Naturparke in Bayern:Wo der Naturschutz nicht die höchste Priorität hat

Naturpark in Bayern Naturschutz

Das Naturdenkmal Hochfels ist ein Juwel im Naturpark Oberpfälzer Wald.

(Foto: Tourismuszentrum Oberpfälzer Wald)
  • In Bayern gibt es 19 Naturparke, die ein Drittel der Fläche Bayerns einnehmen.
  • Allerdings ist ein Naturpark nicht gleichbedeutend mit einem Naturschutzbegiet.
  • Kritiker bemängeln, dass es in den Parken zahlreiche "Naturschutz-Sünden" gibt.

Von Christian Sebald

Dichte, dunkle Fichten- und Kiefernwälder, weitläufige Weiherlandschaften und tief ins Hügelland eingeschnittene Flusstäler wie das der Waldnaab: Das ist der Naturpark Oberpfälzer Wald. Mit ein wenig Glück kann man im Hügelland an der Grenze zu Tschechien Seeadler, Schwarzstörche und Feuersalamander beobachten. Kreuzottern, die hier einst sehr weit verbreitet waren, trifft man inzwischen hingegen eher selten an.

Das Charlottenhofer Weihergebiet wiederum mit seinen extensiv bewirtschafteten Karpfenteichen ist eine der wenigen Gegenden Deutschlands, wo so seltene Wasserpflanzen wie der Herzlöffel gedeihen. Ausflügler und Urlauber schätzen den Naturpark Oberpfälzer Wald sehr, zumal es dort sehr viele Wander- und Radwege und deftige Spezialitäten wie Zoiglbier und gebackenen Karpfen gibt.

Der Oberpfälzer Wald ist einer von 19 Naturparken in Bayern. Und mit 82 000 Hektar Fläche zählt er zu den mittelgroßen. Der größte und wohl bekannteste ist der Naturpark Altmühltal mit knapp 300 000 Hektar Fläche. Der Naturpark Steinwald, der ebenfalls in der Oberpfalz liegt, ist mit 23 000 Hektar ein ganz kleiner. Der älteste ist der im Spessart, er wurde 1960 ausgewiesen. Der jüngste wurde vor zwei Jahren im Ammergebirge eingerichtet. Viele Naturparke liegen in Urlaubs- und Freizeitregionen, im Bayerischen Wald, in der Fränkischen Schweiz oder im Oberallgäu. Es gibt aber auch weithin unbekannte, wie den Naturpark Augsburg Westliche Wälder.

Zusammen nehmen die 19 Naturparke ein Drittel Bayerns ein, wie jetzt der Deggendorfer Landrat und Chef des Landkreistags, Christian Bernreiter (CSU), anlässlich der Eröffnung einer kleinen Ausstellung über die Naturparke in der Münchner Zentrale seines Kommunalverbands betont hat. Im Umweltministerium und an den Landratsämtern sind sie stolz auf die Quote. Sie wirkt so, als hätten die Natur und ihr Schutz einen immensen Rang in Bayern. "Unsere Naturparke zeigen, dass Naturschutz im Einklang mit den Menschen möglich ist", sagt Bernreiter.

Dabei ist es mit dem Naturschutz in den Naturparken so eine Sache. Im bayerischen Naturschutzgesetz heißt es, dass sich Regionen als Naturparke eignen, "die überwiegend als Landschaftsschutzgebiete oder Naturschutzgebiete festgesetzt sind". Was unter "überwiegend" zu verstehen ist, lässt das Gesetz offen. Außerdem muss man wissen, dass "Landschaftsschutzgebiet" die weichste Naturschutz-Kategorie ist. Sie hat eine Region bisher nie vor Flächenfraß oder Agrarchemie bewahrt. Anders Naturschutzgebiete. Sie dienen explizit dem Erhalt seltener Tier- und Pflanzenarten. Dafür werden sie sehr viel seltener ausgewiesen. Im Naturpark Oberpfälzer Wald klaffen die Anteile weit auseinander. 55 000 Hektar oder zwei Drittel des Naturparks sind Landschaftsschutzgebiete. Die drei zentralen Naturschutzgebiete des Naturparks summieren sich auf 1100 Hektar oder 1,3 Prozent seiner Fläche.

Große Projekte mitten in den Naturparken

Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogelschutz (LBV), kennt zahlreiche "Naturschutz-Sünden" in Naturparken. "Der Streit um die Skischaukel am Riedberger Horn ist die wohl prominenteste", sagt Schäffer. "Dass der Berg mitten im Naturpark Nagelfluhkette liegt und das einer der vielen Gründe ist, warum er tabu sein sollte für Projekte wie eine Skischaukel, ist komplett ignoriert worden." Oder ganz aktuell die Pläne für eine Fußgänger-Hängebrücke über das Höllental im Naturpark Frankenwald. Sie soll einmal die weltweit längste ihrer Art werden und Zigtausende Ausflügler in die stille Region ziehen. "Dass die Brücke mitten in einem Naturpark über ein Naturschutzgebiet gespannt werden soll, stört weder die Planer noch die Mehrheit der Bevölkerung", sagt Schäffer. "Das sagt alles über den Stellenwert des Naturschutzes in Naturparken."

Die Landräte, deren Landkreise Träger der jeweiligen Naturparke sind, weisen die Kritik natürlich zurück. Zugleich heben sie sehr stark auf eine zweite Bestimmung im Naturschutzgesetz ab. Danach kommen Naturparke für Regionen in Frage, die "sich (...) für umweltverträgliche Erholungsformen besonders eignen". In den Worten des Eichstätter Landrats Anton Knapp (CSU) hört sich das so an: "Es ist das Anliegen der Naturparke, eine Landschaft und ihre Besonderheiten erlebbar zu machen, sie den Menschen näher zu bringen." Knapp ist Vorsitzender des Naturparkeverbands Bayern und damit gleichsam oberster Chef der Naturparke. Der Landkreis Eichstätt ist Zentrum des Naturparks Altmühltal und hat einen ungeheuren touristischen Aufschwung erlebt. "Die Naturparke leisten einen wichtigen Beitrag zur Regionalentwicklung", lautet Knapps Credo.

Gleichwohl blieben viele Naturparke lange unbeachtet. Einen richtigen Aufschwung erlebten sie erst durch den Streit über einen dritten Nationalpark in Bayern. Damals entdeckten viele Nationalpark-Gegner die Naturparke als Möglichkeit, für den Erhalt von Natur und Landschaften in Bayern und zugleich gegen einen weiteren Nationalpark zu sein. Auch Ministerpräsident Markus Söder fuhr diesen Kurs. Als er im Frühjahr dem dritten Nationalpark eine Absage erteilte, kündigte er zugleich die Aufwertung der Naturparke an. "Wir stellen die Idee eines Nationalparks zurück und stärken stattdessen die Naturparke", sagte er in seiner Regierungserklärung. "Dort richten wir Naturparkzentren und Naturparkranger ein. Naturschutz findet nicht nur in den Nationalparken statt."

Die Landräte haben die Botschaft mit großem Gefallen vernommen. Sie bringt den 19 Naturparken mehr Geld und neue Planstellen. Die Naturschützer nennen es ein Unding, Naturparke und Nationalparke gegeneinander in Stellung zu bringen. "Sie sind einfach nicht vergleichbar, in Nationalparken hat der Naturschutz - anders als in Naturparken - absoluten Vorrang", sagt Schäffer. Wer ein echtes Plus für den Naturschutz in Bayern wolle, der komme um einen weiteren Nationalpark nicht herum.

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