Tag des offenen Denkmals:Staunen über ein gescheitertes Jahrhundertprojekt

Tag des offenen Denkmals: Grabungen am Karlsgraben.

Grabungen am Karlsgraben.

(Foto: BLFD)

An mehr als 600 Orten können sich Besucher ein Bild von den wichtigsten Denkmälern Bayerns machen - in diesem Jahr digital und vor Ort.

Von Sarah Höger

Nur die allerwichtigsten Ereignisse aus seinem Leben haben es in die Annalen von Karl dem Großen geschafft. Eines davon ist der Bau der Fossa Carolina, heute bekannt als Karlsgraben. Im 8. Jahrhundert gab der Kaiser den Befehl, eine durchgehende Wasserstraße zwischen Donau, Main und Rhein zu bauen. Der Kanal sollte zunächst den Rhein über die Schwäbische Rezat mit der Donau über die Altmühl verbinden.

Mit dem Schifffahrtsweg wollte Karl der Große den Handel in seinem Reich stärken. Durchgängig schiffbar war der Kanal aber nie. Forscher gehen davon aus, dass nur einzelne Segmente fertig gestellt werden konnten. Der sumpfige Boden, Dauerregen und politische Querelen im Reich ließen die Baumeister nach nur einem Jahr resignieren.

Kloster Benediktbeuern historische Mauern

Das Kloster Benediktbeuern.

(Foto: Manfred Neubauer)

Am Sonntag können Interessierte die Überreste des Karlsgrabens erkunden: Beim bundesweiten Tag des offenen Denkmals bietet das Landesamt für Denkmalpflege Führungen am Kanal an. Die Archäologin Stefanie Berg nimmt Besucher mit auf einen Spaziergang am Karlsgraben und berichtet von den neuesten Forschungsergebnissen.

Bei Graben, einem Ortsteil im mittelfränkischen Treuchtlingen, suchten Wissenschaftler bis 2018 im Rahmen eines groß angelegten Forschungsprojekts nach den Spuren des Kanals. Was Karl der Große im Mittelalter vorhatte, schaffte erst König Ludwig I. mit seinem Main-Donau-Kanal - rund tausend Jahre später.

Als ältestes Kanalbauwerk Bayerns ist das erträumte Prestigeprojekt des Kaisers trotzdem in die Geschichte eingegangen. Heute gilt es als eines der größten Bodendenkmäler Süddeutschlands. Archäologin Berg weiß, wieso. "Teile des Kanals sind heute noch obertägig sichtbar, die bis zu zwölf Meter hohen Wälle aus Aushub kann man sogar begehen", erklärt sie. Dass ein solches Bauprojekt aus dem Mittelalter so gut überliefert ist, komme äußerst selten vor. "Wir können genau sagen, dass der Bau 792 begann und ein Jahr später eingestellt wurde. Der Kanal gehörte wohl zu den Highlights im Leben Karls des Großen, sonst hätte der Bau es nicht in die Annalen geschafft."

Mehr als 1000 Menschen mussten damals am Kanal schuften. Ein Teilstück von 500 Metern führt heute noch Wasser. Obwohl das Wasser nur einen halben Meter hoch und etwa vier Meter breit fließen sollte, war der Kanal dennoch eine architektonische Meisterleistung. Wissenschaftler können sogar bis beinahe auf den Monat genau zurückdatieren, wann die Eichen für das Holz im Kanal geschlagen wurden. Modernste Forschungsmethoden machen das möglich. "Dass wir so detailgenau über den Bau Bescheid wissen, fasziniert Besucher immer wieder", sagt Berg.

Neben den Spaziergängen am Karlsgraben sind am Sonntag in ganz Bayern Führungen und Verstaltungen geboten. An mehr als 600 Orten können sich Besucher ein Bild der wichtigsten Denkmäler Bayerns machen. Letztes Jahr fand der Tag des Denkmals - wie immer am zweiten Wochenende im September - coronabedingt rein digital statt. Dieses Jahr wird es eine Mischung aus digitalen Angeboten und Programm am Ort geben. In einem virtuellen 3-D-Rundgang kann zum Beispiel die Alte Schäfflerei des Fraunhofer Zentrums im Kloster Benediktbeuern erkundet werden, im Bauarchiv in Thierhaupten werden digitale Führungen mit verschiedenen Themenschwerpunkten angeboten.

Auch für Kinder gibt es digitale Programme. Kleine Fans der Kunstgeschichte können an einem digitalen Workshop teilnehmen und sich als Kunsthistoriker ausprobieren. Per Zoom wird dann die gotische Glaskunst des Augsburger Doms erforscht. Alle Veranstaltungen des Denkmaltags stehen in diesem Jahr unter dem Motto "Sein und Schein in Geschichte, Architektur und Denkmalpflege".

Tag des offenen Denkmals: Die königliche Villa in Regensburg ist eine der Attraktionen am Tag des offenen Denkmals.

Die königliche Villa in Regensburg ist eine der Attraktionen am Tag des offenen Denkmals.

(Foto: Michael Forstner)

In Regensburg können Besucher die königliche Villa im Stadtosten besichtigen. Zumindest von außen, hinein dürfen Interessierte coronabedingt nicht. Aber auch draußen macht der Villapark einiges her: Hier hatte sich einst König Maximilian II. von Bayern eine Sommerresidenz eingerichtet, entsprechend herrschaftlich sieht es aus.

Dagegen zunächst unscheinbar ist ein Denkmal am Donauufer in Regensburg, das den Augen der Touristen meist verborgen bleibt, am Sonntag aber besichtigt werden kann: Das jüdische Ritualbad an der Holzlände. Wie ein Denkmal sieht das Haus, unter dem sich das Tauchbecken befindet, auf den ersten Blick nicht aus. Es ist bewohnt. Darunter befindet sich mit dem Ritualbad aus der Zeit um 1800 allerdings ein wichtiges Zeugnis jüdischen Lebens in Regensburg.

Anmeldungen sind vor allem für die Führungen notwendig, Informationen zu den Online-Veranstaltungen unter www.tag-des-offenen-denkmals.de.

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