Süddeutsche Zeitung

Volksbegehren:"Querdenker" wollen Landtag abberufen

Die Corona-Leugner werfen dem Parlament vor, gegen die Verfassung zu verstoßen. Nun könnte es bald Neuwahlen geben - wenn sich genug Unterstützer finden.

Von Katja Auer

Ende des Jahres könnte theoretisch eine Neuwahl in Bayern anstehen. Das Innenministerium hat ein Volksbegehren zur Abberufung des Landtags zugelassen. Ein Bündnis aus sogenannten Querdenkern hat dafür nach eigenen Angaben 29 000 Unterschriften gesammelt, 4000 mehr als notwendig. Ihr Argument: Das Parlament missachte die Bayerische Verfassung, die Abgeordneten nickten lediglich die Politik der Regierung ab.

Nach dem Antrag, der nach der Prüfung durch das Innenministerium die gesetzlichen Vorgaben erfüllt, kann nun ein Volksbegehren stattfinden. Als Zeitraum legte das Ministerium die zwei Wochen zwischen dem 14. und dem 27. Oktober fest, wie eine Sprecherin mitteilte. In diesen 14 Tagen müssen sich in den bayerischen Gemeinden mindestens eine Million Menschen in die Listen eintragen, damit das Volksbegehren erfolgreich ist.

Die Bayerische Verfassung regelt in Artikel 18, dass der Landtag aufgelöst werden kann, wenn mindestens eine Million Wahlberechtigte dafür stimmen. Das sind mehr als die zehn Prozent der Wahlberechtigten, die sonst notwendig sind, um ein Volksbegehren zu unterstützen.

Wird die nötige Zahl der Unterstützer erreicht, ist der Landtag nicht automatisch abberufen. Das Parlament hat dann entweder die Möglichkeit, sich selbst aufzulösen. Oder es wird ein Volksentscheid anberaumt, in dem wiederum die Bevölkerung abstimmen muss. Dann reicht allerdings die einfache Mehrheit für einen Erfolg. In dem Fall wird der Landtag abberufen und spätestens nach sechs Wochen müssen Neuwahlen stattfinden.

Es ist das erste derartige Volksbegehren in der jüngeren bayerischen Geschichte, dahinter steht das "Bündnis Landtag abberufen". An dem sind wiederum maßgeblich sogenannte Querdenker beteiligt, darunter Karl Hilz, ehemaliger Polizist und früherer stellvertretender Vorsitzender der Freien Wähler in München.

Die Bayern sind recht rege, was Abstimmungen betrifft, seit 1946 gab es 21 Volksbegehren und 19 Volksentscheide. Die bislang erfolgreichste Initiative war vor zwei Jahren das Volksbegehren Artenvielfalt, innerhalb von zwei Wochen kamen 1,7 Millionen Unterschriften zusammen. Die Staatsregierung stand dadurch stark unter Druck und übernahm die Forderungen in ein neues Naturschutzgesetz - wenngleich mit der Umsetzung noch nicht alle zufrieden sind.

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Quelle:
SZ vom 05.08.2021/van
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