Politikerbesuche:Irgendwer kommt!

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Männer, die aufs Wasser schauen: Ministerpräsident Söder auf Kurzbesuch im teilweise überfluteten Passau. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Während Söder und Co. von Flutbesuch zu Flutbesuch tingeln und dort aufs Wasser starren, macht Bundespräsident Steinmeier es anders: Er verlegt gleich seinen ganzen Amtssitz. Und zwar in die Oberpfalz.

Glosse von Deniz Aykanat

Söder kommt nach Regensburg! Scholz besucht Flutgebiet in Reichertshofen. Aiwanger im Hochwassergebiet! So lauteten manche Schlagzeilen, die in der vergangenen Woche über die Ticker liefen oder auf Nachrichtenseiten zu lesen waren. Manchmal mit Ausrufezeichen. Gerne auch ganz kurz und bündig: Söder kommt! Wohin, ist ja erst mal egal, Hauptsache es kommt jemand, zu den kleinen Leuten. Und schaut dann aufs Wasser. Ergiebiger sind diese Termine meistens nicht, weder für die Anwohner noch für Journalisten.

Für die Politiker manchmal. Ganze Wahlen wurden schon mit solchen Besuchen gewonnen, je nach Performance des Politikers in Gummistiefeln – oder eben nicht, siehe Armin Laschet, der im Katastrophengebiet damals leider lachte.

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Das Genre „Politiker XY besucht das Fußvolk“ (und die Unterkategorie „Politiker XY schaut aufs Wasser“) hat naturgemäß mit der Flut in Bayern eine Neuauflage erfahren. Selbstverständlich wieder mit Gummistiefeln. Söder hatte auch noch eine Regenjacke mit Bayernwappen an.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hingegen kommt nicht erst, wenn es brenzlig wird und überall Schlamm und Dreck rumliegt. Er verlegt gleich seinen ganzen Amtssitz dorthin, wo man in Deutschland halt so wohnt, wenn es nicht gerade Berlin oder München sein muss: Er kommt am 25. Juni nach Weiden in der Oberpfalz und er bleibt drei volle Tage.

In Weiden ist es vergleichsweise trocken geblieben, und gewählt werden muss Steinmeier gerade auch nicht. „Ortszeit Deutschland“ heißt diese Reihe, bei der Steinmeier schon an diversen Orten in Deutschland residierte, die vermutlich nicht jeder gleich kennt, oder wie es die Pressestelle ausdrückt: „Orte, die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel gestalten und damit nicht ständig im öffentlichen Fokus stehen.“ Also alle Orte, die nicht Berlin oder München sind. Das ist gut!

Dann wird es aber ein bisschen verwirrend: Die Besuche seien „keine präsidiale Stippvisite“, heißt es von seinen Presseleuten weiter, es stehen immer mehrere „Begegnungen“, auch „spontane“ auf dem Programm, um zu ergründen, was „die Menschen umtreibt“. Wer jetzt also glaubt, dass das eben ein dreitägiger Besuch ist statt einem einstündigen im Hochwassergebiet, der irrt gewaltig.

Was es genau ist, dafür braucht es allerdings ein ganzes Video vom Protokollchef des Bundespräsidialamtes. Der Amtssitz des Bundespräsidenten sei ja Schloss Bellevue in Berlin, also der Ort, an dem Steinmeier seiner Arbeit nachgeht. Steinmeier werde also sein Lager an jenen Orten aufschlagen und auch die Standarte am Schloss Bellevue werde eingeholt und in der jeweiligen Stadt gehisst.

Frei übersetzt: Steinmeier bringt seinen Arbeitslaptop mit nach Weiden.

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