Süddeutsche Zeitung

Bayerische Staatsregierung:Ein "Wohnbau-Booster" soll es richten

Mit besserer Förderung will der Freistaat den Immobilienmarkt auch in der Krise ankurbeln. Der staatlichen Bayernheim stellt Minister Bernreiter ein ordentliches Zwischenzeugnis aus - und erhöht das Eigenkapital um eine Viertelmilliarde Euro.

Von Johann Osel

Die Staatsregierung will mit einem "Wohnbau-Booster" der angespannte Lage auf dem Mietmarkt in großen Teilen Bayerns entgegentreten. Ziel der Maßnahmen, über die das Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag beraten hat, sei es, auch in Krisenzeiten den Wohnungsbau im Freistaat anzukurbeln. Die Immobilienbranche spreche von "dunklen Wolken" für das herausfordernde Jahr 2023 und habe bereits damit begonnen, Neubauprojekte zu canceln, sagte Bauminister Christian Bernreiter (CSU). Ihm gehe es darum, gerade jetzt als Freistaat für Stabilität zu stehen und damit antizyklisch zu agieren. Den bisher schleppend vorangekommenen eigenen Bauaktivitäten des Freistaats - durch die 2018 ins Leben gerufene Bayernheim - stellte Bernreiter derweil ein ordentliches Zwischenzeugnis aus: Die Gesellschaft habe "mächtig an Tempo zugelegt".

Zunächst zu den vom Kabinett beschlossenen Impulsen für die Bautätigkeit im Land: Eine "massive Aufstockung" der bayerischen Wohnungsbau-Förderprogramme soll Bauherren Anreize bieten, die sich etwa durch den Zinssprung bei der Finanzierung ihrer Vorhaben gebremst sehen. Beschlossen wurden unter anderem höhere Zuschüsse beim Mietwohnungsbau, verbesserte Konditionen für Darlehen und eine Extra-Förderung bei der Realisierung von Projekten in Ortskernen. Bernreiter fordert auch vom Bund Maßnahmen, damit mehr Wohnraum entstehe: etwa bei Steuern und Abschreibungen im Mietwohnungsbau oder der Förderung über die KfW, die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Die Ampel müsse dazu "ideologische Hürden überspringen". Für eine Wiedereinführung des Baukindergelds plane Bayern eine Bundesratsinitiative.

Auch bei der Bayernheim-Gesellschaft gibt es Neuerungen aus dem Kabinett: Jedes ihrer Projekte sei mit Eigenkapital hinterlegt, erklärte Bernreiter. Und um die zuletzt "positive Entwicklung" ungebremst voranzutreiben zu können, werde das Eigenkapital der Bayernheim um eine Viertelmilliarde auf dann 750 Millionen Euro erhöht. Die Bilanz der 2018 von Söder gegründeten Gesellschaft wirkt indes auf den ersten Blick denkbar dürftig. In noch keine einzige selbst gebaute Wohnung sind knapp fünf Jahre später Mieter eingezogen. Wie kürzlich eine Recherche der SZ gezeigt hatte, zählt die Bayernheim derzeit nur 234 Wohnungen im Bestand, sie wurden allesamt angekauft; zudem befinden sich 806 Einheiten aktuell im Bau, knapp 3500 weitere Wohnungen sind im Status der Planung oder Entwicklung. Söders Zielmarke bei der Gründung, 10 000 bezahlbare Wohnungen bis zum Jahr 2025 zu bauen, wird mit ziemlicher Sicherheit verfehlt. In den Augen der Landtagsopposition ist das ganze Vorhaben "krachend gescheitert", SPD-Chef Florian von Brunn fordert eine externe Kommission zur Aufarbeitung der augenscheinlichen Malaise. Sebastian Körber (FDP) teilte am Montag mit: "Warum nun ausgerechnet auch noch zusätzliches Geld in die vollkommen unterirdisch agierende Bayernheim hineingepumpt werden soll, ist mir ein absolutes Rätsel."

Nicht völlig außer Acht gelassen werden darf allerdings der jüngste Fortschritt: eben die addiert gut 4500 Wohnungen "in der Pipeline", wie es Bernreiter am Montag nannte. Er glaube, dass sich dies sehen lassen könne, auch wenn gelte: "Man kann da nicht zaubern." Bernreiter, früher Landrat in Deggendorf, war erst im Februar 2022 im Zuge einer Kabinettsumbildung ins Amt gekommen. Söders ehrgeizige Zielmarke von den 10 000 Wohnungen wurde zuletzt dem Anschein nach in CSU-Kreisen eher verschämt verschwiegen. Bernreiter führte sie nun in der Pressekonferenz nach dem Kabinett sogar von sich aus auf - wohl um die These aus der Opposition einzufangen, die Regierung könnte sich im Wahljahr still und leise davon verabschieden. Die Zielmarke, so Bernreiter, sei "nicht irgendwo Utopie". Sondern trotz Krisen wie Corona und Ukraine-Krieg befinde man sich auf "einem sehr guten Weg" dorthin, "da lass' ich mich nicht beirren".

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