Bayern:"Wettbewerb der Systeme"

Einst zogen die Regierungen an einem Strang: Doch seit dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg greift Bayerns Ministerpräsident Seehofer die grün-rote Koalition an - und kündigt die Zusammenarbeit auf.

Mike Szymanski

Nach dem Machtwechsel zu Grün-Rot in Baden-Württemberg kündigt Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) die als Südschiene bekannt gewordene unionsgeführte Zusammenarbeit der beiden südlichen Bundesländer auf. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung sagte Seehofer: "Bisher hatten wir einen Wettstreit innerhalb gleicher Grundüberzeugungen. Jetzt führen wir einen Wettbewerb unter anderen Vorzeichen. Wir haben nun einen Wettbewerb der Systeme."

Politischer Aschermittwoch der CSU

Nach dem Regierungswechsel in Baden-Württemberg ist für Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer klar, dass die Politikauffassungen in beiden Ländern "erheblich divergieren".

(Foto: dapd)

In dieser Woche hat die künftige grün-rote Regierung in Stuttgart ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Nach Auffassung von Seehofer zeige sich seither, dass die Politikauffassungen in beiden Ländern "erheblich divergieren". Das schwarz-gelb regierte Bayern und das neuerdings grün-rote Baden-Württemberg würden jetzt unterschiedliche Wege einschlagen. "Ich will den Beweis antreten, dass wir in Bayern bessere Ergebnisse erzielen", sagte Seehofer.

Bereits in den vergangenen Tagen war die Kritik aus Bayern am Politikwechsel im Nachbarland lauter geworden. Der Stuttgarter Koalitionsvertrag sei ein "Dokument der ideologischen Verblendung und des Rückschritts", hatte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt erklärt. Auch in der bayerischen FDP wurde Kritik am Kurswechsel geübt.

Vor allem die Empfehlung des designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) an die schwäbischen Autobauer, sie sollten doch in Zukunft stärker ökologische Belange berücksichtigen und weniger Autos produzieren, hatte im Autoland Bayern für Irritationen gesorgt. "Das war ein Fehler", kommentierte Seehofer die Äußerungen seines künftigen Amtskollegen. "Dort wo es kritisch wird für den Süden, werden wir unsere Stimme erheben", so Seehofer. Mit "grüner Planwirtschaft" sei die Zukunft nicht zu gewinnen.

Im Wettbewerb mit Baden-Württemberg sieht Seehofer den Freistaat vor allem in der Bildungs- und Hochschulpolitik. Während sich Baden-Württemberg für die Gemeinschaftsschule öffnen will, in der Kinder bis zur zehnten Klasse gemeinsam unterrichtet werden, beharrt Bayern auf dem dreigliedrigen Schulsystem. "Ich kenne keine Beispiele, wo die Gemeinschaftsschule bessere Ergebnisse zeigt", erklärte Seehofer. Auch die im Nachbarland angekündigte Abschaffung der Studiengebühren soll kein Vorbild für Bayern sein. Seehofer sagte: "Ich bin von unserem System überzeugt."

Beim geplanten Ausstieg aus der Atomenergie will Bayern das grün-rote Baden-Württemberg sogar noch überholen. "Wir werden sehen, wer die Energiewende besser managt", sagte Seehofer. Der CSU-Chef trauert der von CDU in Baden-Württemberg und von der CSU in Bayern in der Vergangenheit mal mehr, mal weniger bemühten Achse der Konservativen nach. "Wir hatten nie einen Grundsatzstreit über Werte und Wege. Es ging immer darum, wer ist schneller, wer ist perfekter. Oft mit einem Augenzwinkern dabei."

Mit dem Machtwechsel in Stuttgart und nach dem nun angekündigten Ende der Südschiene verliert die Union bundespolitisch eine Bastion im Süden. Die wirtschaftlich prosperierenden Südländer haben stets mit überdurchschnittlich guten Wahlergebnissen zum Erfolg für die Union beigetragen. In zwei Jahren sind Landtagswahlen in Bayern.

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