Energiewende:Bayerns Wälder haben Platz für 450 Windräder

Energiewende: Den Staatswäldern kommt beim Ausbau der Windkraft eine Schlüsselrolle zu.

Den Staatswäldern kommt beim Ausbau der Windkraft eine Schlüsselrolle zu.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Nach der Lockerung der umstrittenen Abstandsregel 10 H richten sich die Staatsforsten auf einen neuen Windkraft-Boom ein. Das Kerngeschäft bleibt allerdings ein anderes.

Von Christian Sebald

Der Hofoldinger Forst im Süden von München ist ein gutes Beispiel. Die drei Anliegergemeinden Otterfing, Sauerlach und Aying wollen in dem weitläufigen Staatswald, der von der Salzburger Autobahn durchschnitten wird, schon lange drei Windräder aufstellen. Das Projekt dümpelt vor sich hin. Ein Grund war die strenge Abstandsregel 10 H, mit der die Staatsregierung den Ausbau der Windkraft in Bayern blockiert hat.

Nun, da Ministerpräsident Markus Söder und die Landtags-CSU ihren Anti-Windkraft-Kurs zumindest aufgeweicht haben, könnte das Projekt vorankommen. Denn der Ausbau der Windräder soll ja nach dem Willen der Staatsregierung vor allem in den Wäldern stattfinden.

Wann immer es um die Wälder in Bayern geht, kommen die Bayerischen Staatsforsten (BaySF) ins Spiel. Der Grund: Sie bewirtschaften elf Prozent der Landesfläche, also 808 000 Hektar. Weit mehr als 90 Prozent davon sind Wälder. Und in denen gilt künftig ein Abstand von 1000 Metern zwischen einem neuen Windrad und der nächsten Wohnsiedlung. Bislang waren es wenigstens 2000 Meter.

Bei den BaySF haben sie schon mal grob durchgerechnet. "Wir haben Platz für etwa 450 Windräder", sagt ein Sprecher. Das wäre beinahe die Hälfte der 1000 Windräder, die nach den Worten von Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (FW) in den nächsten Jahren in Bayern möglich sind.

Freilich steht auch bei den BaySF alles erst auf Anfang. Zwar stellt das Staatsunternehmen schon seit 13 Jahren Waldflächen für die Öko-Strom-Anlagen zur Verfügung. Bayernweit drehen sich 101 Windräder in den Staatswäldern, die allermeisten davon in den nordbayerischen Mittelgebirgen. Sie produzieren klimafreundlichen Strom für 220 000 Drei-Personen-Haushalte. Aber die Blockadepolitik der CSU stoppte auch den Ausbau der Windkraft in den Staatswäldern. Zuletzt ging dort vor vier Jahren eine Anlage ans Netz.

70 Anlagen sind bereits vertraglich vereinbart

Nun herrscht aber Aufbruchsstimmung. "Aktuell ist die Entwicklung von 70 neuen Windenergieanlagen bei uns vertraglich abgesichert", sagt der Sprecher. Zusätzlich stünden fünf weitere sogenannte Standortsicherungsverträge für maximal 14 neue Windräder vor dem Abschluss. Ab Januar wollen die BaySF per Ausschreibung weitere Standorte anbieten. Dabei legen sie wie in der Vergangenheit besonders viel Wert darauf, die Kommunen einzubinden, auf deren Flur die jeweiligen Flächen liegen.

Zentrale Kriterien bei den neuen Ausschreibungen sind dem Sprecher zufolge, dass die Kommunen die Projekte wollen und in welcher Form sie und ihre Bevölkerung von ihnen profitieren. Unterm Strich sollen bei den Ausschreibungen 2023 Vertragsabschlüsse im mittleren zweistelligen Bereich zustande kommen. Die ersten neuen Windräder im Staatswald werden sich allerdings frühestens 2025 drehen. Denn die Genehmigungsverfahren dauern laut Branchenkennern wenigstens zwei Jahre.

Holz bleibt das Kerngeschäft

Windräder selbst errichten wollen die BaySF dem Sprecher zufolge allenfalls in "einem sehr eingeschränkten Umfang". Zum einen sei die Nachfrage von Gemeinden, Projektbüros und privaten Investoren sehr hoch, zum anderen habe man weder das Personal noch die Logistik dafür. "Wir sind kein Energieunternehmen", sagt der Sprecher. "Unser Kerngeschäft bleiben die Bewirtschaftung der Staatswälder und die Vermarktung des Holzes aus ihnen." Letzteres zeigt auch der Blick auf die Umsatzzahlen der BaySF. Der Gesamtumsatz des Staatsunternehmens beläuft sich auf etwa 480 Millionen Euro im Jahr. Mit aktuell zwei Millionen Euro nehmen die Erlöse aus Grundstücksverpachtungen "eine eher nachrangige Bedeutung ein", so der Sprecher.

Diese Diskrepanz wird auch der neue Windkraft-Boom nicht auf den Kopf stellen, selbst wenn alles optimal läuft. Angenommen die Pachtpreise verdreifachen sich sogar und das Flächenpotenzial könnte komplett ausgeschöpft werden, dann könnten die BaySF überschlägig 33 Millionen Euro Jahreserlös mit der Windkraft machen. Das wäre zwar 16 Mal mehr als aktuell und deshalb sicher höchst willkommen. Aber es wären keine zehn Prozent ihres Jahresumsatzes.

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