Bayerischer Landtag"Organisierte Verantwortungslosigkeit"

Lesezeit: 3 Min.

Ging bei Standortauswahl und Mietvertrag für das Nürnberger Zukunftsmuseum alles mit rechten Dingen zu? Diese Frage stand von Beginn an im Mittelpunkt des Untersuchungsausschusses, den der Landtag dazu Anfang des Jahres eingerichtet hatte.
Ging bei Standortauswahl und Mietvertrag für das Nürnberger Zukunftsmuseum alles mit rechten Dingen zu? Diese Frage stand von Beginn an im Mittelpunkt des Untersuchungsausschusses, den der Landtag dazu Anfang des Jahres eingerichtet hatte. (Foto: Daniel Karmann/DMN)

In ihrer Bilanz des Untersuchungsausschusses zum Nürnberger Zukunftsmuseum halten die Oppositionsfraktionen ihre Kritik an der CSU aufrecht: Durch deren "tölpelhaftes", fahrlässiges Agieren bei Söders "Prestigeprojekt" sei den Steuerzahlern ein Millionenschaden entstanden.

Von Johann Osel

Der Untersuchungsausschuss zum Nürnberger Zukunftsmuseum geht zu Ende, Grüne, SPD und FDP halten nach der Beweisaufnahme an zahlreichen Vorwürfen fest: Ministerpräsident Markus Söder (CSU) habe mit seinem "Prestigeprojekt" in seiner Heimatstadt den Steuerzahlern in Bayern einen Millionenschaden beschert, teilten Vertreter der drei Oppositionsfraktionen am Montag mit. Demnach wäre das Museum deutlich kostengünstiger zu verwirklichen gewesen, hätte Söder nicht, damals noch als Finanzminister, das Projekt "an den Regeln vorbei und zum Vorteil eines CSU-Parteispenders durchgesetzt". Die einst erhobene Anschuldigung einer Vetternwirtschaft nimmt die Opposition zwar mittlerweile so nicht mehr in den Mund - spricht dafür aber von "organisierter Verantwortungslosigkeit" und "mindestens grober, grober Fahrlässigkeit", aus der eine "Kostenexplosion" entstanden sei.

In fast 100 Sitzungsstunden mit drei Dutzend Zeugen und sechs Gigabyte digitalisierten Akten hat sich der U-Ausschuss, der am Montag auch zum letzten Mal zusammentrat, dem Museum gewidmet. Das Aufklärungsgremium wollte prüfen, ob bei Standortauswahl und Mietvertrag alles mit rechten Dingen vonstatten gegangen ist. Die Einrichtung wurde 2021 als Dependance des Deutschen Museums im Nürnberger Augustinerhof eröffnet. Söder selbst hatte dazu die Idee, 2014 im Rahmen der Nordbayern-Initiative der Staatsregierung.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Auf alles in allem 200 Millionen Euro über die 25-jährige Laufzeit summierte der Oberste Rechnungshof (ORH) mal die Kosten des Museums für die öffentliche Hand, vor allem wegen eines "vermieterfreundlichen" Vertrags. Verdacht bei der Opposition erregte zudem, dass der Vermieter des Augustinerhofs - der Nürnberger Immobilieninvestor Gerd Schmelzer - regelmäßig als CSU-Parteispender in Erscheinung trat.

Die CSU hatte bereits vorige Woche ein ganz anderes Resümee des U-Ausschusses gezogen. "Der Vorwurf der Vetternwirtschaft über Spendenzahlungen konnte beseitigt werden", sagte der Ausschussvorsitzende Josef Schmid bei der Vorstellung des Abschlussberichts der Regierungsfraktionen. Schmelzers Spenden an die Partei hätten nicht im Zusammenhang mit dem Museum gestanden, sondern dem Zweck gedient, den Kommunalwahlkampf seiner Gattin zu unterstützen, der Nürnberger CSU-Kulturbürgermeisterin Julia Lehner. Außerdem verwies Schmid auf zwei vom U-Ausschuss angeforderte Gutachten - diese zeigten, dass die Miete zwar teuer, aber nicht zu teuer sei, weil es sich um einen Spezialbau mit einmaligen Anforderungen handele. "Bis auf die Knochen blamiert", so Schmid, habe sich in der ganzen Causa also nur die Opposition.

Museum in Nürnberg
:U-Ausschusschef sieht Vorwurf der Vetternwirtschaft bei Zukunftsmuseum widerlegt

Es habe keinen Alleingang des damaligen Finanzministers und jetzigen Ministerpräsidenten Markus Söder gegeben, sagt Josef Schmid (CSU). Er kritisiert die Opposition - und den Obersten Rechnungshof.

Von Katja Auer

Nun, Grüne, SPD und FDP sehen das eben anders. Sie haben ihre Deutungen als Minderheitenbericht verfasst. Auch wenn es "keine justiziablen Erkenntnisse" gebe, sagte Verena Osgyan (Grüne), blieben nicht rekonstruierbare Abläufe, etwa wie es tatsächlich zum Zuschlag für Schmelzer kam. Und letztlich habe sich der Freistaat "tölpelhaft über den Tisch ziehen lassen", das sei kein Musterbeispiel transparenten und verantwortungsvollen staatlichen Handelns. Sebastian Körber (FDP) führte dazu aus, dass Söder ein Jahr vor Vertragsabschluss den Augustinerhof bei einem Pressetermin als Standort verkündet habe. Dadurch sei die Verhandlungsposition dramatisch verschlechtert worden, Schmelzer habe die Konditionen quasi diktieren können. Man müsse "erst mal einen Dummen finden, der so einen Mietvertrag unterschreibt". Den gutachterlichen Stellungsnahmen, die den Kontrakt als angemessen einstuften, attestierte Körber fehlende "Detailtiefe". Eine anderslautende Gutachter-Expertise im Auftrag der Opposition habe die CSU nicht als Beweismittel zugelassen.

Volkmar Halblaib (SPD) sieht ohnehin den Versuch der CSU, im Ausschuss "eine Mauer einzuziehen" zwischen Söder und allen Vorgängen rund um das Museum. Die Arbeit im U-Ausschuss sei geprägt gewesen von "massiver Angst der CSU, weil es um ihren Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten geht". Vorstöße der Opposition seien ausgebremst worden. Ausschusschef Schmid mag sich laut Halblaib durch seine Leitung für höhere Aufgaben in der CSU empfohlen haben, habe aber nicht die Aufklärung befördert.

Was es auffällig üppig gibt an diesem Montag: Lob für das Zukunftsmuseum an sich, ein "großartiges und erfolgreiches" Haus. Der Ministerpräsident, Schmid und andere aus der CSU hatten der Opposition ja oft zur Last gelegt, Nürnberg solch ein "geiles Projekt" (O-Ton Söder) nicht zu gönnen. 120 000 Besucher im Jahr zählt das Zukunftsmuseum, viel mehr als andere Außenstellen des Deutschen Museums, zum Stolz vieler Nürnberger Bürger. Diesbezüglich beendet die Opposition also ein bisschen versöhnlich die Untersuchung; vielleicht, weil auch in Nürnberg ein Wahlkampf ansteht.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

MeinungU-Ausschuss Zukunftsmuseum
:Ein Freispruch zweiter Klasse

SZ PlusKommentar von Johann Osel
Portrait undefined Johann Osel

Lesen Sie mehr zum Thema

  • Medizin, Gesundheit & Soziales
  • Tech. Entwicklung & Konstruktion
  • Consulting & Beratung
  • Marketing, PR & Werbung
  • Fahrzeugbau & Zulieferer
  • IT/TK Softwareentwicklung
  • Tech. Management & Projektplanung
  • Vertrieb, Verkauf & Handel
  • Forschung & Entwicklung
Jetzt entdecken

Gutscheine: