SZ-Serie: Urlaub daheim:Auf dem Weg der Burgen und Schlösser

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In den Haßbergen finden Ausflügler nicht nur viel Ruhe und eine weitläufige Landschaft, sondern eine überraschend große Anzahl an Adelssitzen. Aber auch der jüngeren Geschichte kann man bei dieser Tour begegnen.

Von Katja Auer

Wer Burgen mag und alte Schlösser oder was davon noch übrig ist, der könnte in den Haßbergen sein Glück finden. Auf bald jeder Erhebung steht eine Ruine und noch so kleine Dörfer warten mit einst prunkvollen Landsitzen auf, was auch daran liegt, dass die Herrschaftsverhältnisse kompliziert waren in der Gegend im heutigen Unterfranken und die Adelssippschaften zahlreich. 15 Burgen und Ruinen soll es geben in den Haßbergen und 26 Schlösser.

Burgpreppach zum Beispiel, Preppich im Volksmund, ein Markt mit Wirtshaus, Dorfladen, Weiher. Und einer barocken Schlossanlage aus dem 18. Jahrhundert, die seltsam überdimensioniert wirkt im beschaulichen Drumrum. Drei Flügel, vier Pavillons am Hauptbau, die das Schloss wie ein Kastell umschließen. Ortsbildprägend, wenngleich es nie ganz fertig geworden ist. Frankens großer Baumeister Balthasar Neumann hat daran mitgewirkt. Erbauen ließen es die Fuchs von Bimbach und Dornheim, deren Fuchs Burgpreppach noch heute im Wappen trägt. Immer noch im Privatbesitz einer Nachfahrin der Erbauer kann das Schloss nach Vereinbarung besichtigt werden. Für Feste werden Räume vermietet, in Nicht-Pandemie-Zeiten finden Konzerte und Veranstaltungen statt.

Burgpreppach ist ein guter Ausgangspunkt für Wanderungen und Radtouren, wie sich die Haßberge überhaupt ganz wunderbar eignen für Unternehmungen. Vorausgesetzt, man mag es einsam. Stundenlang kann man durch die Gegend stromern, ohne auf andere Menschen zu treffen. Feldhasen, Rehe, Fasane sogar und allerlei Vögel scheinen jedenfalls in deutlich größerer Zahl unterwegs zu sein.

Bei fränkischen Naturschönheiten wird zuallererst die Fränkische Schweiz aufgezählt mit ihren dramatischen Felsformationen und der wildromantischen Wiesent. Befürworter eines dritten Nationalparks in Bayern kennen noch den Steigerwald mit seinen alten Buchenwäldern. Und wer schon einmal auf dem Kreuzberg eingekehrt ist auf ein Bier in der Klosterbrauerei, hat vielleicht auch die Hochmoore der Rhön durchwandert.

Aber die Haßberge? Naturpark immerhin, im Nordosten an Thüringen grenzend, im Süden an den Main, gelegen in den unterfränkischen Landkreisen Schweinfurt, Rhön-Grabfeld und eben Haßberge. Schon der Name klingt wenig einladend, dabei ist die Herkunft schwer zu belegen, die Theorien darüber sind zahlreich, fest steht, dass er nichts zu tun hat mit dem zufällig gleichlautenden ganz und gar negativen Gefühl. Was nach schwarz zerklüftetem Gebirge klingt, für minimale fantasiebegabte Menschen zumindest, stellt sich als weichwellige Hügellandschaft dar. Nicht unberührt, sondern von jahrhundertelanger Bewirtschaftung geprägt. Wer gerne Vergleiche hat, der mag sich tatsächlich an die Toskana erinnert fühlen, auch wenn das viele Landstriche für sich beanspruchen. Die Flurbereinigung hat auch die Haßberge nicht verschont, dennoch gibt es Hecken aus Schlehen und Weißdorn, alte Obstbäume sprenkeln die Wiesen, oft mit Misteln bewachsen wie mit überdimensionalen Weihnachtskugeln. Viel Wald prägt die Gegend, Mischwald, in dem jetzt die Buschwindröschen einen weißen Teppich auslegen. Baunach und Weisach durchfließen die Gegend in geduldigen Schleifen.

Wer in Burgpreppach losradelt, erreicht nach kurzer Steigung Leuzendorf, ein paar Häuser nur, mit einem herrschaftlichen Landsitz. Der ist erstmals im 14. Jahrhundert erwähnt und wechselte über die Jahrhunderte mehrmals die Besitzer. Die Herren von Erthal waren darunter, unter deren Ägide im 18. Jahrhundert die kleine St.-Michaels-Kirche erbaut wurde. Ein Blick hinein lohnt sich, ist der Innenraum doch überaus kunstvoll im Stil des Frührokoko ausgestattet. Wer anfängt, die vielen Putti zu zählen, die auf der Kanzel sitzen und auch sonst Bilder und Skulpturen umschweben, sollte sich eine ganze Weile Zeit nehmen.

So geht es weiter, in Pfaffendorf steht schon das nächste Schloss, ein Barockbau aus dem 18. Jahrhundert, heute ein Jugendhilfezentrum der Salesianer Don Boscos. Nun ließe sich ein Abstecher machen zur Burgruine Altenstein, wo beeindruckende Reste von früherer Größe zeugen und sich ein Panoramablick über die Haßberge bietet. Maroldsweisach, kurz "Maro", wartet ebenfalls mit einem Schloss auf und in Dippach stehen die mächtigen Reste einer alten Ringmauer. Von Schloss zu Burg, von Ruine zu Prachtbau führen die Wege, wer nicht genug bekommt, findet immer noch ein Zeugnis aus der Vergangenheit.

Auch die jüngere Geschichte lässt sich erzählen bei dieser Tour. Die führt nämlich durch Ermershausen, schon fast in Thüringen, das 1978 mindestens bayernweite Bekanntheit erlangte als Rebellendorf. Damals war der Ort zwangsvereinigt worden mit dem benachbarten Maroldsweisach, über Nacht waren Hundertschaften der Polizei in das Dorf eingerückt und hatten das Rathaus besetzt. Beklemmende Geschichte gibt es von damals, die Ermershäuser jedenfalls kämpften jahrelang gegen das Diktat der Staatsregierung, bis sie 1994 ihre Eigenständigkeit zurückerhielten. Heute gilt das Dorf - neben dem Spiegelsaal der Harmonie in Bamberg zum Beispiel, wo 1919 die erste demokratische Verfassung des Freistaats verabschiedet wurde, oder Vilshofen, dem Geburtsort des politischem Aschermittwochs - als "Ort der Demokratie". Der Landtag hat im vergangenen Jahr zwölf solcher Orte benannt, an denen die Demokratie in Bayern besonders geprägt wurde.

Wieder zurück in die Geschichte führt der Weg vorbei an der Bettenburg, die als Wahrzeichen der Haßberge gilt. Ein Renaissance-Schloss mit langer, bewegter Geschichte, das heute ein Seminar- und Tagungszentrum beherbergt und nicht frei zugänglich ist. Im Gegensatz zum Landschaftspark ganz in der Nähe, noch ein Relikt vergangener Adelsherrschaft. Freiherr Christian Truchsess von Wetzhausen gab ihn 1789 in Auftrag, allerlei Denkmäler und kleine Bauwerke säumen einen Rundweg durch den Wald. Der Erbauer versammelte Anfang des 19. Jahrhunderts berühmte Literaten um sich, vom "Weimar der Haßberge" wird in dem Zusammenhang gerne gesprochen, um noch einen Vergleich zu bemühen. Jean Paul gehörte zur Bettenburger Tafelrunde und später auch Friedrich Rückert, dem ganz in der Nähe ein eigener Wanderweg gewidmet ist. Für die nächste Tour vielleicht.

© SZ vom 09.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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