Studium in Bayern:Studierende wollen wieder an die Uni

Coronavirus - Universität

Vorlesungen seit Monaten nur noch über den Bildschirm. Die Studierenden in Bayern wollen wieder an ihre Unis.

(Foto: Uwe Anspach/dpa)

Allerdings befinden sich viele in einem Dilemma: Einerseits wollen sie sich beim Impfen nicht vordrängeln. Andererseits werden sie das Gefühl nicht los, mal wieder vergessen zu werden.

Von Lea Weinmann

Anna Wendt würde im September so gerne nach Frankreich. Sie studiert Politikwissenschaft an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, im deutsch-französischen Master, und würde normalerweise einen Teil ihres Studiums im Ausland verbringen. Die 24-Jährige ist aber noch nicht geimpft, trotz Priorisierungsstufe drei, der sie wegen einer Autoimmunerkrankung angehört. Ob es bis Herbst was wird mit der Immunisierung, weiß sie nicht.

Im Impfzentrum wollte sie erst nicht anrufen, um die Leitung nicht zu blockieren. Als sie es doch tat, hieß es: Bitte abwarten. Das wäre alles auch irgendwie okay, wenn nicht vor Kurzem die Rufe aus der Politik laut geworden wären, nun auch Schülerinnen und Schüler schnell zu impfen, zumindest die Abschlussklassen. Die Bundesschülerkonferenz forderte sogar ein Vorgriffsrecht auf den Biontech-Impfstoff. So langsam ist Anna Wendt sauer.

Die Studentin ist mit ihrem Frust nicht allein. Studierende befinden sich gerade in einem moralischen Dilemma: Einerseits wollen sie sich nicht vordrängeln, niemandem den immer noch knappen Impfstoff wegnehmen, der ihn dringender nötig hat. Andererseits schwelt da immer mehr Groll, weil sie das Gefühl nicht loswerden, vergessen zu werden. Mal wieder.

Bislang warten die meisten von ihnen noch auf ihre Erstimpfung - wenig überraschend, schließlich sind die meisten Studierenden sehr jung und haben keine Vorerkrankungen. Oft haben sie zudem keinen Hausarzt in der Stadt, in der sie studieren, und stehen dadurch auch auf keiner Impf-Warteliste. An der Bereitschaft hänge es nicht, da ist sich Anna Wendt sicher. Viele in ihrem Freundeskreis würden gerne schnell eine Spritze bekommen, egal mit welchem Impfstoff, Hauptsache wieder raus in die Welt, an die Uni.

Dort sind die meisten der Studierenden seit mehr als einem Jahr nicht mehr gewesen, Lehrende und Kommilitonen sehen sie, wenn überhaupt, dann nur in den Online-Vorlesungen. "Auch Unis leben vom Austausch, und der findet halt nicht auf Zoom statt", sagt Anna Wendt. Jetzt hoffen alle auf das Wintersemester - aber die Zeit ist knapp: Für einen vollständigen Schutz im Herbst müssten alle Studierenden in Bayern noch im Lauf des Julis ein erstes Impfangebot erhalten.

Das Wissenschaftsministerium gibt sich optimistisch: "Ich gehe davon aus, dass bis zum Semesterbeginn im Herbst sehr viele Studentinnen und Studenten schon geimpft sind", sagt Minister Bernd Sibler (CSU) auf Anfrage. Sein Ziel sei es, dass das Wintersemester "wieder mit deutlich mehr Präsenz" stattfinden werde.

Die Landes-Asten-Konferenz (LAK) Bayern, Vertretung der Studierenden im Freistaat, äußert sich nur vorsichtig: "Wir würden uns natürlich wünschen, dass bis zum Wintersemester alle Studierenden geimpft sind", sagt Sprecher Paul Thieme. Sie würden sich aber nicht anmaßen zu wissen, wer zuerst an der Reihe sei. Dennoch merkt Thieme, dass der Frust wächst. Für das nächste Semester wünscht er sich vor allem möglichst frühe Planungssicherheit für die Studierenden.

Jedoch hat die Pandemie oft genug gezeigt, dass sich sehr schlecht mit ihr planen lässt. Es sei ihr Ansinnen, "sobald es irgendwie machbar ist", wieder in die Präsenzlehre zurückzukehren, sagt Ulrich Meyer, Sprecher der Technischen Universität München (TUM). "Wir wollen ja auch, dass das Leben an den Campus zurückkehrt, aber wir sind einfach abhängig von der Pandemie und der Politik." Auch die Universität Passau sieht sich verpflichtet, Studierenden die Rückkehr zu einer normalen Studienplanung "so bald und soweit es geht" zu ermöglichen, sagt Präsident Ulrich Bartosch. Deshalb halte er eine Impfkampagne mit gezielten Angeboten für Studierende für "wünschenswert".

Immerhin: Bayern ist eines der wenigen Bundesländer, die über eine Teststrategie für Studierende verfügen. Bis zu 15 Millionen Euro hat das Wissenschaftsministerium den Hochschulen nach eigenen Angaben für die Finanzierung der Tests in Aussicht gestellt. Man müsse das aber "so klug planen, dass diejenigen, die nicht in die Präsenzlehre kommen können, dennoch teilnehmen können", sagt Minister Sibler. Denn alle Testkapazitäten helfen wenig, wenn Betroffene gar nicht erst zur Uni kommen können. An der TUM sind zu 40 Prozent internationale Studierende eingeschrieben; für viele von ihnen ist eine Impfung noch extrem weit weg. "Die müssen sich darauf verlassen können, dass sich nicht plötzlich etwas ändert und sie dann ausgeschlossen sind", sagt Sprecher Ulrich Meyer. Global sei diese Krise noch lange nicht überwunden.

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