Windpark in Oberbayern:Aiwanger macht Wind

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Die Windräder in den Wadlhauser Gräben bei Berg stehen ungefähr 1200 Meter entfernt vom Treffpunkt der Altöttinger mit Minister Hubert Aiwanger. (Foto: Matthias Köpf)

Nach dem verlorenen Bürgerentscheid von Mehring setzt sich Bayerns Wirtschaftsminister sehr für die geplanten Windräder im Altöttinger Forst ein - doch die scheinen dabei immer weniger zu werden.

Von Matthias Köpf, Berg

Von dort, wo Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger aus seinem dunklen Dienstwagen steigt, sind es noch ungefähr 1200 Meter. Diese Distanz kann als Ergebnis einer Bürgerversammlung in Haiming im Landkreis Altötting gelten, die Aiwanger neun Tage zuvor besucht hat. Da hatten Aiwanger und Vertreter des Projektentwicklers Qair verkündet, dass die Anlagen des umstrittenen Windparks Altötting nicht mehr nur 1000, sondern mindestens 1200 Meter Abstand zur nächsten Siedlung halten sollen. Ein bis zwei weitere Windräder sind deswegen aus der Planung gefallen, nachdem ein Bürgerentscheid in der Gemeinde Mehring die Anlagen schon von 40 auf 30 dezimiert hatte. Befürworter des Windparks hatten vor allem einen mangelnden Einsatz Aiwangers und der Staatsforsten für den Ausgang dieses Bürgerentscheids verantwortlich gemacht. Seitdem legen sie sich für die Pläne ins Zeug, doch bei Aiwangers jüngstem Auftritt sind die Windräder schon wieder weniger geworden.

In der Nähe des kleinen Ortes Neufahrn im Landkreis München wird Aiwanger schon von rund 100 Neugierigen erwartet, die in drei Bussen aus mehreren Orten rund um den geplanten Windpark im Altöttinger Forst angereist sind - etwa aus Marktl, wo mit der Europawahl am 9. Juni ein ähnlicher Bürgerentscheid wie in Mehring ansteht, und aus Haiming, wo ein weiterer Entscheid in der Luft liegt. Hier in der Nähe von Neufahrn drehen sich über den Wipfeln des Staatswalds schon seit 2015 vier Windräder - eben in 1200 Metern Entfernung vom Treffpunkt und damit gerade auf dem Gebiet der Gemeinde Berg am Starnberger See, die sie einst gegen mancherlei Widerstände an ihre Gemeindegrenze gesetzt hat. Sie sind mit einer Höhe von 207 Metern bis zur obersten Rotorspitze aber um fast 80 Meter niedriger als die in Altötting geplanten.

Er sei "superfroh und stolz, dass das so gut läuft", sagt der heutige Berger Bürgermeister Rupert Steigenberger. Die Anlagen sind zu 30 Prozent in Berger Bürgerhand, und rein rechnerisch haben sie im bisherigen Rekordjahr 2023 sogar alle 8400 Einwohner von Berg komplett mit Strom versorgt. Am Altöttinger Windpark sollen sich die Gemeinden mit bis zu 49 Prozent beteiligen können, hatte Aiwanger zuletzt in Haiming bekräftigt.

Wie hoch wird das Windrad: Die Staatsforsten verteilten Werbebleistifte an die Gäste aus Altötting, auf dass diese damit die Höhe der Windräder abschätzen konnten. (Foto: Matthias Köpf)

Den angereisten Altöttingern wollen die Staatsforsten hier in Berg einen Windpark "am lebenden Objekt" vorführen, wie es ihr Aufsichtsratsvorsitzender Aiwanger ausdrückt. Im Vergleich zum freien Gelände seien die Rotoren im Wald ohnehin kaum zu sehen und zu hören, wiederholt er auch bei dieser Gelegenheit, als es zu Fuß durch den Wald auf eins der Windräder zugeht.

Dort wird Aiwanger von Einwohnern des kleinen, mitten im Altöttinger Forst gelegenen und zur Gemeinde Marktl zählenden Weilers Schützing in ein Gespräch verwickelt. Die Schützinger wären nach eigenem Empfinden künftig regelrecht von Windrädern umzingelt, und nach kurzer Rücksprache mit dem Marktler Bürgermeister und den Leuten von den Staatsforsten kündigt Aiwanger ihnen an, dass nun auch zwei dieser Windräder aus der Planung gestrichen werden sollen.

Zugleich deutet Aiwanger auf Nachfrage ein Ende der sogenannten Kommunalklausel an, also jenes Aufsichtsratsbeschlusses der Staatsforsten, wonach in deren Wäldern keine Windräder gegen den Willen der jeweiligen Gemeinde errichtet werden. Für den Windpark Altötting werde man sich noch daran halten, sagte Aiwanger, doch er könne nicht garantieren, dass es darüber hinaus bis in alle Ewigkeit bei der Kommunalklausel bleiben werde. Denn nur deswegen hat das Nein der Mehringer der Staatsregierung, den Staatsforsten und ihrem Projektentwickler so einen dicken Strich durch die Rechnung machen können. Private Waldbesitzer wie die Familie Thurn und Taxis müssen bei ihren Windpark-Plänen weniger Rücksichten nehmen und sich vor allem an die Lärmschutzregeln der Immissionsschutzverordnung halten.

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