in der Tat besorgniserregend und geben einen deutlichen Hinweis darauf, dass die Bundesrepublik und Bayern wohnbaupolitisch noch einen weiten Weg zu gehen haben“, heißt es im aktuellen Jahresbericht der Wohnungslosenhilfe. Die Bundesregierung hat im April mit einem Aktionsplan zugesagt, wohnungslosen Menschen bis 2030 angemessenen und bezahlbaren Wohnraum anzubieten.

Als wohnungslos werden Menschen bezeichnet, die keine eigene Wohnung besitzen oder mieten – dazu zählen auch solche, die beispielsweise bei Freunden untergekommen sind. Als obdachlos gelten Menschen, die keinen festen Wohnsitz und keine Unterkunft haben und daher meist im öffentlichen Raum übernachten. Die Christophorus-Gesellschaft ist eine ökumenische Anlaufstelle für wohnungslose, strafentlassene und verschuldete Bürgerinnen und Bürger.

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