Atomausstieg:Energieverband will schnelleren Ausbau der Windkraft

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Windkraftanlagen produzieren besonders effektiv grünen Strom. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Bayerns Anteil am Windkraftausbau in Deutschland hat 2020 keine zwei Prozent betragen. Der Energieverband kritisiert die Staatsregierung für den Stillstand beim Ausbau - und das Festhalten an der 10-H-Regel.

Von Christian Sebald, München

Der Verband der bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft, kurz VBEW, und seine ungefähr 400 Mitgliedsunternehmen zählten lange Jahre zu den treuesten Fans der bayerischen Atompolitik, mit den erneuerbaren Energien oder gar der Energiewende hatten sie so gut wie nichts am Hut. Inzwischen hat sich der VBEW offenkundig nicht nur damit abgefunden, dass Ende 2022 Bayerns letztes Atomkraftwerk abgeschaltet wird. Sondern er entwickelt sich ziemlich rasant zu einem Antreiber für den schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien im Freistaat. Jüngstes Beispiel ist eine laute Klage des VBEW-Geschäftsführers Detlef Fischer darüber, dass die Windkraft nicht vorankommt in Bayern.

Tatsächlich gehört der Freistaat in Sachen Windkraft zu den Schlusslichtern unter den Bundesländern. Laut der aktuellen Statistik des Bundesverbands Windenergie sind 2020 in Bayern nur acht Windräder in Betrieb gegangen. Bundesweit waren es 417. Bayerns Anteil am Windkraftausbau in Deutschland hat vergangenes Jahr also keine zwei Prozent betragen. Ebenfalls 2020 sind im Freistaat nur drei neue Anlagen genehmigt worden, keine wurde neu beantragt. Dabei hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) doch 300 neue Windräder angekündigt - und zwar bis Ende 2022.

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Schuld an der Misere sind die CSU und die 10-H-Regel, an der die Partei stur festhält. 10 H besagt, dass der Abstand zwischen einem neuen Windrad und den nächsten Wohnhäusern mindestens das Zehnfache der Anlagenhöhe betragen muss. Bei modernen, 200 Meter hohen Windrädern sind das zwei Kilometer. Die Vorgabe lässt die Zahl der potenziellen Windrad-Standorte in Bayern gegen null gehen. Will eine Kommune eine Ausnahme machen, muss sie ein aufwendiges und konfliktträchtiges Verfahren durchziehen. Die Grünen und viele Umweltorganisationen fordern deshalb unermüdlich die Abschaffung von 10 H. Erst kürzlich haben Parteichef Eike Hallitzky und der Chef der Landtags-Grünen, Ludwig Hartmann, deshalb wieder vor der Staatskanzlei demonstriert.

Beim VBEW sind sie noch nicht so weit, dass sie für die Windkraft vor die Staatskanzlei ziehen würden. Aber rhetorisch kommt der VBEW-Mann Fischer den Grünen schon ziemlich nahe, wenn er 10 H "unsäglich" und ein "faules Ei" nennt. Er prophezeit, dass der "stockende Windkraftausbau Bayerns Weg zum Stromimportland verstärken wird". Der Grünen-Politiker Hartmann begrüßt die vormaligen Atom-Lobbyisten denn auch schon als "neuen Bündnispartner im Kampf gegen 10 H".

© SZ vom 12.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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