Politik:SPD will Bayern ein neues Tempo geben

Politik: Die Spitzenkandidaten der Bayern-SPD, Ronja Endres und Florian von Brunn (rechts) beim Selfie mit SPD-Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher beim Maibockanstich im Hofbräuhaus.

Die Spitzenkandidaten der Bayern-SPD, Ronja Endres und Florian von Brunn (rechts) beim Selfie mit SPD-Landtagsvizepräsident Markus Rinderspacher beim Maibockanstich im Hofbräuhaus.

(Foto: Florian Peljak)

Auf ihrem Parteitag an diesem Wochenende stellen die bayerischen Sozialdemokraten ihre Regierungsprogramm vor. Dabei lassen sie sich nicht von den Umfragen beirren, die ihnen lediglich zehn Prozent Zustimmung voraussagen.

Von Johann Osel

Ungeachtet stagnierender Umfragewerte um die zehn Prozent will die Bayern-SPD auf ihrem Parteitag ein "Regierungsprogramm" beschließen. Es gehe darum, die Herausforderungen für Bayern anzugehen, die in den vergangenen Jahren von CSU und Freien Wählern "verschlafen wurden", sagte SPD-Spitzenkandidat und Landeschef Florian von Brunn am Mittwoch. Am Wochenende treffen sich die Genossinnen und Genossen in Augsburg. Die SPD wolle "Bayern bezahlbar für alle machen" - vor allem bei Energie, Wohnen und Mobilität. Er sei insofern "Realist", dass nicht gleich die Regierungsübernahme bevorstehe, sagte Brunn. Aber die Chancen für die SPD seien "nicht so schlecht". Und die Wahl werden in den letzten drei Monaten entschieden, siehe Sieg von Kanzler Olaf Scholz im Bund.

Brunn hatte vor zwei Jahren, als er zusammen mit Ronja Endres an die Parteispitze gewählt wurde, eine "Trendwende" und "15 Prozent plus X" für die Wahl im Oktober 2023 in Aussicht gestellt. Auf eine ganz exakte Zahl wolle er sich - ohne dass dies eine Relativierung sein solle - nicht festlegen, sagte er am Mittwoch. Er sei aber sicher, dass die SPD "einige Prozentpunkte" zulegen werde und ein "deutlich besseres Ergebnis" als 2018 erhalte. Damals hatten die Sozialdemokraten mit 9,7 Prozent ein historisches Debakel erlebt, waren plötzlich fünftstärkste Kraft im Landtag statt wie zuvor Oppositionsführerin. In Umfragen dieses Jahr changierte die SPD bisher zwischen neun und elf Prozent.

Beim zweitägigen Parteitag wird Bundesarbeitsminister Hubertus Heil erwartet. Die Ampelregierung in Berlin sieht Brunn als Bezugspunkt für die bayerische Kampagne. Deren neues "Deutschland-Tempo" - wie bei der Genehmigung von Flüssiggas-Terminals in der Krise - sei Vorbild für "ein neues Bayern-Tempo", das der Freistaat dringend benötige. Bei der Energie legte der Parteichef einen Fokus auf die Geothermie, sie könne bis zu 40 Prozent des Wärmebedarfs im Freistaat decken. Allerdings würden die Kommunen von der Staatsregierung allein gelassen, wenn sie die Potenziale erforschen wollten.

Bezahlbare Wohnungen würden "auf die lange Bank geschoben", sagte Brunn. Die von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) 2018 gegründete Bayernheim-Gesellschaft werde dieses Jahr nur 89 Wohnungen fertigstellen, das sei die ganze Bilanz in fünf Jahren. Söder hatte damals 10 000 bezahlbare Wohnungen bis zum Jahr 2025 versprochen. Im Nahverkehr will die SPD ein ermäßigtes 29-Euro-Ticket für alle, zudem sollten Kinder gratis mitfahren. Die CSU setze auf "Ampel-Bashing" und "populistische Kampagnen" statt "darüber zu reden, was die Menschen in Bayern brauchen", sagte Brunn.

Am Samstag steht auch die Wiederwahl des Vorsitzenden-Duos an - ein starkes Ergebnis dürfte im Wahljahr Formsache sein. Er bedaure es sehr, sagte Brunn, dass seine Co-Chefin von der Basis nicht für eine Kandidatur für den Landtag nominiert worden sei. Den Eindruck der Presse, dass in den zwei Jahren Amtszeit das Prinzip "Koch und Kellnerin" gegolten hat, teile er nicht, sagte Brunn auf Nachfrage. Endres sei intern mit starken Meinungsbeiträgen präsent, sei Bindeglied zu den Gewerkschaften und "wahnsinnig beliebt" in der Partei. Momentan fokussiere sich verständlicherweise alles auf seine Person als Spitzenkandidaten, nach dem 8. Oktober solle wieder ein gleichberechtigtes Tandem auftreten.

Auf dem Parteitag werden auch die neuen Generalsekretäre, Ruth Müller aus Niederbayern und Nasser Ahmed aus Nürnberg, formal gewählt. Sie kamen nach dem Rücktritt von Arif Taşdelen im Januar ins Amt. Taşdelen war vom Parteinachwuchs Jusos ungebührliches Verhalten gegenüber jungen Frauen angekreidet worden - die genauen Vorkommnisse blieben letztlich schleierhaft. Brunn sagte am Mittwoch, die Jusos "bleiben immer unser kritisches linkes Gewissen". Das sei aber "kein guter Start ins Wahljahr" gewesen. Die SPD-Jugend hat inzwischen, auch in Nachwehen der Causa Taşdelen, einen neuen Vorstand gewählt; bestehend aus drei Frauen.

Bliebe erneut die Frage, warum in Augsburg nun also ein "Regierungsprogramm" beschlossen wird. Weil die SPD eben bereit sei, Verantwortung zu übernehmen, erklärt Brunn. Wie sich das dann darstelle, sehe man nach dem 8. Oktober. CSU und FW kommen laut einer neuen Forsa-Umfrage im Auftrag der SZ zusammen auf 51 Prozent - und wollen ihre Koalition fortsetzen. Bräuchte es nicht mal ein positives Signal der SPD an die CSU, damit sich Söder das mit dem Partner noch mal durch den Kopf gehen lässt? Er wollte, meint der SPD-Chef auf die Frage, "die CSU nicht so stalken, wie die Grünen es gemacht haben". Er meint deren "Avancen" für Schwarz-Grün, was die CSU jedoch schon jetzt als Modell ausgeschlossen hat. "Ich weiß nicht, ob die Strategie gut ist, so eine Abfuhr zu bekommen", sagte Brunn.

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