Ladenöffnungszeiten:Selbst im katholischen Italien lachen sie über uns - zu Recht

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Ginge es nach der CSU, könnte es zumindest viermal im Jahr auch an Sonntagen volle Fußgängerzonen geben. (Foto: Marco Einfeldt)

Die CSU will verkaufsoffene Sonntage erleichtern und stößt bei ihrer kirchentreuen Klientel auf Widerstand. Dabei kann das erst der Anfang sein: Auch unter der Woche müssen die Läden länger öffnen - wie es außerhalb Bayerns längst üblich ist.

Kommentar von Florian Fuchs

Man muss sich nur die Dimension des Streitpunkts ansehen, um zu erkennen, wie absurd die Aufregung eigentlich ist: Die CSU möchte an vier Sonntagen im Jahr Läden die Möglichkeit geben, unabhängig von einem Anlass zu öffnen. Vier Sonntage. Das ist bestimmt nicht der Untergang des Abendlandes und beeinträchtigt ganz sicher nicht die Teilhabe der Beschäftigten im Einzelhandel am heimischen Familienleben.

Dass Kirchen und Gewerkschaften sich seit Jahren so in das Thema verbeißen, ist unerklärlich und zielt in die falsche Richtung. Wenn es die CSU ernst meint mit der Stärkung der Familien, kann die Lockerung der strikten Regeln bei der Sonntagsöffnung ohnehin nur ein erster Schritt sein - es braucht wie in den meisten Bundesländern auch verlängerte Öffnungszeiten abends an Werktagen, um das Familienleben in den meisten bayerischen Haushalten zu stärken.

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Die CSU will in ihrem Wahlprogramm verkaufsoffene Sonntage erleichtern - und stößt damit in den eigenen Reihen auf Widerstand. Der Generalsekretär sieht sich gar zu einem Glaubensbekenntnis genötigt.

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Es geht dabei nicht darum, dass alle Bedürfnisse sofort befriedigt und Sonntage nicht mehr der Ruhe vorbehalten sein sollen. Wer einen entspannten Tag ohne Shopping verleben möchte, kann das tun. Anders herum entzerren Sonntags- und Abendöffnungen aber die Zeiten, in denen berufstätige Eltern entspannt einkaufen können - hektisch am Samstag in übervolle Supermärkte zu rennen, entfällt damit. Am Ende bleibt mehr Familienzeit. Beschäftigten im Einzelhandel erwächst daraus kein Nachteil. Was allein schon daran zu sehen ist, dass bei allen verkaufsoffenen Sonntagen die Mitarbeiter Schlange stehen, um arbeiten und Sonntagszuschläge sowie Ersatzfreizeit abgreifen zu dürfen.

Es gibt sehr viele Berufe mit Sonntagsarbeit: Busfahrer, Ärzte, sogar Pfarrer. Wieso dürfen die Menschen sonntags nicht einkaufen, aber essen gehen, wo sie von Kellnern bedient werden? Im katholischen Italien lachen sie uns dafür aus - völlig zu Recht.

© SZ vom 05.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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