Strafverfolgungsstatistik:Zahl verurteilter Missbrauchstäter in Bayern stark gestiegen

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Im vergangenen Jahr wurden 308 Täter wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt. (Foto: dpa)

Bayerns Gerichte haben im vergangenen Jahr 5000 Menschen mehr verurteilt als 2018. Vor allem in zwei wichtigen Bereichen stieg die Zahl der Verurteilten.

Die Zahl verurteilter Missbrauchstäter ist in Bayern im vergangenen Jahr stark gestiegen. 308 Täter wurden 2019 wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt, wie Justizminister Georg Eisenreich (CSU) bei der Vorstellung der Strafverfolgungsstatistik am Freitag in München sagte. Das ist ein Plus von 22,7 Prozent im Vergleich zu 2018. Bei schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern gab es den Angaben zufolge ebenfalls einen deutlichen Zuwachs von 27,6 Prozent. Und auch beim Besitz kinderpornografischer Schriften stieg die Zahl der Verurteilten erheblich um 25,2 Prozent - von 298 auf 373 im Jahr 2019.

"Das sind erschreckend hohe Zahlen", sagte Eisenreich. "Hinter jeder Tat steht das unfassbare Leid eines Kindes." Der Minister begrüßte zwar den aktuellen Gesetzentwurf zur Hochstufung des Kindesmissbrauchs vom Vergehen zum Verbrechen. "Er geht mir aber noch nicht weit genug. Wir müssen die Betreiber von Kinderpornografie-Foren noch stärker ins Visier nehmen: Wer einen Marktplatz für Pädokriminelle betreibt, gehört für mindestens drei Jahre hinter Gitter."

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Und noch in einem weiteren Bereich meldete der Minister besorgniserregende Zahlen: Bayerns Gerichte verurteilten im vergangenen Jahr fast doppelt so viele Menschen wegen Volksverhetzung wie im Jahr davor. 2019 wurden insgesamt 259 Täter wegen dieses Straftatbestandes verurteilt, 2018 waren es noch 130. "Hass und Hetze nehmen zu", sagte Eisenreich. "Hass und Hetze vergiften das gesellschaftliche Klima und beeinträchtigen die Meinungsfreiheit Anderer erheblich." Vor rund einem Jahr hat Bayern darum einen eigenen Hate-Speech-Beauftragten bekommen, der die Aufgabe hat, Hetze im Internet konsequent zu verfolgen. Eisenreich fordert außerdem eine Reform des Beleidigungsstrafrechts. Denn das sei in weiten Teilen schon 150 Jahre alt.

Deutlich mehr Stalker wurden außerdem im vergangenen Jahr verurteilt. Die Zahl stieg von 2018 auf 2019 von 60 auf 103. Unter den 103 Verurteilten waren 91 Männer. Wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen wurden 55 Menschen verurteilt, ein Anstieg von 37,5 Prozent. 20 Täter wurden im vergangenen Jahr wegen Mordes verurteilt, 16 wegen versuchten Mordes.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 121 250 Menschen im Freistaat verurteilt, das sind knapp 5000 oder 4,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die deutliche Mehrzahl der Verurteilten war männlich, der Frauenanteil lag nur bei 17,6 Prozent.

Rund 43 Prozent der Verurteilten waren Ausländer. Auch ohne Berücksichtigung der Straftaten nach dem Asyl-, Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsgesetz, lag ihr prozentualer Anteil an den insgesamt Verurteilten noch bei 41,2 Prozent, knapp die Hälfte von ihnen stammte aus dem EU-Ausland. Die meisten verurteilten ausländischen Täter stammten aus Rumänien, gefolgt von der Türkei, Polen, Bulgarien, Syrien und Kroatien. In den meisten Fällen wurden ihnen Diebstahl, Verstoßen gegen das Betäubungsmittelgesetz, Fahren ohne Führerschein oder das Erschleichen von Leistungen zur Last gelegt

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