Energiewende:3000 neue Windräder in Bayern möglich - doch Söder will nicht

Windkraft in Fuchstal

Ministerpräsident Söder hält an seinem Ziel fest, 500 zusätzliche Windkraftanlagen im Freistaat zu bauen - und erntet Kritik.

(Foto: Catherina Hess)

Eine aktuelle Studie sieht großes Potenzial beim Ausbau: Rund 30 Prozent des bayerischen Strombedarfs ließe sich mit Windrädern decken. Der Ministerpräsident hält dagegen an der umstrittenen Abstandsregel fest.

Von Christian Sebald und Andreas Glas, München

Der Bundesverband Windenergie (BWE) hat in einer Studie errechnet, dass bis 2030 in Bayern etwa 1200 neue Windräder errichtet werden könnten. Bis 2040 könnten weitere 1800 Anlagen folgen. Mit diesen 3000 zusätzlichen Windrädern ließen sich ungefähr 30 Prozent des bayerischen Strombedarfs von dann 120 Milliarden Kilowattstunden im Jahr decken.

Die Studie ist eine massive Kritik an der Energiepolitik des Freistaats. "Die von Ministerpräsident Markus Söder genannten 500 neuen Windenergieanlagen entsprechen weder dem Potenzial Bayerns noch den Herausforderungen, um Klimaneutralität und Versorgungssicherheit zu erreichen", sagte der bayerische BWE-Chef Bernd Wust.

Aus Sicht des BWE kann der enorme zusätzliche Bedarf an elektrischer Energie für Strom, Wärme und Verkehr nur durch den schnellen Ausbau von Wind- und Solarkraft erreicht werden. Die Potenziale von Biomasse und Wasserkraft sieht der Branchenverband wie viele Experten als weitgehend ausgereizt an.

Damit die zusätzlichen Windräder rasch gebaut werden könnten, müsste die umstrittene Abstandsregel 10H aufhoben werden. An ihre Stelle sollte das Zwei-Prozent-Ziel des Bundes treten. Danach soll jedes Bundesland zwei Prozent der Landesfläche für Windkraft reservieren. Zudem müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden.

Wust warf Söder das Fehlen eines "tragfähigen bayerischen Energiekonzepts für die notwendige Transformation weg von fossilen hin zu erneuerbaren Energien" vor. Die Blockade der Windenergie und die Verklärung Bayerns als Sonnenland böten keine Perspektive. Dabei führe der Krieg in der Ukraine drastisch vor Augen, wie abhängig Bayern von russischem Gas und Erdöl sei.

Ein verlorenes Jahrzehnt für die Energiewende

Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) lehnt die von Söder geforderte Verschiebung des Atomausstiegs kategorisch ab. "Atom, Erdgas, Erdöl und Kohle sind umweltschädlich, werden teurer und machen uns von despotisch regierten Ländern abhängig", sagte LEE-Chef Raimund Kamm. "Das letzte Jahrzehnt war für die Energiewende in Bayern ein verlorenes Jahrzehnt."

Söder selbst sprach sich am Mittwoch gegen einen Boykott für russisches Gas aus und wiederholte seine Absicht, den Freistaat langfristig unabhängig zu machen von Energieimporten aus Russland. Um die Zeit zu überbrücken, warb er nach einem Treffen mit Wirtschaftsvertretern erneuert dafür, die Laufzeit der noch betriebenen Kernkraftwerke über 2022 hinaus zu verlängern. Zusätzlich wolle die Staatsregierung den Freistaat bei den erneuerbaren Energien "massiv voranbringen", sagte Söder. Dazu gehöre neben Photovoltaik und Wasserkraft auch die Windenergie.

Hier blieb Söder allerdings bei seinem Ziel, das er im Sommer 2021 formuliert hat: 500 neue Anlagen. Am Mittwoch sprach er von "XXL-Windrädern". Laut Söder laufen derzeit Planungen, um eine "faire Verteilung" in Bayern zu erreichen. Es werde Ausnahmen von der 10-H-Regel geben, in Wäldern oder auf Vorrangflächen.

An der Regel selbst hält Söder ebenso fest wie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler). Im Gegensatz zu Photovoltaik und Windkraft sieht allerdings auch Aiwanger bei der Wasserkraft "nicht mehr sehr viel" Potenzial. Einmal mehr kritisierte Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Landtagsgrünen, die Energiepolitik der Staatsregierung. "Eigene Initiativen auf Landesebene sowie innovative Ideen bleiben Mangelware", sagte er.

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