Süddeutsche Zeitung

Mineralwasser-Hersteller Altmühltaler:Der Hahn bleibt zu

  • Die Firma Altmühltaler will zusätzlich 300 000 Kubikmeter Tiefengrundwasser zur Mineralwasserproduktion entnehmen.
  • Das wurde nicht genehmigt - Die öffentliche Trinkwasserversorgung hat Priorität vor privatwirtschaftlichen Interessen.
  • Die Behörden setzen damit ein Signal: Das jahrtausendealte und besonders reine Tiefengrundwasser genießt besonderen Schutz.

Von Uwe Ritzer, Weißenburg

Seit 27 Jahren arbeitet Roland Rösler in der bayerischen Wasserwirtschaftsverwaltung, aber nach eigenem Bekunden hat er noch nie erlebt, was sich gerade um ihn herum abspielt. Nämlich dass eine Genehmigungsbehörde nicht dem Gutachten der Fachbehörde folgt, in diesem Fall jenem des Wasserwirtschaftsamtes Ansbach, dessen Vize-Chef Rösler ist.

Dieses wollte der Mineralwasserfirma Altmühltaler in Treuchtlingen probeweise für sieben Jahre gestatten, bis zu 300 000 Kubikmeter Tiefengrundwasser jährlich nach oben zu pumpen und als Mineralwasser zu verkaufen. Zusätzlich zu bereits erlaubten 250 000 Kubikmetern. Doch Umwelt- und Innenministerium, sowie als untergeordnete aber formal zuständige Genehmigungsbehörde das Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen, lehnen das ab. Es ist in mehrfacher Hinsicht eine Entscheidung von landesweiter Bedeutung.

Nicht nur, weil die Entscheidung beispiellos sein dürfte, sondern vor allem, weil der Freistaat so im Zeitalter von Klimawandel und Nachhaltigkeitsdebatte ein Signal setzt: Das jahrtausendealte und besonders reine Tiefengrundwasser genießt nicht nur in Sonntagsreden besonderen Schutz, sondern seine Ausbeutung stößt inzwischen an Grenzen. Das könnten in der Folge bald auch öffentliche Wasserversorger in Bayern zu spüren bekommen.

Zwar bekennt sich der Freistaat im Fall Treuchtlingen zum Grundsatz, "dass die öffentliche Trinkwasserversorgung immer Priorität hat vor wirtschaftlichen Interessen eines Privatunternehmens", wie Weißenburg-Gunzenhausens Landrat Gerhard Wägemann (CSU) am Donnerstag sagte. Aber damit einher kündigt das Landesamt für Umwelt (LfU) auch an, dass auch bei öffentlichen Versorgern in Zukunft "eher eine Reduzierung der Entnahmen" angesagt sei. Auch im südlichen Franken, wo 2024/25 die Wasserrechte vieler kommunaler Versorger auslaufen.

Im konkreten Fall sind die großen Verlierer die Stadt Treuchtlingen und die Firma Altmühltaler. Letztere gehört zum Getränkeimperium der Familie Schäff und ist damit Teil eines der größten deutschen Mineralwasserkonzerne. Die Kommune wollte dem Unternehmen für die Förderung der 300 000 zusätzlichen Kubikmeter einen ungenutzten Trinkwasserbrunnen überlassen, für zehn Cent pro gefördertem Kubikmeter. Das Vorhaben wurde von Kommunalpolitikern und Managern mit maximaler Heimlichtuerei gegenüber der Öffentlichkeit vorangetrieben, was seit Bekanntwerden viele Menschen erbost.

Eine rein wasserrechtliche Entscheidung

Nun scheitert das Vorhaben unter anderem daran, dass die Stadtwerke die Genehmigung für die Mineralwasserfirma beantragte, wozu sie als rein öffentlicher Trinkwasserversorger aber nicht berechtigt waren. Das Argument der Treuchtlinger, zum Dank für mehr Wasser verlagere Altmühltaler die Produktion und damit Lieferverkehr an den Stadtrand, stach nicht. Beides habe nichts miteinander zu tun, sagt Landrat Wägemann: "Eine solche Aussiedelung wäre sicher sinnvoll, aber hier geht es rein um eine wasserrechtliche Entscheidung".

Dass diese negativ für Firma und Stadt ausfiel, hat aber weniger formale, als ökologische und geologische Gründe, wie Marius Mauerer, Jurist im Weißenburger Landratsamt, darstellte. Am Ende war es eine Risikoabwägung. Eine zusätzliche Wasserentnahme hätte vermutlich schädliche Auswirkungen auf das Grundwasser, so Mauerer. Die Pegel sinken in der Region bereits seit geraumer Zeit; allein im Einzugsbereich des fraglichen Treuchtlinger Brunnens seit 1996 um 15 Meter. "Diese Absenkung würde durch die zusätzliche Entnahme weiter verstärkt", sagte Mauerer. In der Abwägung und nach Gesetzeslage stehe allgemeines Wohl über Privatinteressen.

Und dann ist da noch, was der Jurist "eine Einengung des Entscheidungsspielraumes" in Zukunft nennt. Soll heißen: Würden die 300 000 Kubikmeter probeweise genehmigt und lagere die Firma im Gegenzug ihre Produktion für viele Millionen Euro aus, entstünde ein Druck auf die Behörden, angesichts der hohen Investitionen die probeweise Wasserentnahme dauerhaft zu erlauben. Auch dann, wenn wasserwirtschaftliche Gründe dagegen sprechen.

Landrat Wägemann stellte klar, dass die Behörde ihre Entscheidung eng mit dem Umwelt- und dem Innenministerium, sowie dem Landesamt für Umwelt abgestimmt habe. Sie unterliege keiner politischer Einflussnahme, wie vor Ort gestreut wurde. Ob der Fall damit erledigt ist, hängt nun an der Stadt Treuchtlingen. Vier Wochen hat sie Zeit, gegen den Bescheid vor dem Verwaltungsgericht zu klagen, andernfalls wird er rechtskräftig.

Davon hängt auch ab, ob es zu jenem Bürgerentscheid kommt, den eine Treuchtlinger Initiative per Bürgerbegehren auf den Weg gebracht hat. "Nur wenn die Stadt den Bescheid akzeptiert und auf Rechtsmittel verzichtet, wäre der Bürgerentscheid hinfällig", sagt Klaus Bucka, einer der Sprecher der Initiative.

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SZ vom 19.07.2019/vewo
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