Bayerischer Verdienstorden 2024:Aufregung, Freude und auch Frust bei den Ausgezeichneten

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Ministerpräsident Markus Söder verlieh am Donnerstag 60 Frauen und Männern den Verdienstorden. (Foto: Lukas Barth-Tuttas)

Einmal im Jahr wimmelt es in der Münchener Residenz vor Prominenz – bei der Verleihung des bayerischen Verdienstordens. Doch unter den Ausgezeichneten sind auch weniger Bekannte mit großem Engagement und starker Meinung.

Von Benedikt Heider, München

Mechthild Bernart ist heute auf geheimer Mission in München. Die Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters Thyrnau (Landkreis Passau) hatte am Morgen ihren Mitschwestern im Kloster gesagt, sie mache einen Ausflug in die Stadt: „Und dann wollte tatsächlich niemand wissen wohin“, sagt sie und lacht verschmitzt. Eigentlich seien ihre Mitschwestern ziemlich neugierig, wenn sie mal wegfahre, verrät sie. „Wenn ich ihnen gesagt hätte, wohin ich fahre, hätten sie sich so gefreut, dass sie es nicht für sich behalten hätten“, rechtfertigt sie ihre Verschwiegenheit. Am Abend wird sich ihre Klostergemeinschaft dann wohl wundern, denn den schwarz-weißen Habit ihrer Äbtissin schmückt nun neben ihrem goldenen Brustkreuz, auch der weiß-blaue bayerische Verdienstorden mit Rautenmuster und goldenem bayerischen Löwen.

Mechthild Bernart, die Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters Thyrnau, hat ihren Mitschwestern nicht verraten, dass sie nach München reist. (Foto: Benedikt Heider)

„Die Auszeichnung ist aber nicht nur eine Auszeichnung für mich, sondern für das ganze Kloster“, betont die Ordensfrau, die seit rund 20 Jahren die Geschicke ihrer Abtei lenkt, bescheiden: „Ohne Äbtissin kann ein Kloster nicht bestehen, aber eine Äbtissin ist auch nichts ohne ihre Gemeinschaft.“ Dabei sei ihre Gemeinschaft so klein, sagt die Ordensfrau. Aktuell seien sie acht Schwestern und eine Novizin. Der Klosternachwuchs mache ihr Sorgen, gibt sie zu.

Nachwuchssorgen hat auch Preisträger Konrad Ammon aus Fürth. Der Metzgermeister hat sich in seiner Region und weit darüber hinaus einen Namen gemacht. „Seit vielen Jahren setzt er sich engagiert für die Handwerksbetriebe und regionale Vermarktungskreisläufe ein“, lautet die Laudatio auf ihn. Doch Schließungen von Metzgereien, Fachkräftemangel und fehlende Auszubildende stimmen den Metzgermeister nachdenklich. Ob seine Auszeichnung daran etwas ändert? Er hofft es. Um einen Aufschwung im Handwerk zu erleben, brauche es aber noch mehr, sagt er: „Heute waren unter den vielen Preisträgern nur drei Handwerker. Das zeigt ein gesellschaftliches Problem. Das Handwerk wird nicht wahrgenommen und wertgeschätzt.“

Metzgermeister Konrad Ammon aus Fürth wird für sein Engagement für die Handwerksbetriebe und regionalen Vermarktungskreisläufe ausgezeichnet. (Foto: Lukas Barth-Tuttas)

Die Gesellschaft müsse aber sehen, dass ohne Handwerk das Land stillstehe. Dafür habe sein Verband zuletzt eine Werbekampagne gestartet, erzählt er stolz und hofft, dass das Handwerk wieder einen besseren Ruf bekomme. Er selbst stehe an der Spitze eines Familienbetriebs, der seit mehr als 100 Jahren bestehe. Seinen Kindern habe er vorgelebt, wie erfüllend das Handwerk sein kann – „Und sie stehen in den Startlöchern den Betrieb weiterzuführen“, sagt Ammon nicht ohne Stolz.

Die Preisverleihung des bayerischen Verdienstordens findet traditionell im Antiquarium der Münchener Residenz statt. In diesem Jahr wurden 60 Personen aus Sport, Kultur, Politik und Gesellschaft ausgezeichnet. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte die Unterschiedlichkeit der Preisträgerinnen und -träger und lobte die Vielfalt der großen „Ordensgemeinschaft“. Die Ausgezeichneten hätten das Land zu dem gemacht, was es ist – in vielen Fällen seien sie immer wieder über sich hinausgewachsen, so Söder. Ihr Beispiel solle ein Ansporn für die Gesellschaft sein.

Zu den neuen Ordensträgern gehört auch Schauspieler Wolfgang Fierek... (Foto: Lukas Barth-Tuttas)
... so wie Musikerin Claudia Koreck und (Foto: Lukas Barth-Tuttas)
... der frühere Rennrodler Georg Hackl (links) sowie die Torwartlegende Sepp Maier. (Foto: Annkathrin Stich/dpa)

Fast alle Plätze waren heute in der Münchener Residenz besetzt. Doch der Platz von Michael Höhenberger blieb leer. Der Staatsbeamte starb vor der Preisverleihung. Für ihn ist Maria Teodorescu zur Preisverleihung gekommen. „Mein Puls war auf 130“, sagt sie im Anschluss an den Festakt. Es sei für sie sehr emotional und eine große Ehre gewesen, den Preis für den Verstorbenen entgegenzunehmen – „Michael war wie ein Vater für mich“.

Der bayerische Verdienstorden wurde 1957 von Ministerpräsident Wilhelm Hoegner gestiftet. Insgesamt wurde er laut Staatskanzlei schon an rund 5950 Personen verliehen – doch die Zahl seiner lebenden Trägerinnen und Träger ist auf 2000 begrenzt. Aktuell gibt es circa 1500 Verdienstorden-Tragende in Bayern. Darunter auch der amtierende bayerische Ministerpräsident – er erhält mit Amtsantritt den Orden. Die Preisträgerinnen und Preisträger haben das Recht, auf Lebenszeit kostenfrei die staatlichen Schlösser, Gärten und Seen und Museen, Sammlungen und Sonderausstellungen zu besuchen. Ebenso beinhaltet der Preis die kostenlose Nutzung der Bayerischen Schifffahrt auf dem Ammersee, Königssee, Starnberger See und Tegernsee.

Teil des Festaktes war auch die Ehrung der toten Ordensträger. Stellvertretend für die etwa 70 Verstorbenen dieses und des vergangenen Jahres wurde an Franz Beckenbauer, Fredl Fesl, Alois Glück, Henry A. Kissinger, Ruth Maria Kubitschek, Michael Verhoeven, Elmar Wepper und Fritz Wepper erinnert.

Die Ordensträgerinnen und Ordensträger:

Klaus Adelt, Selbitz; Inge Alzner, Fürth; Jörg Ammon, Nürnberg; Konrad Ammon, Fürth; Georg Anastasiadis, München; Ulrich Bauer-Marks, Nürnberg; Prof. Dr. Winfried Bausback, Aschaffenburg; Claudia Beil, Erding; Äbtissin Dr. Mechthild Bernart, Thyrnau; Thomas Brunner, Burgthann; Alexandra Burghardt, Altötting; Schwester Ursula Teresa Buske, Rödelsee; Ruth Ceslanski, Nürnberg; Rabbinerin Dr. Antje Yael Deusel, Bamberg; Angelika Dreock-Käser, Bernried; Irene Durukan, Bad Aibling; Dr. Ute Eiling-Hütig, Feldafing; Günther Felßner, Lauf an der Pegnitz; Wolfgang Fierek, Aying; Thomas Gaitanides, München; Adelheid von Gemmingen-Hornberg, Friedenfels; Thorsten Glauber, Pinzberg; Georg Hackl, Bischofswiesen; Abt emeritus Wolfgang Maria Hagl, Metten; Ludwig Hartmann, München; Alexander Herrmann, Wirsberg; Dr. Hans-Joachim Heßler, München; Vanessa Hinz, Schliersee; Michael Höhenberger (†), München; Anton Hötzelsperger, Prien am Chiemsee; Hildegard Hoffmann, München; Klaus Holetschek, Memmingen; Harald Hübner, München; Anna Maria Kaufmann, München; Iris Knobloch, München; Karl-Heinz Knoll, Schliersee; Wolfgang Köhler, Nürnberg; Claudia Koreck, Surberg; Peter Kraus, Morcote/Schweiz; Fitzgerald Kusz, Nürnberg; Oberst a.D. Stefan Leonhard, Berchtesgaden; Patrick Lindner, München; Sepp Maier, Hohenlinden; Goyo Montero, Nürnberg; Tatjana Pokorny, Grainau; Franziska Preuß, Ruhpolding; Dr. Christiane Raabe, München; Hilde Ruß, Hallstadt; Tilmann Schöberl, München; Christian Schottenhamel, Grünwald; Bernhard Seidenath, Hilgertshausen-Tandern; Traudi Siferlinger, München; Artur Steinmann, Sommerhausen; Lioba Strößenreuther, Ottobrunn; Dr. Christine Theiss, München; Dorothée Wahl, München; Alice Walchshöfer, Roth; Bettina Wirth, Rimpar; Kathrin Zellner, Röhrnbach; Professor Oliver Zipse, München.

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