Bayern und Tschechien intensivieren ihre Zusammenarbeit bei Rettungsdienst, Feuerwehr und Tourismus. Im Anschluss an einen „Grenzlandkongress“ im oberpfälzischen Cham bekräftigten Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und der tschechische Premier Petr Fiala den Austausch der beiden Länder. Abkommen zum Katastrophenschutz, die in Cham unterzeichnet wurden, sehen etwa gemeinsame Übungen und die Synchronisierung von Alarmplänen vor, hieß es. Im Tourismus gehe es darum, erklärte Fiala, „die Schönheiten und Denkmäler unserer Region besser zu vermarkten“. Söder kündigte zudem an, dass in Bayern drei bilinguale deutsch-tschechische Schulen entstehen sollen, in jedem der angrenzenden Regierungsbezirke eine.
Am bayerisch-tschechischen Kongress, der mit einer gemeinsamen Pressekonferenz beendet wurde, nahmen beide Regierungschefs teil. Zuvor trug sich Fiala ins Goldene Buch der Stadt Cham ein und traf sich mit Söder zu einem Gespräch unter vier Augen. Außerdem gab es einen Austausch beider Politiker mit dem Beirat der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Tschechien. Zu den Themen, die beide Seiten beschäftigen, zählen Berufspendler, Wirtschaft und Forschung, Tourismus, Migration, Gesundheit, Sicherheit sowie Kultur und Sprache.
Bereits im Mai vergangenen Jahres war Fiala mit Söder und dem bayerischen Kabinett in Regensburg zusammengekommen, der Kongress sollte daran anknüpfen. Es sei „das historisch größte Treffen der Akteure bayerisch-tschechischer Zusammenarbeit“, sagte Fiala. Dabei handele es sich nicht nur um „eine Höflichkeitsgeste“ unter Nachbarn, sondern es gehe darum, die Lebensbedingungen der Bürger beider Länder zu verbessern. Es gelte, ergänzte Söder, die Zusammenarbeit auszubauen, „wo es nur geht“. Künftig soll es ein jährliches Treffen geben.
Vor allem wegen der Vertreibung der Sudetendeutschen war die Nachbarschaft auf politischer Ebene lange angespannt. Erst vor gut anderthalb Jahrzehnten wurde das Verhältnis zwischen Bayern und Tschechien vitalisiert. Ministerpräsident Horst Seehofer hatte bei einem historischen Besuch 2010 in Prag das Ende der „Eiszeit“ eingeleitet. Später eröffnete Bayern auch eine eigene Vertretung in der tschechischen Hauptstadt, die anders als viele wirtschaftsfördernde internationale Büros des Freistaats direkt der Staatskanzlei unterstellt ist.
Söder hatte im Sommer 2022 erstmals offiziell Tschechiens Hauptstadt besucht. Es gebe aufgrund der Vergangenheit „viele alte Wunden“, sagte er damals. Die Frage sei aber, ob man diese immer wieder aufreiße, „oder nimmt man eine alte Narbe als Motivation, die Zukunft zu gestalten.“
Das Bundesland Bayern und der Nationalstaat Tschechien zählen sich wechselseitig zu den wichtigsten Außenhandelspartnern weltweit. Gerade die Grenzlandkreise in der Oberpfalz, in Niederbayern und Oberfranken sind vielfach verbandelt mit den tschechischen Nachbarregionen: Laut Staatsregierung unterstützen täglich gut 23 000 tschechische Pendler durch ihre Arbeit Wirtschaft und öffentliche Infrastruktur in Bayern. Die Corona-Pandemie, als plötzlich wieder Grenzen errichtet wurden und Auflagen den Austausch bremsten, hatte gezeigt, wie eng das Verhältnis ist – und zugleich wieder gegenseitiges Misstrauen hervorgerufen.
Mit der Koalitionsbildung von CSU und FW im Herbst wurde ein „Koordinator“ für die bayerisch-tschechischen Beziehungen ernannt – Martin Schöffel (CSU), Staatssekretär im Finanz- und Heimatministerium, der aus dem grenznahen Wunsiedel im Fichtelgebirge kommt. Er sitzt auch dem Beirat der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit Tschechien vor, dem unter anderem die Landräte der acht bayerischen Grenzlandkreise angehören. Der Prozess der Kooperation betreffe nicht nur die Spitzen in München und Prag, sondern sei im Grenzraum mit Leben zu füllen, sagte Söder am Montag.
Bahnchaos:Die Zugfahrt des Grauens
Ein Wochenendtrip mit dem "Alex" nach Prag - was soll schon schiefgehen? Alles.
Weniger harmonisch gestaltete sich offenbar das Thema Bahnverkehr: Die langsame Verbindung von Nürnberg nach Prag macht eine Menge Ärger. Fiala sprach davon, dass sein Land konkrete Schritte zur Modernisierung und Elektrifizierung auf tschechischer Seite unternehme und beharrte darauf, dass dies auch hierzulande geschehen solle. Söder bestätigte Defizite auf deutscher Seite („zu lasch“, „furchtbar langsam“), machte dafür aber ausschließlich die Bundesregierung verantwortlich.
Nach dem Regensburger Treffen 2023 hatte die SPD im Landtag den Freistaat aufgefordert, beim Ausbau in Vorleistung zu gehen. Nötig sei mehr als „folgenlose Gipfelsymbolik“, mahnte damals SPD-Europapolitiker Markus Rinderspacher. In der Pressekonferenz in Cham ging es beiläufig um die Fußball-EM, bei der Deutschland wie Tschechien ausgeschieden sind. Fiala brachte seine Hoffnung zum Ausdruck, dass man früher mit 200 Stundenkilometern im Zug von Prag nach Nürnberg fahren könne, als dass die beiden Länder zusammen in einem EM-Finale stünden.