Energiewende:Wie sinnvoll sind Wasserkraftwerke in Bayern?

Die Ampelkoalition will die Förderung kleiner Anlagen streichen - CSU und Freie Wähler kündigen Widerstand an.

Von Christian Sebald

Energiewende: Das Isarwerk 1 in Thalkirchen. Es ist das älteste noch betriebene Isarkraftwerk in München.

Das Isarwerk 1 in Thalkirchen. Es ist das älteste noch betriebene Isarkraftwerk in München.

(Foto: Stephan Rumpf)

Wenn es um die 4000 kleinen Wasserkraftwerke in Bayern und die Interessen ihrer Betreiber geht, ist Verlass auf Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW). "Wir lassen es nicht zu, dass der Bund die umweltfreundliche Wasserkraft in Bayern gefährdet", poltert Aiwanger. "Wasserkraft ist eine bayerische Paradedisziplin für saubere Energie. Die Ampel darf uns hier nicht das Wasser abdrehen." Auch die CSU-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Kerstin Schreyer, gibt sich entschlossen. Sie spricht von "einem Frontalangriff auf die bayerischen Wasserkraftwerke". Wer die Energiewende ernst nehme, "darf nicht gleichzeitig die Wasserkraft sabotieren". Die Energiewende könne nur gelingen, "wenn die Wasserkraft nicht ausgebremst wird".

Der Grund der Verärgerung von CSU und FW: Die Ampelkoalition will in ihrem neuen Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ab 2023 die Einspeisevergütung für neue und modernisierte Kleinwasserkraftwerke streichen. Als Grund nennt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die besonders negativen Auswirkungen dieser Anlagen auf die Gewässerökologie. Habeck folgt damit der Argumentation zahlreicher Wissenschaftler. Sie beklagen seit Jahren, dass der Beitrag der kleinen Wasserkraft zur Stromversorgung minimal ist, während die Dämme und Deiche für sie die Wanderwege der Fische abschneiden und in den Turbinen Zigtausende Fische sterben. Im November 2021 schlossen sich deshalb 65 Wissenschaftler einem Memorandum des renommierten Leibniz-Instituts für Gewässerökologie an. Dessen zentrale Forderung: Die Förderung für kleine und kleinste Wasserkraftwerke solle ersatzlos gestrichen werden. Nun also will Habeck der Forderung folgen.

Die Ausbeute der kleinen Anlagen ist überschaubar

Kleine Wasserkraftwerke sind Anlagen mit bis zu 1000 Kilowatt Leistung. Die allermeisten davon haben nicht einmal die Leistung eines Kleinwagens. In Bayern gibt es 4200 Wasserkraftwerke. Knapp 4000 sind Kleinanlagen. Sie produzieren zusammen knapp eine Milliarde Kilowattstunden regenerativen Strom im Jahr. Das reicht, um 340 000 Haushalte zu versorgen. Was auf den ersten Blick nach richtig viel aussieht, relativiert sich bei näherem Hinsehen sehr. In Bayern gibt es auch 61 große Wasserkraftwerke mit einer Leistung ab zehn Megawatt. Sie stehen an Inn, Isar, Lech und Donau, aber auch am Main. Diese 61 Anlagen liefern acht Milliarden Kilowattstunden Wasserstrom im Jahr. Das entspricht dem Jahresverbrauch von 2,5 Millionen Haushalten. Wenn es um eine Stärkung der Wasserkraft geht, raten Experten deshalb, sich auf die Modernisierung der großen Kraftwerke zu konzentrieren.

Dennoch werden die Betreiber kleiner Anlagen nicht müde, deren Bedeutung für die Stromversorgung und den Klimaschutz zu betonen. Der Vorsitzende der Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern, Fritz Schweiger, etwa betont gerne, dass die Anlagen, anders als die Solar- und die Windkraft, grundlastfähig sind - also wetterunabhängig Strom liefern. Auch das trifft nur bedingt zu. Die Strommenge aus den bayerischen Wasserkraftwerken - gleich ob klein oder groß - ist insgesamt leicht rückläufig. Experten nennen die Klimakrise als Grund. In den immer häufigeren Hitze- und Trockenperioden leidet auch die Wasserkraft, weil Bäche und Flüsse weniger Wasser führen oder bisweilen sogar trocken fallen.

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