Bislang werden bayerische Eichhörnchen vor allem unter zwei Gesichtspunkten betrachtet: Wie putzig sie daherkommen - und wie schwer es Auswärtigen fällt, ihren buschigen Stutzen halbwegs unfallfrei im Dialekt zu benennen. Dass sie auch als Wecker taugen, ist weniger bekannt. Dabei muss man nur Nüsse auf dem Balkon auslegen und warten. Bald werden die cleveren Tierchen ihre Routine anpassen und das Frühstück lautstark unterm Schlafzimmerfenster verspeisen.
Schöner als mit Eichhörnchenknabbern im Ohr lässt sich in Bayerns Großstädten zwar kaum aufwachen. Aber leider auch kaum günstiger. Denn selbst wer seinen Balkon samt Eichhörnchen zurücklassen wollte: Für andere Wohnträume bleibt immer weniger Raum, dank steigender Mieten und fehlender Wohnungen. "Die Nachfrage auf dem Mietmarkt übersteigt derzeit in vielen Groß- und Mittelstädten das vorhandene Angebot deutlich", stellte etwa neulich der Immobilienverband Deutschland Süd fest. Und: "Trotz des stark zunehmenden Bedarfs an Wohnraum ist aktuell ein massiver Rückgang der Bautätigkeit zu verzeichnen." Zu sehr warten Bauherren auf eine Zeitenwende, zu stark sind die Genehmigungen für neue Wohnungen hinter den Erwartungen zurückgeblieben.
Heißt: Wer unbedingt auf ein Ende der Wohnungsnot wetten möchte, sollte lieber keine hohen Einsätze riskieren. Das Risiko ist groß, dass am Ende noch mehr Geld fürs Wohnen fehlt. Denn trotz aller politischen Versprechen droht statt einer Entspannung der Lage die weitere Anspannung. Dabei fühlen sich in dieser Hinsicht viele Menschen ohnehin arg strapaziert. Und die Ideen, wie der Misere begegnet werden könnte, zeigen bisher anscheinend wenig Wirkung. Zwar lebt es sich laut der Staatsregierung in Bayern besser - solange man nicht gendert, nicht kifft und nicht vegan speist. Dass das Geld für Gras und Grünzeug bald eh nicht mehr recht reichen könnte, wird allerdings selten dazu gesagt.
Dagegen ist der Traum vom Eigenhörnchen ein billiges - und politisch unverdächtiges - Vergnügen, das das Leben für einen Moment spürbar besser macht. Zwischen sechs und halb sieben ertönt von draußen gerne das erste Schaben und Nagen, bald gefolgt von einem lauten Knacken. Nur den Unterschied zwischen Werktag und Wochenende, den müssen die kleinen Wecker noch lernen.