Wirtschaft in Bayern:Stabil ist derzeit nur der Pessimismus

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Ein Mitarbeiter geht an einer Abfüllanlage in der Produktion eines Neutraublinger Maschinenbauunternehmens vorbei. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Auch Bayerns Wirtschaft kämpft mit der Konjunkturflaute – davon zeugt eine aktuelle Umfrage in der Metall- und Elektroindustrie.

Von Maximilian Gerl

Gute Nachrichten sieht das Redemanuskript nicht vor. Dreimal steht die Vokabel „kritisch“ darin, neunmal „negativ“, zwölfmal „schlechter“ oder „Verschlechterung“. So trübe sind die wirtschaftlichen Aussichten, dass sich Bertram Brossardt im Anschluss an seinen Vortrag gezwungen sieht, zweimal auf den Begriff „keine Panik“ zurückzugreifen. Man könne es zwar so formulieren, dass es im Freistaat eine „schleichende Deindustrialisierung“ gebe, sagt der Hauptgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbände (Bayme VBM). Aber es sei nicht zu spät, die Lage zu stabilisieren. Und eine Stabilisierung, sagt Brossardt, „wäre richtig gut“.

Doch stabil ist nur der Pessimismus. Zu umfassend ist die Konjunkturflaute, mit der auch Bayerns Wirtschaft kämpft. Davon zeugt die an diesem Donnerstag veröffentlichte Umfrage von Bayme VBM. Sie wird halbjährlich erhoben – aber so schlecht wie diesmal fiel sie in der jüngeren Vergangenheit selten aus. Zum Beispiel schätzten nur gut zwölf Prozent der befragten Metall- und Elektrobetriebe die Geschäftslage im Inland als gut ein. 41,6 Prozent erwarteten, in den kommenden Monaten weniger zu produzieren. Und nur zwölf Prozent der getätigten Investitionen entfielen auf sogenannte „Erweiterungen“, mit denen Unternehmen langfristig neue Kapazitäten schaffen – laut Brossardt ein „Allzeit-Tief“ in der seit 21 Jahren durchgeführten Umfrage.

Auffällig ist außerdem, wie unterschiedlich sich die Dinge in In- und Ausland entwickeln. 18,6 Prozent der Firmen gaben an, Produktionskapazitäten oder Unternehmensteile verlagert zu haben. 41,4 Prozent planten das für die Zukunft. Ähnlich sah es bei den Investitionsplänen aus. Wer Geld in die Hand nimmt, will damit eher anderswo etwas aufbauen.

Zu allgemein sollte man solche Aussagen nicht fassen: Nicht in allen Branchen ist die Krisenstimmung so groß wie in der Metall- und Elektroindustrie. Weniger alarmierend macht das die Umfrage nicht, zu sehr deckt sie sich mit anderen Erhebungen. So meldete das Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo am Dienstag, dass der von Soloselbständigen und Kleinstunternehmen erhoffte Aufschwung „einen Dämpfer“ erhalten habe. Und der jüngste Arbeitsmarktbericht beschreibt ein Phänomen, das für den Sommer eher untypisch ist: steigende Arbeitslosenzahlen. Unter anderem auf dem Bau müsste eigentlich Hochkonjunktur herrschen, aber auch dort fehlt es derzeit an Aufträgen. Das Plus bei der Arbeitslosigkeit spiegele „die gesamtwirtschaftlichen Unsicherheiten“ wider, heißt es im Juni-Bericht der Regionaldirektion Bayern der Arbeitsagentur.

Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich auch daran, dass sie den Fachkräftemangel höchstens ein bisschen lindert. Zwar wurden den bayerischen Arbeitsagenturen und Jobcentern zuletzt weniger Stellen gemeldet. Dennoch gibt es von diesen deutlich mehr: Im Juni 2019 lag der Bestand an offenen Stellen bei rund 127 700 – im Juni 2024 dagegen bei 133 000. Auch die bayernweite Arbeitslosenquote ist mit 3,5 Prozent vergleichsweise niedrig. Die Verfügbarkeit von Fachkräften gilt vielen Unternehmen deshalb weiter als Standortrisiko, wenngleich momentan nicht immer als größtes. In der Umfrage von Bayme VBM werden vor allem die Arbeits- und Energiekosten sowie die Bürokratie als belastend empfunden.

Damit könnten auch die in der Metall- und Elektroindustrie anstehenden Tarifverhandlungen herausfordernd werden. Denn allzu große Spielräume sieht Brossardt diesmal nicht: „Ich kann sehr gut verstehen, dass die Beschäftigten mehr Geld auf dem Konto haben wollen.“ Er hoffe aber, dass die Gewerkschaft IG Metall die wirtschaftlichen Umstände anerkenne. Im Redemanuskript findet sich das dazu passende Wort „Verlust“: Demnach rechnen drei Prozent der befragten Betriebe mit roten Zahlen zum Jahresende – und 19 Prozent hoffen, eine schwarze Null zu erreichen.

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