Bayerischer Verfassungsgerichtshof:Grüne wollen mehr Transparenz bei der Richterwahl

Bayerischer Verfassungsgerichtshof

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat einen Präsidenten, 22 Berufsrichter und 15 ehrenamtliche Mitglieder.

(Foto: dpa)

Künftig sollen mehrere Kandidaten für das Verfassungsgericht in einem offeneren Wettbewerb antreten - damit der Landtag eine echte Wahl hat.

Von Johann Osel

Die Grünen fordern, die Wahl von Verfassungsrichtern in Bayern breiter und transparenter zu gestalten. "Faktisch ist der Landtag dabei ausgeschaltet, dabei sind es offiziell wir, die diese Richter wählen", sagt der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Toni Schuberl. Um diese "Diskrepanz" zu beheben, sollten künftig mehrere Kandidaten und in einem offeneren Wettbewerb antreten. Erst kürzlich habe es im Verfassungsausschuss eine Petition gegeben, in der den Richterinnen und Richtern des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vorgeworfen wurde, "der Staatsregierung und konkret der CSU zu nahe zu stehen".

Auch wenn dies nicht der Fall sei, brauche es ein reformiertes Prozedere alleine deshalb, um einen solchen Eindruck in der Bevölkerung zu vermeiden, sagt Schuberl. Er ist Mitglied der Wahlkommission des Landtags, die vor der Abstimmung über Gerichtshofpräsidenten und Richter im Plenum nicht-öffentlich zusammentritt.

Der Verfassungsgerichtshof (VerfGH) setzt sich wie folgt zusammen: ein Präsident, 22 Berufsrichter, die anders als am Bundesverfassungsgericht im Nebenamt walten, sowie 15 ehrenamtliche Mitglieder (mit Vertretern). Am Dienstag wählte der Landtag Hans-Joachim Heßler zum neuen Präsidenten, Anfang Oktober wird er Peter Küspert nachfolgen, der in den Ruhestand geht. Heßler wird dann zugleich Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) München.

Justizminister Georg Eisenreich (CSU) betonte, Heßler sei ein "Ausnahme-Jurist und erfahrener Verfassungsrichter", er sei seit 1985 im Justizdienst. Der für Verfassungsrecht zuständige Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sprach von einer "Idealbesetzung". Schuberl will "weder an der juristischen Exzellenz noch an der Unabhängigkeit" des neuen Präsidenten zweifeln, auch habe er "größtes Vertrauen in Unabhängigkeit und Exzellenz" des Gerichtshofs insgesamt. Seine Bedenken bezögen sich rein auf das Wahlverfahren.

Heßler folgt Küspert als Verfassungsgerichtshof-Präsident

Hans-Joachim Heßler ist der neue Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Laut dem VerfGH-Gesetz ist der Präsident aus den Spitzen der drei OLG zu wählen, München, Nürnberg und Bamberg. Schuberl fragt sich, ob die anderen beiden nach ihrem Interesse dafür gefragt wurden; falls ja, welche Argumente gegen sie sprachen. Derlei Dinge müssten dem Wahlausschuss erklärt werden: "Wir können derzeit sozusagen nur die Hand heben." Im aktuellen Fall genügte es zudem, dass die Person erst nach der Wahl auch Präsident eines OLG wird. Das eröffne generell "die Möglichkeit, dass eben doch aus einer großen unbestimmten Zahl" von Richtern ausgewählt werden könnte, meint Schuberl.

Bei den einzelnen Richtern, die auf Vorschlag des VerfGH-Präsidenten in den Ausschuss kämen, gebe es ebenfalls keine Debatte; Aspiranten seien auch nicht anwesend. Wegen der Verschwiegenheitspflicht der Ausschussmitglieder würde aber bei "Auswahlmöglichkeiten" niemand nach einer Niederlage beschädigt. Die Fraktion will dazu einen Gesetzesentwurf erarbeiten. Eine Option sei es auch, dass eine Zweidrittelmehrheit erforderlich werde. Seine Einwände übermittelte Schuberl kürzlich Landtagspräsidentin Ilse Aigner in einem Brief. Sie sitzt der Wahlkommission vor.

Das für die Rechtsgrundlagen zuständige Innenministerium teilte auf SZ-Anfrage mit: "Ein Änderungsbedarf ist für uns nicht erkennbar", das Wahlverfahren habe sich "bewährt". Gesetzesentwürfe dazu, etwa einer der SPD zur Einführung einer Zweidrittelmehrheit, hätten im Landtag nie eine Mehrheit gefunden. Übrigens sei Heßler noch eindeutiger gewählt worden.

Die ehrenamtlichen Verfassungsrichter, die in Spruchkammern die Berufsrichter ergänzen, werden völlig unzweideutig vom Landtag bestimmt. Die Fraktionen dürfen Juristen nominieren, der Landtag wählt sie für eine Legislaturperiode - "als Spiegelbild des parteipolitischen Kräfteverhältnisses" dient dies als eine Säule des VerfGH. Zuletzt stand diese Richtergruppe medial im Fokus, weil einer der beiden von der AfD entsandten Richter zumindest als Zuschauer dabei war, als in Berlin Corona-Gegner die Reichstagstreppe stürmten.

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