Süddeutsche Zeitung

Urteil:Traunsteiner Wolf darf nicht geschossen werden

Das Verwaltungsgericht München kassiert die Abschussgenehmigung, es gebe keine Gefährdungssituation für Menschen. Das Raubtier darf damit nicht getötet werden - zumindest vorerst.

Von Matthias Köpf, Traunstein

Der Wolf, der Ende vergangenen Jahres am oberbayerischen Alpenrand mehrere Schafe, Ziegen und Wildtiere gerissen hat, darf zumindest vorerst nicht geschossen werden. Das Verwaltungsgericht München hat die fünf Tage zuvor erteilte Abschussgenehmigung der Regierung von Oberbayern am Freitag per Eilentscheid außer Kraft gesetzt, da es sie als voraussichtlich rechtswidrig einschätzt. Das Gericht folgte damit den Eilanträgen des Bundes Naturschutz und der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe sowie deren Argumentation, dass der Wolf keine aktuelle Gefahr für die Menschen in der Region darstelle.

Aus keinem der dokumentierten Fälle sei ersichtlich, dass sich der Wolf mit dem amtlichen Namen GW 2425m den Menschen auf eine gefährliche, für die sonst sehr scheuen und streng geschützten Tiere untypische Weise genähert habe, heißt es vom Gericht. Geboten seien allenfalls "Besenderungs- und Vergrämungsmaßnahmen", aber kein Abschuss. Zudem gebe es von dem Tier schon seit 19. Dezember keine Spur mehr in der Region.

"Unsere Jäger sind keine schießwütigen Wildhasser"

Diese Entscheidung gilt bis zu einem Urteil im Hauptverfahren. Die Verfügung der Regierung war auch aus der Jägerschaft scharf kritisiert worden, die diese für unpraktikabel und weltfremd hält. In den Landkreisen Traunstein, Rosenheim und Berchtesgadener Land, auf deren südliche Gebiete sich die Abschussgenehmigung der Regierung bezieht, hatten sich dementsprechend nur wenige Jäger für den Abschuss gemeldet, obwohl der Jagdverband allein im Landkreis Traunstein rund 800 Mitglieder zählt. Man empfehle den eigenen Mitgliedern jedoch "dringend, sich nicht auf die Liste von potenziellen Wolfskillern setzen zu lassen", sagte der Präsident des Bayerischen Jagdverbands, Ernst Weidenbusch, am Freitag. "Unsere Jäger sind keine schießwütigen Wildhasser."

Die Jägerschaft werde mitwirken, wenn ein Gericht die Notwendigkeit eines Abschusses feststelle, aber nicht auf Basis dieser Allgemeinverfügung, die ohne die jagdliche Expertise des Verbandes verfasst worden sei, bekräftigte Weidenbusch. Zum Beispiel könne das Schießen aus dem Auto, wie es die Verfügung vorsieht, lebensgefährlich sein - vor allem auch für den Schützen und nicht nur für den Wolf.

GW2425m - der Name ist aus dem genetischen Code des Tieres abgeleitet - wäre der erste Wolf seit 140 Jahren, der in Bayern offiziell getötet werden dürfte. Den ersten Antrag dazu hatte der Traunsteiner Landrat Siegfried Walch (CSU) schon im November gestellt. Bayerns Landwirtschaftsministerin Michael Kaniber (CSU), die ihren Stimmkreis in der Region hat, sowie Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatten sich Walchs Forderung später angeschlossen, nachdem ein Bauer den Wolf in seinem Ziegenstall angetroffen und ein Zeuge das Tier beim nächtlichen Durchstreifen der Ortschaft Bergen gefilmt hatte.

Der Vorsitzende der Gesellschaft zum Schutz der Wölfe, Peter Blanché, hatte zur Verteidigung des Wolfs angeführt, dass das Tier damals sofort die Flucht aus dem Stall angetreten hatte. Er zeigte sich am Freitag erfreut von der Eilentscheidung des Gerichts. Damit bestehe nun "auch nicht mehr das Risiko, dass andere Wölfe gleich mit geschossen werden", sagte Blanché. Auch Weidenbusch hatte im Namen des Jagdverbands kritisiert, dass in der Verfügung der Regierung die Konsequenzen nicht genau geregelt seien, falls ein Jäger ein falsches Tier erlege. Denn die meisten Beteiligten sind sich ohnehin darin einig, dass GW 2425m längst über alle Berge ist.

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